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Beitrag vom 17.02.2018

FAZ

Südafrika

Der rote Kapitalist

von Thilo Thielke

Wenn an der Spitze afrikanischer Staaten ein Wechsel ansteht, herrscht bisweilen grenzenloser Optimismus. „Schlimmer als sein Vorgänger kann der Neue ja kaum sein“, heißt es dann meist. Endlich gebe es einen Neuanfang. So nun auch in Südafrika. Cyril Ramaphosa heißt der Mann, der am Donnerstag zum neuen Staatspräsidenten ernannt wurde und nun das Land aus der Depression führen soll.

Als er kürzlich in Kapstadt zu seinen Anhängern sprach, wurde er wie ein Messias gefeiert – dabei war seine Rede wenig inspirierend gewesen. Von Einheit, einem Mindestlohn und dem Erbe Mandelas monologisierte der 65 Jahre alte Ramaphosa, und es wurde deutlich, dass er seinen Glanz wohl in erster Linie dem Erscheinungsbild seines Vorgängers Jacob Zuma verdankt.

Wer so jemandem nachfolgt, wird mit einer gewissen Zwangsläufigkeit zum Hoffnungsträger, ob er das will oder nicht – auch jemand wie Cyril Ramaphosa, der trotz der ihm zugeschriebenen Qualitäten in der Öffentlichkeit auffällig blass bleibt und von sich sagt, er sei ein Enigma, ein Rätsel.

Auf jeden Fall hat er einen bemerkenswerten Werdegang. Aufgewachsen ist Matamela Cyril Ramaphosa vom Stamm der Venda in dem Township Soweto. Er studierte Rechtswissenschaften, schloss sich in den siebziger Jahren den Rebellen von Steve Bikos Black-Consciousness-Bewegung an und wurde örtlicher Vorsitzender der Studentenorganisation Saso, die sich gegen das Apartheidsregime auflehnte. Es war die Zeit der blutigen Aufstände, deren Bilder um die Welt gehen und den Burenstaat international in die Isolation treiben sollten. Als Rädelsführer wurde Ramphosa immer wieder verhaftet. Einmal landete er für sechs Monate in Vorbeugehaft. Seinen Widerstand hat das nicht gebrochen.

1982 gründete er die Nationale Gewerkschaft der Bergarbeiter und wurde deren Generalsekretär. Er war einer der Mitbegründer des Gewerkschaftsdachverbands, traf sich im Ausland mit ANC-Kadern und musste zeitweise das Land verlassen. Ramaphosa organisierte Streiks, erhielt in Schweden den Olof-Palme-Preis, und als der Apartheidsstaat, international isoliert und wirtschaftlich angeschlagen, schließlich seinen Geist aufgab, war er zur Stelle und half als Vorsitzender eines ANC-Exilkomitees bei der Freilassung Nelson Mandelas.

Als dieser im Februar 1990 schließlich vom Balkon des Kapstädter Rathauses zu den Menschen sprach, stand neben ihm ein junger Mann, von dem es hieß, er werde einmal der Kronprinz Mandelas: Cyril Ramaphosa. Eine Zeitlang durfte er sich durchaus Hoffnung machen, Mandela zu beerben. Noch ging es steil bergauf. 1991 wurde Ramaphosa zum Generalsekretär des Afrikanischen Nationalkongresses gewählt und 1994 zum Vorsitzenden der verfassunggebenden Versammlung. Doch als die einstige Partei 1996 den Technokraten Thabo Mbeki zum Nachfolger Mandelas erkor, legte Ramaphosa enttäuscht alle politischen Ämter nieder.

Der Mann, den man in der Öffentlichkeit fast nur im dezenten Anzug eines Geschäftsmannes sieht, ging nun in die Wirtschaft und profitierte von einem Gesetz, das die großen Unternehmen des Landes praktisch dazu zwingt, Schwarze, Farbige und Inder an ihren Unternehmen zu beteiligen. Er gründete die Investmentgesellschaft Shanduka, die sich an McDonald’s Südafrika beteiligte, an Telekommunikations- und Immobiliengesellschaften, an Bergbaukonzernen. Der Mann, der sich selbst immer noch als Sozialist bezeichnet, verwandelte sich in einen Kapitalisten und wurde mit einem geschätzten Vermögen von 450 Millionen Dollar einer der reichsten Männer des Landes. Das sei so viel Geld, dass er den Staat nicht mehr bestehlen müsse wie sein Vorgänger, sagen sich viele in Südafrika.

Als Erstes werde er die Korruption bekämpfen, verkündete Ramaphosa. Das hört auch die Wirtschaft gerne. Kaum wurde seine Ernennung zum Präsidenten bekanntgegeben, stieg der Kurs des mittlerweile zur Ramschwährung herabgestuften Rands, und auch die Kurse an der Johannesburger Börse schossen in die Höhe. Viel gewonnen ist damit noch nicht. Die Arbeitslosigkeit liegt derzeit bei über 26 Prozent, das Wirtschaftswachstum bei etwa einem – aber eigentlich kann es nur aufwärtsgehen.