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Beitrag vom 16.11.2020

FAZ

Kritik an Schuldenkonzept

Hilfsorganisation: Schwarzer Freitag für arme Länder

mas. Berlin. Das deutsche Entschuldungsbündnis „erlassjahr.de“ kritisiert die Vereinbarung der Finanzminister zur Entlastung hochverschuldeter Entwicklungsländer als enttäuschend und widersprüchlich. Koordinator Jürgen Kaiser sprach von einem schwarzen Freitag für verschuldete Länder. Die Finanzminister von Industrie- und Schwellenländern hatten sich kurz vor dem Wochenende auf einem virtuellen Treffen zu einem gemeinsamen Umgang mit schwierigen Fällen geeinigt. Grundsätzlich sollen nach der Vereinbarung die Schulden weder teilweise noch gar ganz gestrichen werden. Wie das Bündnis anmerkt, seien in Einzelfällen nur Zahlungsverlängerungen und Erleichterungen beim laufenden Schuldendienst möglich. Das sei die Linie, die der Pariser Club schon zu Beginn der neunziger Jahre verfolgt habe. „Damals wurden drei Jahre mit sinnlosen Fristverlängerungen verschenkt, bevor es ab 1994 endlich reale Streichungen geben konnte“, hebt es hervor. Im Pariser Club haben sich die öffentlichen Gläubiger zusammengeschlossen.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich gleichwohl mit dem Ergebnis des virtuellen Treffens zufrieden. Er ließ sich anschließend mit den Worten zitieren: „Das ist ein starkes Signal internationaler Solidarität.“ Die Gruppe aus Industrie- und Schwellenländern (G20) habe die Grundlage geschaffen für weitreichende Schulderleichterungen. „Damit leisten wir unseren Beitrag, dass auch die Schwächsten vernünftig durch die Krise kommen können.“ Das beweise, dass die G20 handlungsfähig sei, wenn es darauf ankomme. „Die internationale Gemeinschaft steht den ärmsten Ländern in der Corona-Krise zur Seite. Alle haben verstanden, wir können die Pandemie nur gemeinsam besiegen.“

Koordinator Kaiser von dem Entschuldungsbündnis meinte dagegen, die G20 habe es nicht geschafft, Kompromisse im Interesse globaler finanzieller Stabilität auszuhandeln. „Weder wurde das bisherige Moratorium auf alle bedürftigen Länder ausgedehnt, noch wurden in die angestrebten Schuldenerlasse alle Gläubiger verbindlich einbezogen.“ Der heute beschlossene kleinste gemeinsame Nenner bedeute nichts anderes als die weitere Zuspitzung der Schuldenkrise. Die nun versäumten Beschlüsse müssten später nachgeholt werden, „wenn die Situation für viele Menschen noch dramatischer geworden ist“.