Beitrag vom 09.03.2017
Die Tagespost
Simbabwe
Protest gegen Mugabe nimmt zu
Gegen die junge Macht im Netz kann der alte Diktator wenig ausrichten.
Von Michael Gregory
Simbabwe, einst ein Land mit blühender Landwirtschaft und vielfältiger Industrie, gleitet immer tiefer in die wirtschaftliche und politische Krise. Inzwischen hört man von Einheimischen sogar, dass ein Fluch auf dem südafrikanischen Binnenland mit seinen rund 14 Millionen Einwohnern liegen müsse, denn nach Jahren der Dürre regnet es derzeit so stark, dass viele Gebiete unter Wasser stehen. Tatsächlich dürften die Ursachen für die schlechte Versorgungslage und den wirtschaftlichen Niedergang im Hochland zwischen Sambesi und Limpopo aber eher hausgemacht sein.
Bei Überschwemmungen sind in Simbabwe seit Dezember vergangenen Jahres 246 Menschen ums Leben gekommen. Rund 2 000 Einwohner hätten ihr Zuhause verloren, mehr als 100 Personen seien in den Fluten verletzt worden, sagte der Minister für ländliche und urbane Entwicklung, Saviour Kasukuwere, am vergangenen Freitag der dpa. In Simbabwe regnet es seit Dezember in großen Mengen. Das ist nichts Ungewöhnliches in der südafrikanischen Regenzeit von November bis April. Doch der Boden ist nach Jahren der Dürre vielerorts spröde und verkrustet, so dass die großen Wassermengen nicht aufgenommen werden können. Die Folge sind großflächige Überschwemmungen. Die Regierung bittet internationale Geldgeber nun dringend um finanzielle Unterstützung in Höhe von 100 Millionen Dollar, um Betroffenen helfen zu können. Das Hochwasser zerstörte Häuser, Brücken und Straßen. Präsident Robert Mugabe hat die Flut zu einer nationalen Katastrophe erklärt, die den seit Jahren in vielen Landesteilen herrschenden Nahrungsmangel weiter verschärft.
Kaum zu glauben, dass der seit 1980 regierende Despot Mugabe seinen Geburtstag am 21. Februar mit einer teuren Party gefeiert hat, bei der es der 93-Jährige noch einmal richtig krachen ließ. Geschätzte 1,9 Millionen Euro zahlte die Regierungspartei Zanu-PF für die Feier mit tausenden Gästen. Mugabe begrüßte die Teilnehmer im 600 Kilometer von der Hauptstadt Harare entfernten Matopos, einem der schönsten Nationalparks Simbabwes. Er trug einen mit seinem Konterfei bedruckten Anzug in den Nationalfarben schwarz, gelb, rot und grün. Auch seine Frau Grace, die wegen ihres kostspieligen Lebenswandels im Volk als Gucci-Grace verspottet wird, und andere hochrangige Parteimitglieder waren im Staatsfernsehen im gleichen Outfit zu sehen. Der Regierungskritiker Promise Mkwananzi nannte die hohen Kosten der Feier „idiotisch und frivol“. Mugabe ist das älteste Staatsoberhaupt der Welt. Im kommenden Jahr will er erneut bei den Präsidentenwahlen antreten.
Nach Jahren der Rezession und Hyperinflation steckt Simbabwes Wirtschaft in einer tiefen Krise. Dieses Jahr könnte sie um weitere 2,7 Prozent schrumpfen, schätzt der Internationale Währungsfonds. Die früher vorbildliche Infrastruktur, Schulen und Gesundheitsversorgung sind in desolatem Zustand. 80 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung schlagen sich im informellen Sektor durch. Der frühere „Brotkorb Afrikas“ muss heute Lebensmittel aus Südafrika importieren. Hinzu kommt der aufgeblähte Staatsapparat: Die Gehälter der mehr als 200 000 Staatsangestellten verschlingen Dreiviertel des simbabwischen Haushalts. Die Auslandsverschuldung ist enorm. Regelmäßig geht die Regierung auf Betteltour in Afrika oder China. Der einstige Hoffnungsträger Simbabwe ist zum Pflegefall geworden.
„Sehr viele Simbabwer warten darauf, dass Mugabe stirbt und so auf natürliche Weise die Chance für einen Wandel eintritt“, erklärt der simbabwische Priester und Publizist Oskar Wermter im Gespräch mit der „Tagespost“. „Viele halten die Politik Mugabes zwar für falsch, würden dies aber nicht offen sagen. Manche aus Angst vor einer Bestrafung durch den Sicherheitsapparat. Andere, weil sie sich Mugabe immer noch irgendwie verbunden fühlen. Sie sagen, er habe das Land durch einen langen, verlustreichen Befreiungskampf in den 1970er Jahren in die Unabhängigkeit geführt. Dafür müsse man ihm dauerhaft dankbar sein und könne ihn deshalb nicht einfach vom Hof jagen.“
Tatsächlich hält sich die Bereitschaft im Volk in Grenzen, gegen das Regime aufzubegehren. Viele Simbabwer können sich keine Alternative zu Mugabe vorstellen, weil sie nichts anderes kennen als dessen Gewaltherrschaft. Hinzu kommt, dass die Opposition gespalten ist und zum Teil auch ein Glaubwürdigkeitsproblem hat, weil sie einst unter Mugabe gedient hat. Dennoch formiert sich Protest in vielen neuen Protestbewegungen, die in den vergangenen Monaten entstanden sind. Es sind meist junge Menschen, die die Nase voll haben von den herrschenden Zuständen und die sich über soziale Medien verabreden. Es hat sogar – eine Neuheit in Simbabwe – mehrere größere Demonstrationen in der Hauptstadt Harare gegeben. Zu Tausenden sind die Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Misswirtschaft, Korruption und die miserable wirtschaftliche Lage zu demonstrieren. Allerdings hat die Polizei sämtliche Proteste mit brutaler Gewalt aufgelöst. Wer als Anführer identifiziert wurde, kam ins Gefängnis. Man dürfe sich nichts vormachen, sagt einer der Demonstranten, dies sei der Alltag im Jahre 37 der Herrschaft Robert Mugabes.