Beitrag vom 14.08.2019
perspective-daily.de
Mali/Sahel
Droht dieses Gebiet Europas Vietnam zu werden?
Peter Dörrie
Soldaten, Geld und Diplomaten: Deutschland und seine Partner setzen alles daran, die Länder des Sahels vor dem Terrorismus zu bewahren. Warum es trotzdem immer schlimmer wird – und was eigentlich passieren müsste.
»Die Terroristen töten uns mit Waffen aus Frankreich, Deutschland, China und Russland. Wie ist das möglich? Kann Deutschland uns helfen?«
Es ist eine harte, aber berechtigte Frage, die Angela Merkel am 2. Mai von einem
Studenten der Universität Ouagadougou in Burkina Faso gestellt bekommt. Eine wirklich überzeugende Antwort hat Merkel nicht zu bieten. Sie druckst rum, verweist auf die »sehr restriktiven« deutschen Kriterien für den
Export von Waffen.
Während ihres Besuchs im Mai sagt sie auch:
»Die Terroristen sind schnell, und deshalb müssen wir schneller werden, damit wir sie auch wirklich bezwingen können«. Das sei »nicht eine Verantwortung dieser 5 Staaten [des Sahels] alleine, sondern das ist eine Verantwortung, die auch Europa mit betrifft; denn wenn hier das Chaos die Oberhand gewinnen würde, was wir verhindern wollen, dann würde sich das auch auf andere Bereiche auswirken.«
Auf der einen Seite scheinen sich Deutschland und Europa alle Mühe zu geben, »schneller« zu werden und die Sahel-Staaten besser zu unterstützen. Keine Region erhält so viel finanzielle, politische und militärische Unterstützung von Deutschland und der Europäischen Union wie der Sahel. Andererseits ist die Kritik des Studenten an Merkel durchaus berechtigt: Die Gewalt in der Region eskaliert und es kann sich leicht der Eindruck aufdrängen, dass es schlimmer wird, je stärker sich Europa im Sahel engagiert. Ein Dilemma?
Die EU und der Sahel
Tausende europäische Soldaten, darunter mehrere Hundert deutsche, kämpfen in Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad und Mauretanien gegen Terroristen, trainieren einheimische Sicherheitskräfte und teilen geheimdienstliche Erkenntnisse. Mehr als 8 Milliarden Euro haben die EU und ihre Mitgliedstaaten darüber hinaus für die Zeit von 2014 bis 2020 für den Aufbau der Staaten und ihrer Wirtschaft eingeplant. So sollen die von Terrorismus und Gewalt geplagten Länder wieder auf die Beine kommen.
Dass Europa in der Region eine solche Verantwortung übernimmt, hat einen einfachen Grund: Es ist an der gegenwärtigen Situation nicht ganz unschuldig.
Egal ob bei Merkel, dem französischen Staatschef Emmanuel Macron, deren burkinischem Kollegen Roch Marc Kaboré oder einem Taxifahrer in Ouagadougou: Kommt die Sprache auf die Situation im Sahel, dann fällt schnell das Wort »Libyen«.
Als »Ursünde« gelten die Ereignisse vom 20. Oktober 2011, als der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi von Rebellen aus den Trümmern seines Konvois gezerrt wurde, der kurz vorher von einer amerikanischen Rakete gestoppt worden war. Gaddafi überlebte seine Gefangennahme nicht. Dass der libysche Staat daraufhin kollabierte und seitdem sowohl Waffen als auch Kämpfer frei in der Region zirkulieren, ist für viele der Ursprung der Krise im Sahel.
Von diesem Tag aus scheinen die Ereignisse wie auf einer roten Linie geradewegs auf den Einmarsch Tausender französischer Truppen in Mali im Jahr 2013 zuzulaufen.
Diesen Einsatz hatte Präsident François Hollande damals aus Angst vor einem von religiösen Fanatikern kontrollierten Kalifat auf der Türschwelle Europas angeordnet. Seitdem wird die Zusammenarbeit zwischen Europa und dem Sahel stetig enger, die Investitionen in Sicherheit und Stabilität wachsen, die Geldtöpfe werden größer. Das Ziel: die Wiederherstellung der Ordnung und die Befreiung von den Terroristen.
Der Einsatz der EU trägt kaum Früchte
Moumina Cheriff Sy sollte eigentlich einer der engsten Partner Europas im Sahel sein. Der ehemalige Journalist ist Verteidigungsminister von Burkina Faso. Aber über die Ergebnisse der europäischen Präsenz in der Region hat er wenig Gutes zu sagen.
"»Wenn sie wirklich wollten, hätten sie die Terroristen besiegen können. Haben sie also eine andere Agenda?« – Moumina Cheriff Sy, Außenminister von Burkina Faso"
»Sie haben vielleicht 4.000 Mann in der Region«, stellt Cheriff Sy ein wenig fassungslos in einem Interview mit der südafrikanischen Tageszeitung
Mail & Guardian fest. »Sie haben alle militärischen und technologischen Möglichkeiten. Wenn sie wirklich wollten, hätten sie die Terroristen besiegen können. Haben sie also eine andere Agenda?«
Für Cheriff Sy gewinnt das Chaos schon jetzt die Oberhand, und für ihn wie für viele andere Menschen im Sahel ist kaum denkbar, dass Europa daran keinen Anteil hat. Denn während Deutschland und Europa ihr Engagement für mehr Sicherheit und Stabilität im Sahel stetig ausgebaut haben, stieg gleichzeitig die Zahl der Toten durch terroristische Anschläge und Gefechte zwischen Milizen und Sicherheitskräften von 587 im Jahr 2012 auf 2.868 im Jahr 2018. Die Spirale der Gewalt beschleunigt sich weiter; dieses Jahr sind schon mehr als 3.200 Menschen getötet worden.
Geld und Tote
Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Mali 2012 engagiert sich die Europäische Union mit immer mehr Geld, Soldaten und Diplomaten im Sahel. Trotzdem eskaliert die Gewalt. Schon jetzt sind dieses Jahr mehr Menschen im Sahel bei Kämpfen zwischen bewaffneten Gruppen, durch terroristische Anschläge und außergerichtliche Hinrichtungen ums Leben gekommen als 2018.
Auch geografisch breiten sich Gewalt und Unsicherheit weiter aus: Bis 2014 war praktisch nur der Norden Malis betroffen, dieses Jahr hat das südlich gelegene Burkina Faso ebenfalls schon über 1.000 Todesfälle zu beklagen. Beide Länder haben die Kontrolle über weite Teile ihrer nördlichen und östlichen Grenzen und ländlichen Gebiete verloren. Niger und Tschad sind ebenfalls zunehmend von Gewalt betroffen.
Neben separatistischen Rebellen und Islamisten geht die Gewalt mehr und mehr von lokalen Milizen und sogenannten »Selbstverteidigungsgruppen« aus. Hinzu kommen die staatlichen Sicherheitskräfte und Soldaten, die nach einigen Berichten
mehr Menschen töten als die Islamisten. Verdächtige Personen werden oft ohne Gerichtsverfahren und nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit hingerichtet. Das passiert, obwohl die für diese Verbrechen verantwortlichen Einheiten oft von europäischen Partnern ausgebildet wurden.
Die Auswirkungen dieser extremen Gewalt auf die Menschen in der Region sind nur schwer in ihrer vollen Tragik zu verstehen. Das Magazin
The New Humanitarian hat viele persönliche Schicksale gesammelt. Der Dorfchef Amadou Barry berichtete etwa, dass eines Morgens Angehörige einer Miliz zu ihm kamen. Alle Fulani, also Angehörige der Ethnie, der sich auch Barry zurechnet, müssten sofort die Gegend verlassen. »Wenn wir noch welche finden«, so die Milizionäre, »werden wir sie töten.«
Barry nahm die Drohung ernst und beauftragte 5 seiner Kinder im Alter zwischen 13 und 24 Jahren, das Vieh der Familie in Sicherheit zu bringen. Doch als die Kinder ein anderes Dorf passieren wollten, wurden sie angegriffen, getötet und das Vieh gestohlen. »Ich habe alles verloren«, so Barry gegenüber dem Magazin.
Erst gehen die Kämpfe verloren – dann das Vertrauen
4,2 Millionen Menschen sind in der Region auf der Flucht, eine Million mehr als noch letztes Jahr. In Burkina Faso hat sich die Zahl der Vertriebenen seit Beginn des Jahres verdoppelt. Mehr als 5 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Der rasende Kollaps macht viele Menschen fassungslos und misstrauisch. Darunter auch Sy Kadiatou Sow. Sie war in den 90ern die erste weibliche Außenministerin Malis, davor Gouverneurin und ist immer noch in der Politik aktiv. »Viele Malier glauben, dass Frankreich das Land aufteilen und dem Norden Autonomie geben will, um günstig an Rohstoffe zu kommen«, erzählt Sow bei einem Interview in einem Café mit Blick auf den Niger-Fluss im Herzen der malischen Hauptstadt Bamako. Dass französische Truppen mit den Separatisten von 2012 inzwischen militärisch kooperierten, trage nur dazu bei, diesen Verdacht zu bestärken. Die französische Regierung rechtfertigt diese Kooperation mit dem gemeinsamen Interesse im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus.
Die Überreste eines Hauses und Motorrads in Sobana Da, einem Dorf in Mali. Dutzende Menschen kamen bei dem Angriff ums Leben, ähnliche Vorfälle häufen sich in den letzten Monaten nicht nur in Mali. – Quelle: UN Photo/Harandane Dicko copyright
Aus europäischer Sicht beunruhigender als diese Verschwörungstheorien ist aber, dass sich die Menschen in der Region über ihre Wut und Enttäuschung auch ideologisch und politisch weiter von uns entfernen. In der malischen Hauptstadt Bamako lassen sich Tausende Menschen zu Demonstrationen gegen eine Modernisierung des Familienrechts oder gegen die Rechte von Homosexuellen mobilisieren. Ein Bier auf offener Straße zu trinken ist nicht mehr ratsam. Obwohl sich an den Tausenden Soldaten, Diplomaten und Entwicklungshelfern gut verdienen lässt, haben Gastwirte Probleme, Lokalitäten zu finden, deren Besitzer den Ausschank von Alkohol erlauben – sei es auch nur hinter hohen Mauern.
Der politische Islam gewinnt als Gegenentwurf zur laizistischen Demokratie zunehmend an Einfluss.
»Der Einfluss konservativer religiöser Akteure steigt seit mindestens 2002 und wird immer mehr sichtbar«, sagt Abourahamane Dicko, Programmdirektor bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Mali.?»Sie sind zu einer politischen Macht geworden. Sie verknüpfen erfolgreich konservative religiöse Forderungen mit dem Schutz der Bevölkerung.«
Dass die konservativen Prediger erfolgreich sind, zeigt nach Dickos Ansicht, wie wenig effektiv das europäische Engagement ist.
" Die Menschen haben Schwierigkeiten, zu verstehen, warum trotz der vielen ausländischen Soldaten jeden Tag Menschen sterben und warum weder der malische Staat noch seine internationalen Partner eine Lösung finden. – Abourahamane Dicko, FES "
So verliert Europa im Sahel nicht nur den Kampf gegen die Gewalt – sondern auch die Sympathie für unsere Weltanschauung. Ein Vergleich zur US-amerikanischen Rolle in der frühen Phase des Vietnamkriegs drängt sich auf: Geld, Waffen und Soldaten bringen keinen Frieden, trotz aller Bemühungen eskaliert die Situation immer weiter.
Und wie reagiert Europa?
Bisher lassen sich europäische Entscheidungsträger davon nicht beirren. Frankreich werde sich »bis zum vollständigen Sieg« weiter militärisch im Sahel engagieren, so der französische Präsident Macron bei einem Truppenbesuch im Dezember 2018. Die Exit-Strategie für Europa ist relativ simpel: Die eigenen Truppen stabilisieren die Situation und geben der Politik vor Ort so Raum und Zeit, wieder selbst Kontrolle über die Lage zu erlangen.
»Die Ambition der jungen französischen Soldaten der Operation Barkhane ist es, ihren Kameraden aus Burkina Faso, Niger, Mauretanien und Tschad die Möglichkeit zu geben, an ihre Posten zurückzukehren und ihre Bevölkerung zu verteidigen. Das ist der Wille der französischen Soldaten, das ist mein Wille«, stellte Macron 2017 bei einer Rede vor Studierenden in Burkina Faso klar.
Deutschland, Frankreich, und der Rest der EU scheinen ernsthaft gewillt, die Lage im Sahel unter Kontrolle zu bringen. Es bleibt also die Frage: Warum nimmt das Chaos im Sahel trotz Milliarden von Euro und Tausenden Soldaten aus Europa ständig zu?
Ein niederländischer Soldat, im Dienst der Friedensmission der Vereinten Nationen MINUSMA, auf Patrouille. – Quelle: Ministry of Defence CC0
»Das wahre Problem sind die Eliten«
»Das wahre Problem sind die Eliten«, meint Ousmane Kornio, ein unabhängiger Analyst für Konfliktmanagement und -vorbeugung. Er kommt aus dem Zentrum Malis, einer Region, die aktuell besonders schwer von Gewalt betroffen ist. »Immer, wenn es eine Krise gibt, rufen wir nach den Eliten, um sie zu lösen. Dabei sind sie das Problem.«
Politiker, Wirtschaftsbosse, religiöse Führer, Kommandeure bewaffneter Gruppen: Die politischen Eliten des Sahels sind trotz großer weltpolitischer Umbrüche in den letzten Jahrzehnten erstaunlich stabil. Die Präsidenten der Länder sind allesamt seit Beginn der 90er-Jahre in den obersten Rängen der Politik tätig. Die Gruppe der Menschen mit Macht und Geld im Sahel ist überschaubar, und auch wenn an der Spitze mal durchgewechselt wird, dann ist der neue starke Mann oft ein alter Bekannter.
Das, so Kornio, sei ein echtes Problem. Denn an der gegenwärtigen Krise ist seiner Meinung nach nicht in erster Linie Libyen, sondern eben jene einheimische und von Europa unterstützte Elite schuld. Seine Heimat im Zentrum Malis sei ein gutes Beispiel.
»Früher trat der Niger-Fluss zuverlässig einen Teil des Jahres über die Ufer. Das Wasser bestimmte die Landnutzung.« Fischer, Viehhirten und Bauern profitierten von den regelmäßigen Überflutungen und teilten sich die traditionellen Landrechte nach Jahreszeiten auf. Unterschiedliche Gemeinschaften spezialisierten sich auf unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten. Abstammung hatte damit wenig zu tun, auch wenn diese Gruppen heute gerne als »Ethnien« bezeichnet werden. Die Grenzen zwischen ihnen waren durchlässig und das Verhältnis kooperativ.
Doch im Sahel sind die Effekte des Klimawandels schon seit Jahrzehnten zu spüren, so Kornio: »Die Überflutungen kamen nicht mehr zuverlässig, das System zerfiel.«
Es wäre an den gesellschaftlichen und politischen Eliten gewesen, die daraus entstehenden wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen in geordnete Bahnen zu lenken und Alternativen zu entwickeln. Stattdessen führte die Regierung ein unflexibles Landrechtssystem nach europäischem Vorbild ein, das weder der traditionellen Nutzung noch den veränderten Umständen gerecht wurde.
Schlimmer noch: Sowohl lokale Machthaber als auch wohlhabende Malier aus anderen Teilen des Landes nutzten die Situation, um sich große Teile der nutzbaren Flächen anzueignen. Das natürliche Kapital, das zuvor breiten Teilen der Bevölkerung zugänglich war, konzentrierte sich nun in den Händen einiger weniger Grundbesitzer. Die Gewinne dieser Grundbesitzer flossen nicht zurück in die Gemeinschaft, sondern wurden in der Hauptstadt Bamako oder in Frankreich angelegt.
Die Details unterscheiden sich von Region zu Region. Doch die grundlegende Dynamik, die Unfähigkeit und Gier der Eliten weisen im ganzen Sahel erstaunliche Parallelen auf.
Ein möglicher Ausweg aus der Gewaltspirale: Eine »Wahrheitskommission«
Indem Deutschland und Europa all ihre Energie und Ressourcen in genau diese Strukturen investieren, verschlimmern sie die Situation, anstatt zu helfen. Schon jetzt steckt die gesamte Region in einer Spirale der Gewalt, die selbst im besten Falle Jahre brauchen wird, um auch nur halbwegs zur Ruhe zu kommen.
Damit dafür aber überhaupt eine Chance besteht, mahnt Ousmane Kornio ein schnelles Umdenken der lokalen Eliten, aber auch ihrer internationalen Partner an.
»Die Krise hat sich aus langjährigen Problemen entwickelt, mit denen die Menschen hier konfrontiert werden. Wir sollten darum anfangen, auf die lokalen Gemeinschaften zu hören und nicht auf die Eliten.«
Französische Soldaten der »Operation Barkhane«. Sie sind vor allem mit der Gefangennahme und Tötung von Terroristen beschäftigt. – Quelle: Thomas GOISQUE CC BY-SA
Ihm schwebt eine Art »Wahrheitskommission« vor, die von Gemeinschaft zu Gemeinschaft und Dorf zu Dorf geht, um die Probleme und Beschwerden der Menschen zu erfassen. Daraus, so Kornio, können im Anschluss Vorschläge für verfassungsrechtliche, politische und wirtschaftliche Veränderungen erarbeitet werden.
Europa hätte in diesem Prozess durchaus seine Rolle. Die Angelegenheit wäre teuer und setzt ein Mindestmaß an Sicherheit voraus. »Ohne die ausländischen Soldaten wären wir ohnehin schon alle nach Guinea geflohen«, scherzt er bitter. Entscheidend sei aber, dass die internationalen Truppen sich nicht mehr vor allem auf das Auffinden und Töten vermeintlicher Terroristen konzentrierten. Im Mittelpunkt sollte laut Kornio der Schutz der Zivilbevölkerung stehen, auch wenn so ein Einsatz für die Soldaten – und damit auch für die Bundeswehr – erheblich gefährlicher wäre.
Dieser Ansatz wäre teuer und Deutschland müsste akzeptieren, dass auch Bundeswehrsoldaten im Sahel ihr Leben verlieren. Um eine öffentliche Debatte unseres Engagements in der Region käme die Bundesregierung dann nicht mehr herum. Die Abwehr von Migranten könnte nicht mehr oberste Priorität haben, denn diese entspricht zwar europäischen, nicht aber afrikanischen Interessen. Und die europäischen Regierungen müssten anfangen, die Interessen der Eliten des Sahels denen der Bevölkerung unterzuordnen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint das wenig realistisch. Doch wenn das Chaos nicht die Oberhand gewinnen soll, ist ein Umdenken dringend nötig. Einfach immer mehr Geld und Soldaten zu schicken, um die Eliten und den Status quo zu schützen, könnte sonst sowohl für Europa als auch für den Sahel in einer Katastrophe enden.