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Beitrag vom 01.03.2024

FAZ

Oppositionsführer im Tschad erschossen

Von Claudia Bröll

In dem zentralafrikanischen Staat überschlagen sich die Ereignisse, seit die Wahlkommission den Termin für die Präsidentschaftswahl bekannt gegeben hat.

Im Tschad ist ein bekannter Oppositionspolitiker und Verwandter des Übergangspräsidenten nur wenige Monate vor den Präsidentschaftswahlen ums Leben gekommen. Yaya Dillo sei am Mittwoch seinen Verletzungen nach Schusswechseln erlegen, nachdem die Armee den Hauptsitz seiner Partei Parti Socialiste sans Frontières (PSF) gestürmt hatte, teilte der Staatsanwalt Oumar Mahamat Kedelaye in der Hauptstadt N’Djamena am Donnerstag in einer Pressekonferenz mit. Es habe Dutzende Verletzte und Tote gegeben, 26 Personen seien festgenommen worden. Vorher hatten Medien und Nutzer der sozialen Medien von Schüssen in der Stadt berichtet, Mobilfunk und Internet wurden gestört.

Der genaue Ablauf der Ereignisse und die Hintergründe sind weiterhin unklar. Einen Tag vorher hatte die Wahlkommission überraschend den Termin für die Präsidentschaftswahl bekannt gegeben, die den von der Regierung versprochenen Übergang zur Demokratie im Tschad ermöglichen soll. Der erste Wahlgang ist Anfang Mai geplant statt, wie erwartet, erst im Oktober. Wenige Stunden später, in der Nacht zum Mittwoch, kam es zu Ausschreitungen nahe der Nationalen Agentur für Staatssicherheit, nachdem ein Parteimitglied von Dillos Partei festgenommen worden war. Auch dort wurden Berichten zufolge mehrere Menschen getötet. Als die Armee am Mittwoch zu der Parteizentrale ausrückte, kam es zu weiteren Schusswechseln. Wie der französische Auslandssender RFI berichtete, waren am Donnerstag von Kugeln durchlöcherte Hauswände hinter Soldaten zu sehen, die den Zugang zu dem Gebäude weiterhin verweigerten.

Auch viele Oppositionelle unterstützen Déby

Vor eineinhalb Jahren hatte im Tschad der Militärführer und Präsidentensohn General Mahamat Idriss Déby Itno die Staatsführung übergangsweise übernommen. Sein Vater, Idriss Déby Itno, war vorher in Gefechten mit Rebellen, wie es offiziell hieß, ums Leben gekommen. Er hatte den zentralafrikanischen Staat 31 Jahre lang geführt. Der Übergangspräsident gilt ebenso wie sein Vater als Verbündeter Frankreichs in Zentralafrika. Die enge Bande zeigte sich, als der französische Präsident Emmanuel Macron an der Trauerfeier für Déby teilnahm. Auch die undemokratische Übernahme der Staatsführung durch den Sohn mit einer Übergangsfrist hat Frankreich gebilligt.

Die Präsidentenwahl im Mai werde die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung ermöglichen, womit die Übergangspräsidentschaft von General Déby zu Ende gehe, teilte die Wahlkommission mit. Am 14. April soll der Wahlkampf beginnen. Die Kandidaten stehen noch nicht fest. Allerdings hat die Partei von Débys Vater, Mouvement Patriotique du Salut (MPS), kürzlich bekannt gegeben, dessen 39 Jahre alten Sohn als Kandidaten zu nominieren. Zahlreiche Oppositionspolitiker entschieden bei einem Treffen Anfang der Woche ebenfalls, Déby zu unterstützen.

Der getötete Oppositionsführer war ein Cousin des Präsidenten und ebenfalls Teil des mächtigen Itno-Clans. Seit dem Tod seiner Mutter bei einer Militärrazzia vor drei Jahren ist er zu einem lautstarken Kritiker der Regierung geworden. Bei der Wahl wollte er ebenfalls kandidieren. Es gibt seit Längerem Berichte über Spannungen innerhalb der Präsidentenfamilie.