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Beitrag vom 12.02.2024

NZZ

Amerikanische Firma entdeckt einen Kupferschatz in Sambia

Das riesige Vorkommen könnte sich geopolitisch für die USA als Glücksfall erweisen

Samuel Misteli, Nairobi

Das Minenunternehmen KoBold Metals, das unter anderem von den Milliardären Bill Gates, Jeff Bezos und Richard Branson finanziell unterstützt wird, hat Anfang Februar verkündet, in Sambia auf ein riesiges Kupfervorkommen gestossen zu sein. In der Mingomba-Mine im Norden Sambias befinde sich das grösste Vorkommen, das in dem afrikanischen Land seit einem Jahrhundert gefunden worden sei, gab KoBold Metals bekannt. Sambia ist Afrikas zweitgrösster Kupferproduzent, das Metall ist zentral für die Wirtschaft des Landes.

KoBold Metals hatte seit einem Jahr in Sambia nach Kupfer gesucht. Die 2014 gegründete, in Kalifornien beheimatete Firma ist eine Art Tech-Startup unter den Minenunternehmen. KoBold Metals nutzt künstliche Intelligenz, um nach Kupfer, Kobalt, Lithium und anderen «grünen» Metallen zu suchen, die für die globale Energiewende benötigt werden. Die Firma nutzt verschiedene Datenquellen, um Metallvorkommen zu finden: Sie wertet mithilfe von Algorithmen unter anderem Satellitendaten aus oder auch alte, handgemalte Karten. KoBold Metals behauptet, dank dieser Methode geologische Auffälligkeiten besser identifizieren zu können und so auch Vorkommen zu finden, die herkömmliche Explorationsprojekte übersehen.

Die innovative Technologie zusammen mit dem Fokus auf Metalle, die für die Anpassung an den Klimawandel von grosser Bedeutung sind, hat einige der reichsten Investoren der Welt angezogen. KoBold Metals ist inzwischen über eine Milliarde Dollar wert. 2023 gab das Unternehmen 100 Millionen Dollar für die Erkundung neuer Vorkommen aus, 2024 soll es noch mehr sein. KoBold Metals ist in den USA, Kanada, Australien, Südkorea und mehreren afrikanischen Ländern tätig. Die Firma prüft auch den Börsengang, um neues Geld zu beschaffen, das sie unter anderem benötigt, um die Infrastruktur in den Minen zu bauen.

Hoch verschuldetes Land

Die Mingomba-Mine zu erschliessen, dürfte rund zwei Milliarden Dollar kosten. Um das Projekt voranzutreiben, fehlen unter anderem weitere Machbarkeitsstudien. Erste Bauarbeiten könnten 2027 erfolgen, die Förderung Anfang der 2030er Jahre. KoBold Metals schätzt, dass das Potenzial der Mine vergleichbar ist mit jenem der Kamoa-Kakula-Mine, die auf der anderen Seite der Grenze mit Kongo-Kinshasa liegt. In dieser wurden im vergangenen Jahr rund 400 000 Tonnen Kupfer gefördert.

Für die Regierung des 20-Millionen-Einwohner-Landes Sambia ist der Fund ein Glücksfall. Sambia ist hoch verschuldet, 2020 musste das Land Zahlungsunfähigkeit erklären. Um sich wieder hochzustemmen, möchte die Regierung den Minensektor wiederbeleben. Präsident Hakainde Hichilema, im Amt seit 2021, möchte ab 2032 jährlich drei Millionen Tonnen Kupfer fördern – zurzeit sind es 850 000 Tonnen. In den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit 1964 hatten sambische Minenarbeiter noch mehr als ein Zehntel des Kupfers weltweit gefördert. Doch misslungene Verstaatlichungen und ausbleibende Investitionen sorgten für den Niedergang des Sektors, von dem das Land abhängt.

Sambia zählt nun darauf, dass die Nachfrage nach «grünen» Metallen explodieren wird – vor allem auch jene nach Kupfer. Das Metall wird unter anderem für Stromkabel, Elektrofahrzeuge und Windturbinen benötigt. Laut Schätzungen wird sich die Nachfrage in den nächsten zwei Jahrzehnten verdreifachen. Gleichzeitig tun sich Minenfirmen schwer, neue Vorkommen zu finden.

Auch über Sambia hinaus kommt dem afrikanischen Kontinent bei der Energiewende eine Schlüsselrolle zu. In Afrikas Böden befindet sich laut Schätzungen ein Drittel der weltweiten Mineralienvorkommen, unter anderem mehr als die Hälfte der Kobaltvorräte. Das Metall wird zum Beispiel für die Batterien von Fahrzeugen und Mobiltelefonen benötigt.

China hat die Bedeutung «grüner» Metalle und Afrikas früh erkannt und sich gegenüber den USA und Europa in eine überlegene Rolle navigiert. Mittlerweile verarbeitet China rund 70 Prozent allen Kobalts weltweit, das meiste davon kommt aus Kongo-Kinshasa. China verarbeitet auch ein Drittel des geförderten Nickels und gegen 70 Prozent allen Lithiums.

Eisenbahnkorridor nach Angola

Die USA haben während der Präsidentschaft von Joe Biden versucht, Gegensteuer zu geben. Das wichtigste Projekt, das die USA gerade stark beworben haben, ist der Ausbau eines Eisenbahnkorridors, der die Minenregionen in Kongo-Kinshasa und Sambia mit dem Hafen von Lobito in Angola verbindet.

Dadurch sollen die Minenregionen besser an den Weltmarkt angeschlossen werden. Die USA haben 250 Millionen Dollar für das Projekt versprochen, beteiligt sind unter anderem auch die Europäische Union, Grossbritannien und Japan. Der sogenannte Lobito-Korridor ist als westliche Antwort auf die Milliardeninvestitionen gedacht, die China in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Afrika getätigt hat.

Vor diesem Hintergrund ist der Kupferschatz, auf den KoBold Metals gestossen ist, nicht nur ein wirtschaftlicher Glücksfall für die Firma, ihre Investoren und Sambias Regierung – sondern auch ein geopolitischer für die USA.