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Beitrag vom 16.05.2016

Badische Zeitung

Nigeria

Muhammadu Buhari will daheim aufräumen

Nigerias Präsident kämpft ernsthaft gegen die Korruption im Land.

von Johannes Dieterich

JOHANNESBURG. Die überraschendste Reaktion auf David Camerons Fauxpas zum Auftakt des Londoner Korruptionsgipfels kam von einem der beiden Angegriffenen selbst. Auf die Frage, was er zu der rüden Bemerkung des britischen Premierministers, bei Nigeria handele es sich um einen "fantastisch korrupten Staat", zu sagen habe, antwortete Muhammadu Buhari: "Er hat Recht."

Wirklich verblüfft ist darüber allerdings nur, wer – wie offensichtlich Cameron – keine Ahnung von der Politik des nigerianischen Präsidenten hat. Der seit einem Jahr regierende Buhari ist nämlich schon im Wahlkampf damit angetreten, den "fantastisch korrupten Staat" endlich auszumisten: Er initiierte zwei Untersuchungen, die jüngst zum Vorschein brachten, dass der staatliche Erdölkonzern NNPC 25 Milliarden und die Militärführung des Landes weitere 15 Milliarden Dollar aus dem Staatssäckel gestohlen haben. Mehrere Dutzend hochrangiger Nigerianer stehen bereits vor Gericht: Darunter Senatspräsident Bukola Saraki, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Sambo Dasuki sowie Generäle und führende Manager von Staatsunternehmen.

Der Chef der nigerianischen Anti-Korruptionsbehörde, Ibrahim Mahu, ist überzeugt: "Dieser Präsident tut nicht nur so, als ob er etwas gegen die Korruption unternehmen will. Er meint es ernst." Das gigantische Ausmaß der Herausforderung ist allen bewusst. Über Jahrzehnte hinweg vermochte sich die Durchstecherei im reichsten Erdölstaat des Kontinents einzunisten: Fachleute sagen, dass sie längst endemisch geworden ist. Wenn sich die Unterschlagung einmal dermaßen großflächig in einer Ökonomie ausgebreitet habe, sei sie so schnell nicht wieder auszujäten, meint Nigerias Justizminister Abubakar Malami: "Sie ist zu einem Teil unserer Kultur geworden."

Korruption kostet die größte Volkswirtschaft Afrikas jährlich 40 Prozent ihres Wachstums, wird geschätzt: "Sie ist nicht nur eines der Probleme Afrikas", sagt Anton du Plessis, Direktor des Instituts für Sicherheitsstudien in Pretoria, "sie ist das größte Problem schlechthin."

Was Cameron bei seinem nonchalanten Geplänkel mit der Königin allerdings zu erwähnen vergaß: In die Schmierwirtschaft – die laut Internationalem Währungsfonds weltweit jährlich 1,3 bis 1,75 Billionen Euro verschlingt – sind sowohl die westlichen Industrienationen wie ihre globalisierten Konzerne bis zum Hals verwickelt. Nicht nur dass Erdölgesellschaften, Bergwerksunternehmen und Waffenschmieden in Afrika mit Schmiergeld nur so um sich werfen: Westliche Banken nehmen den ergaunerten Mammon afrikanischer Dunkelmänner im Gegenzug auch gerne auf.

Allein in den beiden Jahren 2014 und 2015 sollen 37 Milliarden in Nigeria gestohlener Dollar durch die Londoner City geflossen sein, sagt Korruptionsbekämpfer Mahu – ohne dass die britischen Banker nach der Herkunft des schmutzigen Geldes gefragt hätten. Die Millionen werden entweder in Londoner Villen investiert oder auf britischen Steueroasen versteckt: Mindestens 50 Milliarden Dollar an Schwarzgeld fließen Jahr für Jahr aus Afrika heraus.

Darauf angesprochen wird Buhari schließlich doch noch sauer. Er wolle von Cameron zwar keine Entschuldigung, sagt der Präsident: "Wir wollen lieber unser Geld zurück."