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Beitrag vom 19.05.2018

FAZ

Evaluierung

Zweifel an Qualität deutscher Entwicklungshilfe

Bundeseigenes Evaluierungsinstitut fordert von GIZ und KfW Reformen in der Projektüberprüfung

ash./smo. FRANKFURT, 18. Mai. Die Qualität deutscher Entwicklungshilfeprojekte in aller Welt gerät aufgrund einer erstmals breiter angelegten Untersuchung in Zweifel. So kritisiert das bundeseigene Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (Deval) die uneinheitliche Evaluierungspraxis der Entwicklungshilfe. Hierbei geht es vor allem um die Korrektheit von Überprüfungen, ob Projekte wirklich effektiv umgesetzt und die gesteckten Ziele erreicht werden. In einer Stellungnahme von Deval heißt es, dass generell ein hohes Potential zur Verbesserung der Evaluierungsqualität identifiziert worden sei. „Gemessen an internationalen Standards, liegt die Qualität von Projektevaluierungen der GIZ und der KfW momentan im befriedigenden Bereich.“ Maßgebend sind inzwischen die fünf Schlüsselkriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Relevanz, Effektivität, Effizienz, politische Wirkungen und Nachhaltigkeit.

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Entwicklungsbank KfW sind hierzulande die beiden wichtigsten Förderorganisationen von Entwicklungshilfe. Deval fordert nun unmissverständlich Verbesserungen ein. „Die größte Herausforderung für die Qualität der Projektevaluierungen beider Organisationen ist, die Belastbarkeit der Wirkungs- und Nachhaltigkeitsnachweise zu stärken, damit solche Evaluierungen mehr zur Verbesserung der Entwicklungszusammenarbeit beitragen“, sagte der Direktor des in Bonn ansässigen Evaluierungsinstituts, Jörg Faust, der F.A.Z.

Auf Anfrage weist die GIZ auf einen internen Reformprozess des Evaluierungssystems hin, der seit Mitte des Jahres 2017 stattfinde. Die daraus erzielten Verbesserungen seien nicht in die jüngsten Berichte eingeflossen, da der Zeitpunkt der Datenerhebung für die Deval-Evaluierung im Oktober 2016 gelegen habe. „Dennoch teilen wir die Ergebnisse der Deval-Evaluierung, da diese unsere eigenen Erkenntnisse bestätigen.“ So habe sich aus den eigenen Überprüfungen in den Jahren 2015 und 2016 ergeben, dass die Qualität der Projektevaluierungen nach internationalen Standards nur im Mittelfeld gelegen habe. „Das entsprach nicht den eigenen Ansprüchen der GIZ, weshalb sie ihr Evaluierungssystem grundlegend reformiert hat.“ Die KfW führte an, dass sich die Deval-Evaluierung auf die Nachhaltigkeit im Sinne der Agenda 2030 vom September 2015 beziehe, während die Mehrheit der untersuchten Evaluierungsberichte vor 2015 erstellt worden sei.

In einer Stellungnahme des zuständigen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) heißt es: Die Deval-Ergebnisse erschienen zu einem Zeitpunkt, zu dem das BMZ sein Instrumentarium mit Blick auf die Herausforderungen der Agenda 2030 überprüfe und der Reformprozess im vollen Gange sei. Für den Bereich Evaluierung lieferten die beiden Berichte wertvolle Hinweise für die weitere Gestaltung. So bleibe noch einiges zu tun. „Die Empfehlungen geben uns Rückenwind für bereits eingeleitete Reformschritte.“

Zuletzt hatte die F.A.Z. (Ausgabe vom 23. März) über 16 Fälle sexueller Belästigung innerhalb der GIZ-Organisation und die Forderung des BMZ nach verstärkten Kontrollen berichtet. Dies war im Zuge des Oxfam-Skandals aufgekommen. Dem britischen Hilfswerk wurde vorgeworfen, dass Mitarbeiter bei Hilfseinsätzen Prostituierte für Sexpartys angeheuert hätten, möglicherweise minderjährige. Ähnliche Vorwürfe gab es in der Vergangenheit auch schon gegen andere Hilfsorganisationen.

Das Evaluierungsinstitut ist vom BMZ mandatiert, Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu analysieren und strategisch zu bewerten. Die Hilfsorganisationen übernehmen derweil meist in Eigenregie die konkrete Überprüfung der Wirksamkeit ihrer Projekte. Dies scheint nach Meinung der Deval-Fachleute aber nicht so zu funktionieren, wie es müsste. Das Potential, aus Evaluierungen zu lernen und die Nachhaltigkeit deutscher Entwicklungsmaßnahmen zu verbessern, sei aufgrund der uneinheitlichen Evaluierungspraxis stark eingeschränkt. Zudem verwendeten die staatlichen Durchführungsorganisationen ein veraltetes Konzept von Nachhaltigkeit. Die Ziele und Prinzipien der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung würden unzureichend berücksichtigt. Die Evaluierung identifiziere außerdem deutliches Potential zur Erhöhung der Evaluierungsqualität. Bislang stehe insbesondere der Nachhaltigkeitsnachweis auf methodisch wenig belastbaren Füßen. Deval empfiehlt eine „Überarbeitung“ der derzeitigen Evaluierungspraxis.