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Beitrag vom 12.11.2020

KNA

Deutsche Botschafter: Religion spielt in Afrika Schlüsselrolle

Lindau (KNA) Ohne Berücksichtigung des Themas Religion ist nach
Ansicht deutscher Botschafter in Afrika dort keine nachhaltige Arbeit
von Diplomaten und Nichtregierungsorganisationen möglich.
«Traditionelle religiöse Führer spielen eine Schlüsselrolle für die
Lösung von Problemen», sagte Corinna Fricke, deutsche Botschafterin
in Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik, am Donnerstag in
Lindau. Die religiösen Führer seien oft die einzige Autorität. Um
soziale Projekte umsetzen zu können, brauche es ihre Unterstützung.
«Dabei benötigen sie aktive Rollen, damit sie auch als Rollenmodel
für ihre Gesellschaft wirken können.»

Eine besonders große Herausforderung für Afrika sei der demografische
Wandel, ergänzte Fricke. So könnte sich etwa die Bevölkerung Kameruns
bis 2050 verdoppeln. Dafür müsse besonders die Infrastruktur in den
Bereichen Bildung und Gesundheit ausgebaut werden.

Fricke äußerte sich bei der «Frauen, Glaube und
Diplomatie»-Konferenz. Diese wird von der nach eigenen Angaben
weltgrößten interreligiösen Nichtregierungsorganisation «Religions
for Peace» (RfP) veranstaltet. Die seit Dienstag laufende Versammlung
dauert noch bis Freitag. Dabei kommen laut RfP rund 600 Menschen aus
etwa 90 Ländern zusammen, um neue Wege zur Förderung des
interreligiösen Dialogs zu suchen - coronabedingt größtenteils
virtuell.

Dirk Lölke, deutscher Botschafter in Angola, betonte, religiöse
Führer übernähmen eine Scharnierfunktion zwischen Regierung und
Zivilgesellschaft. So hätten im christlich geprägten Angola die
Bischöfe einen sehr guten Ruf. Diesen nutzten sie, um die
Gesellschaft in schwierigen Wirtschaftslagen zum Zusammenhalt oder in
der Corona-Krise zum Befolgen der Schutzmaßnahmen aufzurufen.

RfP-Generalsekretärin Azza Karam begrüßte die Äußerungen der
Diplomaten. Es sei das erste Mal, dass sie von Botschaftern so
deutlich eine Anerkennung des Wertes der Zusammenarbeit mit
Glaubensvertretern höre. Karam fügte hinzu, die Nähe von religiösen
und politischen Führungen müsse gleichwohl auch kritisch betrachtet
werden. Das gelte zunehmend, da entsprechende Verbindungen stärker
würden, etwa in den USA. «Da müssen wir sehr aufmerksam sein.» Dies
sei auch deshalb wichtig, weil religiöse Führer oft «territorial»
agierten. Für einen starken globalen Zusammenhalt seien aber Brücken
besser als Exklusivität.