Beitrag vom 21.12.2016
mittelbayerische.de
Eine andere Art von Hilfe
Entwicklungshilfe hat die meisten Länder Afrikas nicht selbstständiger gemacht, sondern abhängiger.
Hanns-Peter Kirchmann
Regensburg. Eine Gruppe von Wissenschaftlern, Praktikern der Entwicklungszusammenarbeit wie ich und weiterer Experten hat vor kurzem das „Kölner Memorandum“ verfasst und unterzeichnet. Darin sprechen wir uns für eine andere Art der Hilfe für Afrika aus. Unsere Überzeugung ist: Mehr Geld hilft nicht mehr. Nicht Quantität, sondern Qualität ist angesagt.
Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) muss effizienter gestaltet werden. Es braucht weniger Staat in den Geberländern. Und es darf kein Geld an afrikanische Nehmerländer fließen, weil es im Rachen der „Krokodile“ (so nennt der Volksmund in Afrika seine politischen Eliten) verschwindet. Es braucht mehr Förderung der EZ auf privater Ebene. Dort gibt es exzellente, landeserfahrene Organisationen, die eng mit lokalen, ebenfalls privaten Gruppierungen erfolgreich zusammenarbeiten.
Wir brauchen keinen Marschallplan für Afrika. Es ist ein mehr als 50 Jahre alter Irrtum zu glauben, wir könnten Entwicklungspolitik für Afrika machen. Die Reichen und die Mächtigen wurden immer reicher. Mit dem Bevölkerungswachstum nahm die Armut zu. Die meisten Länder Afrikas wurden nicht selbstständiger, sondern abhängiger. Eine Spirale wie in einem Drogenring: Je mehr Stoff angeboten wird, desto lethargischer und süchtiger werden die Abhängigen. Nur dass das Angebot nicht von raffgierigen Kartellen kommt, sondern von wohlmeinenden Regierungen. Und verteilt wird es nicht von finsteren Dealern, sondern von oft sehr engagierten Helfern vor Ort.
Die Wahrheit ist: Entwicklung in Afrika kann und darf nur von Afrikanern gemacht werden. Die afrikanischen Länder müssen wissen, was sie wollen, und planen, was sie können. Wenn sie dabei Unterstützung anderer Länder brauchen, müssen sie das sagen und begründen. Und wenn die Gründe gut sind, werden sie Hilfe bekommen. Wir werden sie nicht länger wie selbstverständlich als „Nehmerländer“ ansehen und uns nicht länger als „Geberländer“.
Eine massive Aufstockung der staatlichen Entwicklungshilfe wird nach aller Erfahrung keine wesentliche Verbesserung der Lebensverhältnisse in den afrikanischen Ländern bewirken. Vielmehr ist zu erwarten, dass große Teile der zusätzlichen Mittel in falsche Kanäle fließen und der Exodus anhält. Insgesamt hat die Entwicklungshilfe bisher keine grundlegende und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Subsahara-Afrika in Gang gesetzt.
Die derzeitige staatliche Entwicklungspolitik hat Zuständigkeiten an sich gezogen, die eine selbsttragende afrikanische Entwicklung verhindern. Die Entwicklungshilfe ist zu einer Maschinerie geworden, die immer mehr ihrer Selbsterhaltung dient.
Afrika braucht einheimische und ausländische Unternehmer, die Produktionsbetriebe in Afrika errichten. Sie sind umfassend zu fördern, weil die wirtschaftliche bedarfsbezogene praktische berufliche Bildung die Basis für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ist. Der Kontinent braucht eine Entwicklungshilfe, die an zuverlässige Organisationen vor Ort geleistet wird, um die afrikanische Eigeninitiative zu fördern, weil die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas ohne Industrialisierung nicht möglich ist.