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Beitrag vom 08.01.2015

EconoAfrica

Länderporträt: Senegal

Musterschüler mit Makel

Der Senegal gilt politisch als Musterschüler in Afrika. In puncto Wirtschaft hat das Land seine Hausaufgaben hingegen vernachlässigt. Die Regierung hat sich für die Zukunft daher ambitionierte Ziele gesetzt. Der Erfolg ist fraglich.

Von Jan Fulle

Der Senegal scheint auf einem guten Weg. So attestiert der jüngst veröffentlichte Corruption Perceptions Index (CPI) von Transparency International dem Senegal zum wiederholten Male große Fortschritte im Kampf gegen die Korruption. Im internationalen Vergleich steht das Land mittlerweile auf der selben Stufe wie die EU-Mitglieder Italien oder Griechenland. Im Mo-Ibrahim-Index für gute Regierungsführung in Afrika ist der Senegal sogar in der Spitzengruppe zu finden und gehört somit zu den politisch stabilsten Staaten Afrikas.

Wirtschaft benötigt Reformen

Wirtschaftlich tut sich das westafrikanische Land hingegen noch schwer. Die Wachstumszahlen der vergangenen Jahre lagen mit durchschnittlich 3,3 Prozent niedriger als die Zuwächse anderer Staaten in der Region. Für dieses Jahr geht der Internationale Währungsfonds (IWF) immerhin wieder von einem Wachstum von 4,5 Prozent aus - nach 3,5 Prozent 2013. "Mehrere Faktoren erklären, warum die senegalesische Wirtschaft nur mäßig erfolgreich ist", erklärt Julia Leininger vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn. Dazu zählt die Expertin vor allem das ineffektive staatliche Handeln in Wirtschaftsfragen und die - trotz guter CPI-Platzierung - zu hohe Korruption im Land. Hinzu komme ein unterentwickeltes Bildungssystem, "insbesondere der universitären Ausbildung" und zu geringe Investitionen in Schlüsselbereiche der Wirtschaft.

Ein von der Regierung aufgelegtes Programm, das Senegals Wirtschaft bis 2035 von Grund auf reformieren und sanieren soll, wird von Leininger deshalb mit Skepsis betrachtet. "Die Implementierung verläuft bislang sehr schwach und es gibt keine Anzeichen, dass sich die politische Kultur auf nationaler Ebene gravierend ändert", so die Expertin. "Der Erfolg ist fragwürdig."

Hoffnungsquelle Dienstleistungen

Aktuell steht die Wirtschaft des Landes nur auf wenigen Säulen. Obwohl die Landwirtschaft nur etwa 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beiträgt, sind hier fast 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung tätig. Der Sektor gilt als rückständig und dient den meisten Menschen nur der Selbstversorgung. Lebensmittel gehören daher zu den Hauptimportgütern des Landes. Sie zu importieren ist günstiger, als sie vor Ort selber zu produzieren. Der Industriesektor trägt etwa ein Fünftel zur Wertschöpfung des Landes bei, ist aber weitestgehend von globalen Wertschöpfungsketten abgeschottet, kritisiert der letzte Bericht von African Economic Outlook (AEO). Ziel müsse es sein, das Land besser in die globale Wirtschaft zu integrieren.

Großer Hoffnungsträger ist derzeit der Dienstleistungssektor (etwa 62 Prozent des BIP), der zuletzt um 4 Prozent zulegen konnte. Insbesondere die Bereiche Finanzwesen, Immobilien und Telekommunikation konnten in der Vergangenheit wachsen. Die Telekommunikationsbranche erwirtschaftet bereits heute 10 Prozent des senegalesischen BIPs. "Der Telekommunikationssektor ist ein zentraler Sektor, um die Integration der ländlichen Bevölkerung zu gewährleisten", unterstreicht Leininger die Bedeutung. Fraglich sei jedoch, ob der Sektor langfristig im regionalen Vergleich wettbewerbsfähig sein wird.

Herausforderungen für die Zukunft

Die Weltbank bescheinigt dem Senegal insgesamt einen schwachen Privatsektor. Dieser müsse gestärkt werden, um das Land wirtschaftlich voranzubringen. Im Senegal steckt viel Potenzial, das es zu wecken gilt. Vor allem von den Bereichen Tourismus und Fischerei könne Senegal langfristig profitieren, meint die Expertin vom DIE. Eine wichtige Zukunftsaufgabe stellt zusätzlich die Reduzierung der Armut dar. Fast die Hälfte aller Senegalesen lebt unterhalb der Armutsgrenze.

In ihrem Länderbericht zum Senegal warnt die Weltbank zusätzlich noch vor den Auswirkungen der immer noch grassierenden Ebola-Epidemie auf die Wirtschaft des Landes. Diese Gefahr sieht auch Leininger, auch wenn sie momentan nicht akut ist. Bislang blieben die Auswirkungen des Virus gering. "Allerdings kann eine Ebola-Welle die Stabilität des Staates potenziell erschüttern", so Leininger.