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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 21.05.2014

Bundesregierung

Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung

Afrika ist ein Kontinent im Aufbruch. Politische und wirtschaftliche Entwicklungserfolge belegen die Wirkung steigender afrikanischer Eigenverantwortung und Eigenleistung. Diese Erfolge müssen und wollen Europa und Deutschland in gleichberechtigter Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern weiter unterstützen und fördern.

Zugleich bestehen jedoch wirtschaftliche und politische Fragilität und Risiken fort. Deren Wirkungen betreffen Europa immer unmittelbarer. Akut ausbrechende Krisen und Konflikte sind zwar in weiten Regionen Afrikas nicht bestimmend, und die afrikanischen Organisationen und Staaten zeigen sich zum eigenen Krisenmanagement bereit. Mangels ausreichender afrikanischer Ressourcen bedarf es aber weiterhin der Unterstützung durch die Internationale Gemeinschaft bei der Reduzierung von Armut und Fragilität, der Bekämpfung von Risiken und der Bewältigung von Krisen.

Um der Komplexität der Herausforderungen des Kontinents gerecht zu werden, verfolgen wir einen umfassenden afrikapolitischen Ansatz. Sich weiter wandelnde Rahmenbedingungen und steigende Erwartungen an unsere Politik verlangen eine angepasste Fokussierung und Schwerpunktsetzung gegenüber dem Afrikakonzept der Bundesregierung von 2011. Unser Ansatz muss die Chancen einer werte- und menschenrechtsbasierten sowie am gemeinsamen Nutzen orientierten Zusammenarbeit mit Afrika auf Augenhöhe sowie unsere Gestaltungsmöglichkeiten herausstellen, die Risiken benennen und gezielt darauf ausgerichtet sein, positive Entwicklungen zu stärken und negativen Entwicklungen entgegen zu treten.

Dabei muss es Anspruch der Bundesregierung sein, aktiv Schwerpunkte, Interessen und Ziele deutscher Politik zu formulieren und früh, schnell, entschieden und substanziell zu handeln, sowohl national als auch im Rahmen des EU-Außenhandelns und innerhalb der Vereinten Nationen. Koordinierung und Kohärenz für alle Aktivitäten der Bundesregierung sind Voraussetzung für die Wirksamkeit einer ganzheitlichen und vernetzten Herangehensweise, die nachhaltigen Erfolg haben soll. Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur müssen einbezogen werden, so dass sie die Beziehungen zu Afrika aktiv mitgestalten können.

1. Ausgangslage: Wachsende Relevanz Afrikas für Deutschland und Europa

Eine realistische Analyse zeigt: Afrika ist ein Kontinent der Zukunft und der Chancen, aber Herausforderungen und Risiken für die weitere Entwicklung bleiben. Gleichzeitig wachsen die Relevanz Afrikas und die Anbindung an die Internationale Gemeinschaft.
Um die Verständlichkeit, die Klarheit und Eindeutigkeit des Textes zu erhöhen, sind alle verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen in ihrer
geschlechtsneutralen Bedeutung gemeint (generische Maskulina).

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Potenziale Afrikas ergeben sich aus seiner demographischen Entwicklung mit einem riesigen Zukunftsmarkt mit hohem Wirtschaftswachstum, reichen natürlichen Ressourcen, großen Potenzialen für die landwirtschaftliche Produktion und Ernährungssicherung aus eigener Kraft, einem wachsenden Mittelstand und einer jungen und kreativen Bevölkerung, die u. a. Informationstechnologie und Mobilkommunikation innovativ nutzt. Die Wachstumsraten der letzten Jahre lagen über dem globalen Durchschnitt, die Aussichten sind weiter grundsätzlich positiv zu bewerten. Afrikanische Märkte entwickeln sich dynamisch und werden - über die Rohstoffwirtschaft hinaus - für die deutsche Wirtschaft durch steigende Kaufkraft, durch Nachfrage nach deutschen Qualitätsprodukten und technischer Expertise sowie durch steigende Investitionen und innovative Angebote zunehmend interessanter.

Stabilität nimmt in Afrika entgegen verbreiteter Wahrnehmung generell zu. Demokratische Institutionen und Entwicklungen haben sich in vielen Staaten konsolidiert und eröffnen Wachstumspotenziale für dynamische Gesellschaften. Es gibt vielfach Bereitschaft zur Übernahme von Eigenverantwortung und eine Zunahme von afrikanischen Eigeninvestitionen. Fortschritte bei der regionalen Integration durch Einrichtung gemeinsamer Märkte und Aufbau einer Sicherheitsarchitektur sind unübersehbar. Die Afrikanische Union und Regionalorganisationen spielen bei Konfliktregelungen eine zunehmende Rolle und hegen autoritäre Staatsführungen ein bzw. reagieren auf Putschversuche.

Herausforderungen bestehen dennoch flächendeckend weiter: Rasante gesellschaftliche Umwälzungen wie Urbanisierung und Verlust tradierter Orientierungsmodelle, gesellschaftliche Polarisierung, hohes Bevölkerungswachstum, hohe und in absoluten Zahlen noch wachsende Armut und Arbeitslosigkeit vor allem bei der Jugend, Menschenrechtsverletzungen, strukturelle Benachteiligung von Frauen und geschlechtsspezifische Gewalt, Hunger und Mangelernährung, prekäre Arbeitsverhältnisse, fehlende oder unzureichende soziale Sicherungssysteme, unzureichende Partizipation zivilgesellschaftlicher Organisationen, insbesondere benachteiligter Bevölkerungsgruppen, ernste Rückstände im Bereich der menschlichen Entwicklung, insbesondere bei Bildung und beruflicher Qualifikation, verbreitete Korruption, gesellschaftlich oft unausgeglichenes und für externe Einflüsse anfälliges Wirtschaftswachstum. Die Wirtschaft entwickelt sich zwar dynamisch, kann mit dem Bevölkerungswachstum aber nicht Schritt halten. Zu beachten sind außerdem das Destabilisierungspotenzial regionaler Krisen (z. B. Flüchtlinge und Vertriebene), Auswirkungen des Klimawandels, Überbeanspruchung und mangelnder Schutz von natürlichen Ressourcen und Ökosystemleistungen, Energiearmut und Wassermangel, Verlust an biologischer Vielfalt und massive Umweltschäden durch wachsenden Bevölkerungsdruck, unklare Landrechte, Mangel an Wissen und geeigneter Technik, Raubbau und unzureichende staatliche Kontrolle.

Fragilität afrikanischer Staaten bleibt ein Thema mit erheblichen Auswirkungen auf Europa. Betroffene Gebiete und Regionen sind gekennzeichnet durch schwache Institutionen und schwache Staatlichkeit bis zur Gefahr der Staatsauflösung. Elementare Risikofaktoren sind der Mangel an guter Regierungsführung sowie Ressourcen- und Verteilungskonflikte zwischen sozial unterschiedlich lebenden Gruppen. Ethnische und teilweise grenzüberschreitende Loyalitäten sind an den Peripherien eines Landes oft stärker ausgeprägt als nationale Identitäten. In vielen Staaten

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gibt es große und vielfach unkontrollierte Bestände an Kleinwaffen. Fragilität bietet in einigen Gebieten, insbesondere in Nordafrika und der Sahelzone, Nährboden für organisierte Kriminalität und nationalen wie internationalen Terrorismus, deren Auswirkungen nicht auf Afrika beschränkt bleiben. Die dynamischen gesellschaftlichen Entwicklungen und die Integration in die Globalisierung führen in einzelnen Ländern zu einer Legitimitätslücke für Regierungen, die die Erwartungen ihrer Bevölkerung nach staatlichen Versorgungs- und Dienstleistungen (u. a. Zugang zu Nahrung, Gesundheitsversorgung, Energie, Wasser, Bildung, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit) nicht erfüllen (können).

Starke Unterschiede zwischen Regionen und Ländern werden deutlicher und fordern eine immer differenziertere Wahrnehmung und einen differenzierten Einsatz der zur Verfügung stehenden Instrumente der Zusammenarbeit. Die 54 Staaten des afrikanischen Kontinents unterscheiden sich durch eigene Geschichte und Erfahrungen. Sub-Regionen entwickeln ihre Integrationsmechanismen mit unterschiedlichem Tempo und Schwerpunkten. Nordafrikas Stellung als Teil des Kontinents und zugleich angebunden an die nahöstliche Region erscheint nicht nur in unseren Augen ambivalent. Politisch und wirtschaftlich leistungsfähigere Staaten treten deutlicher hervor. Wirtschaftlicher Fortschritt koexistiert vielerorts neben unverminderter Armut und unzureichender Schaffung von Arbeitsplätzen.

Neue und alte internationale Partner engagieren sich zunehmend in Afrika, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Erfolgen, aber mit wachsendem Bewusstsein für die Breite der Potenziale und Chancen. Dabei zeigt sich gerade der auffälligste Akteur China, bekannt für Konzentration auf Rohstoffbezug, Nutzung von Agrarland und auf Absatzmärkte für die eigenen Produkte, zunehmend interessiert an längerfristigen Investitionen und dauerhaft stabilen Rahmenbedingungen. Auch Indien, die Türkei, Brasilien, Japan und die USA zeigen großes Interesse am afrikanischen Kontinent. Wir müssen unsere Kenntnis und das Verständnis der Afrika-Aktivitäten Dritter weiter verbessern. Wir haben ein strategisches Interesse daran, Glaubwürdigkeit und Einfluss Europas in Afrika fortzuentwickeln.

Afrikanische Länder, die Afrikanische Union und Regionalorganisationen werden immer bedeutendere Partner in der internationalen wirtschaftlichen und politischen Arena. Sie treten dort selbstbewusster, aber auch heterogener auf. Wir müssen sie verstärkt als unsere politischen Partner wahrnehmen und für gemeinsame Positionen und Aktivitäten gewinnen, nicht zuletzt im Hinblick auf ein globales Engagement. Die Afrikanische Union und ihre Mitgliedsstaaten übernehmen zunehmend Eigenverantwortung auf ihrem Kontinent, auch im Sicherheitsbereich, und sind bereit, negative Tendenzen offen zu benennen und anzugehen sowie Impulsgeber für Reformen zu sein. Die größeren afrikanischen Staaten zeigen als Ordnungsmächte Ambitionen, einschließlich der Forderung, im VN-Sicherheitsrat vertreten zu sein.

Zum Gesamtbild gehört auch, dass Krisen und Auswirkungen von Konflikten in Afrika (Flucht, organisierte Kriminalität, Proliferation, Terrorismus, Piraterie u. a. m.) Europa und Deutschland immer unmittelbarer treffen. Wachsende Verbindungen zum Maghreb verstärken Probleme subsaharischen Ursprungs. Instabilität löst Migrationsbewegungen aus, die wiederum Menschenhandel und soziale Unruhen befördern. Die innen- und sicherheitspolitische Kooperation

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mit Afrika liegt in unserem nationalen Interesse. Wir können in einer vernetzten und globalisierten Welt, in einem Europa ohne Grenzen, Sicherheit in Deutschland nur dann gewährleisten, wenn wir auch in anderen Regionen dazu beitragen, rechtsstaatliche Strukturen und funktionierende Sicherheitsbehörden aufzubauen.

Die afrikanischen Erwartungen an Deutschland sind gestiegen: Die Finanzkrise in Europa und ihr Management hat Deutschland auch in afrikanischen Augen zum zentralen Akteur in Europa gemacht. Von uns wird deshalb eine stärkere Rolle in den Beziehungen zu Afrika erwartet. Auch im Kreis der westlichen Partner blickt man mehr auf Deutschland und erwartet ein der Stellung und den Möglichkeiten angemessenes Engagement.

2. Unser Engagement in Afrika

Die Afrikanische Union (AU) und die afrikanischen Regionalorganisationen sowie die meisten afrikanischen Länder haben große Fortschritte bei der Bewältigung von Herausforderungen gemacht. Dies gilt insbesondere für die Ausgestaltung einer Friedens- und Sicherheitsarchitektur für den gesamten Kontinent. Der Fortschritt ist Ergebnis von Eigenverantwortung und der Entschlossenheit, sich der Probleme anzunehmen; mitentscheidend dafür war und ist aber auch internationale Unterstützung, vor allem durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten wie Deutschland sowie durch andere Mitglieder der Internationalen Gemeinschaft.

Gleichzeitig müssen wir besser auf Instabilität und Fragilität in Afrika vorbereitet sein. Angesichts der fortbestehenden Risiken und Herausforderungen und der trotz Fortschritten noch unzureichenden eigenen afrikanischen Kapazitäten und Ressourcen bleibt eine weitere Unterstützung durch die Internationale Gemeinschaft auch in absehbarer Zeit erforderlich. Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen. Dabei muss das politische, sicherheitspolitische und entwicklungspolitische Engagement Deutschlands in Afrika gezielt verstärkt, an die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst und auf die einzelnen Regionen und Länder besser zugeschnitten werden. Hierdurch soll eine Stärkung der afrikanischen Staaten erreicht werden, was auch unseren Vorstellungen und Interessen entspricht.

Vor diesem Hintergrund lassen sich Schwerpunkte für unser afrikapolitisches Engagement der nächsten Zeit identifizieren, mit denen wir positive Entwicklungen fördern und negativen Entwicklungen wirksam entgegentreten können. Dabei haben wir genauso die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft Afrikas als Partner im Blick wie die Regierungen und die regionalen Organisationen:
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Regionale Integration weiter stärken. Ziel ist es, politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern, Spannungen abzubauen, fragile Staaten in Verantwortungsgemeinschaften einzubinden, größere Märkte mit Freizügigkeit von Arbeit und Kapital zu schaffen, Handelshemmnisse abzubauen und die Staaten dadurch attraktiver für heimische wie für ausländische Investoren zu machen. Außerdem wollen wir Institutionen zur afrikanischen Kontrolle der Einhaltung von Standards bei guter Regierungsführung und Menschenrechten festigen. Dies wollen wir erreichen durch eine Intensivierung der Kooperation mit der AU und den Regionalorganisationen ECOWAS (Economic Community of

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West African States, Westafrika), EAC (East African Community, Ostafrika), mit Einbindung neuer Partner wie China und Indien), SADC (South Africa Development Community, südliches Afrika), IGAD (Intergovernmental Authority on Development, Horn von Afrika) und ECCAS (Economic Community of Central African States, Zentralafrika) sowie einer gezielten Unterstützung weiterer Organisationen wie der ICGLR (Internationale Konferenz der Großen Seen). Wir wollen die deutsche Afrikapolitik in der EU stärker und gezielter auf die Förderung der Regionalorganisationen ausrichten, u. a. durch Transfer von Integrationserfahrungen der Europäischen Union und Mobilisierung des Elften Europäischen Entwicklungsfonds. Diesem Ziel soll auch die Stärkung regionaler Mechanismen wie des East African Energy Networks dienen.
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Frieden und Sicherheit fördern, Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur (African Peace and Security Architecture, APSA) unterstützen. Ziel ist es, die tatsächliche und vollständige Übernahme afrikanischer Eigenverantwortung beim Konfliktmanagement durch gezielte Unterstützung auf dem Gebiet der Ausbildung, Beratung und Ausrüstung von Streit- und Sicherheitskräften zu ermöglichen und die afrikanischen Partner darin zu unterstützen, hierfür wie in den Bereichen Konfliktprävention und zivile Konfliktlösung Kapazitäten aufzubauen. Wir wollen dazu beitragen, dass die afrikanischen Partner die eigenen Antworten auf jüngste Herausforderungen für die APSA in Krisen umsetzen: Verbesserung der afrikanischen Kapazitäten für schnelle Einsätze ("African Standby Force") und Friedensmissionen sowie Etablierung der maritimen Komponente der APSA z. B. im Golf von Guinea. Wir werden intensiv an der Entwicklung bzw. Fortschreibung von EU-Regionalstrategien (Golf von Guinea, Sahel, afrikanische Große Seen, Horn von Afrika) mitwirken und die EU-Ertüchtigungsinitiative ("Enable and Enhance Initiative", E2I) auf Bedürfnisse der APSA sowohl auf Ebene der AU wie der Regionalorganisationen ausrichten. Weiter wollen wir afrikanische Initiativen der Kleinwaffenkontrolle unterstützen.
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Fragilität abbauen, Konflikte und Gewalt reduzieren, Menschenrechtsverletzungen verhindern. Ziel ist es, Krisen rechtzeitig vorzubeugen, Staatszerfall entgegen zu wirken und negative Einflüsse auf die Nachbarregionen und auf Europa zu verhindern. Wir werden die Zusammenarbeit mit fragilen Staaten ausbauen und insbesondere die Zukunftsperspektive von jungen Menschen adressieren (Einkommen, Beschäftigung, Bildung). Präventiv und nach Konflikten werden wir uns verstärkt für Sicherheitssektorreformen und Rechtsstaatsaufbau einsetzen. In Postkonfliktländern werden wir unser Engagement für die Reintegration von Flüchtlingen und internen Vertriebenen sowie für den wirtschaftlichen Wiederaufbau unter aktiver Mitwirkung von Frauen erhöhen. In fragilen Kontexten stimmen wir unser Handeln im Rahmen der Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik in einem vernetzten Ansatz ab. So wollen wir im Sahel/Mali unser Engagement im EU- und VN-Rahmen zur Sicherheitssektorreform und der Ausbildung von Sicherheitskräften vertiefen, den Versöhnungsprozess weiter aktiv unterstützen und in der Entwicklungszusammenarbeit den bestehenden landesweiten Schwerpunkt "Dezentralisierung und gute Regierungsführung" ausbauen, um über die Unterstützung der demokratisch legitimierten Gebietskörperschaften Versöhnungsprozesse auch im Norden Malis zu stärken. In der Region der afrikanischen Großen Seen wollen wir die Umsetzung des regionalen Rahmenabkommens u. a. mit Beiträgen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau und Bekämpfung struktureller Ursachen von Konflikten,

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zur Demobilisierung und Reintegration von Milizangehörigen, zur Sicherheitssektorreform und zur effektiven Eindämmung des Handels mit "Konfliktrohstoffen" unterstützen. In zehn Ländern soll ein Partnerschaftsprogramm für biologische Sicherheit und Gesundheitssicherstellung den qualifizierten Umgang mit lebensbedrohlichen Krankheiten und den Schutz vor Missbrauch von Erregern fördern.
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Armut und Hunger bekämpfen, Ernährung sichern, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie nachhaltige Urbanisierung fördern. Die Landwirtschaft ist ein Kernbereich für die Entwicklung der Volkswirtschaften in Afrika. Wir wollen mit konkreten Initiativen die Aktivitäten noch stärker auf die Unterstützung nachhaltiger Produktions- und Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft Afrikas ausrichten und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen schonen, mit besonderem Schwerpunkt auf die am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries, LDCs), Länder mit besonderem agrarischen Potenzial sowie Länder mit hoher Ernährungsunsicherheit. Dabei orientieren wir uns am panafrikanischen Agrarentwicklungsprogramm (Comprehensive Africa Agriculture Development Programme, CAADP) und wollen es weiter unterstützen. Besonderes Augenmerk verdienen Kleinbauern sowie Familienbetriebe, die sich zunehmend in den Markt integrieren und zur Ernährungssicherung für sich und ihre Regionen beitragen. Dafür brauchen sie einen gesicherten Zugang zu Land und Wasser, einen ausreichenden Zugang zu Produktionsmitteln und insbesondere Krediten, Zugang zu Märkten, Beratung und v. a. Zugang zu angepassten Innovationen und Technologien (inklusive angepassten Mechanisierungsmöglichkeiten). Eine besondere Bedeutung kommt auch dem Aufbau von Wertschöpfungsketten (Verarbeitung und Vermarktung) sowie der Unterstützung überbetrieblicher Kooperationen zu. Die deutsche Wirtschaft soll mit eigenen Beiträgen in diesen Prozess eingebunden werden. Im Rahmen der Sonderinitiative "Eine Welt ohne Hunger" werden wir u. a. mit der deutschen Agrarwirtschaft zehn Innovationszentren zum Aufbau agrarischer Wertschöpfungsketten entwickeln. Die Bundesregierung unterstützt die Umsetzung der in den VN vereinbarten freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Land, Fischerei und Wäldern und die Erarbeitung von freiwilligen VN-Leitlinien für verantwortungsvolle Investitionen im Rahmen des Ausschusses für Welternährungssicherung (Committee on World Food Security, CFS). Im Rahmen der EU-Afrika-Partnerschaft planen wir einen gemeinsamen Aktionsplan zur Forschung in der Landwirtschaft und Ernährungssicherung.
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Rechtsstaatliche Strukturen und gute Regierungsführung fördern, Korruption bekämpfen. Ziel ist es, Rahmenbedingungen zur Schaffung von effektiver Staatlichkeit, offener Gesellschaft und wirtschaftlicher Weiterentwicklung zu festigen. Insbesondere setzen wir uns für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Akteure in den Staaten Afrikas ein. Dies dient auch der Verbesserung einer noch unzureichenden Menschenrechtslage in zahlreichen Ländern. Eine Konzentration auf Rechtsstaatsförderung ist ein wirksamer Ansatzpunkt, da für die Etablierung eines Rechtsstaats hohe Interessensübereinstimmung mit der Wirtschaft und der Gesellschaft in den betreffenden Ländern bestehen. Eine an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichtete, funktionierende Sicherheitsarchitektur, die das Vertrauen und die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Gewährleistung von Sicherheit erfüllt, ist ein tragendes Fundament jedes Staates. Das deutsche Rechtssystem und die deutsche Polizei gelten bei afrikanischen Partnern als

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leistungsfähig und vorbildlich, deutsche Expertise ist deshalb willkommen. Die Stärkung von rechtsstaatlichen Strukturen wird auch durch Journalistenaus- und -fortbildung gefördert. Die Bundesregierung unterstützt dies durch verschiedene Programme. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist ein übergeordnetes Querschnittsziel unserer Zusammenarbeit, dabei gilt es besonders, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und ihre Rolle als Akteurinnen im Entwicklungsprozess zu fördern sowie den Schutz von Frauen in Konflikten zu stärken.
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Rechte und sozialen Schutz der Menschen verwirklichen, nachhaltige Beschäftigungspolitik fördern. Die Wahrung der Menschenrechte bleibt für die Bundesregierung ein universelles Anliegen. Wir werden weiterhin afrikanische - staatliche, zivilgesellschaftliche und regionale - Initiativen zur Festigung und Umsetzung der Menschenrechte unterstützen. Darüber hinaus wollen wir in besonderer Weise den Schutz von Menschen in den Bereichen Gesundheit, Arbeit und Soziales fördern. Ein Ziel ist eine bedarfsgerechte, fair finanzierte und allen Bevölkerungsgruppen zugängliche umfassende Gesundheitsversorgung; unser Engagement gilt insbesondere der Entwicklung nationaler Gesundheitssysteme, der Gesundheitsfinanzierung, sexueller und reproduktiver Gesundheit einschließlich HIV/AIDS-Prävention sowie der Fachkräfteaus- und -weiterbildung. Zur Förderung nachhaltiger Beschäftigungs- und Sozialpolitik leisten wir Beratung bei der Entwicklung eigener, auf das jeweilige Land zugeschnittener Ansätze, so zur Umsetzung und Anwendung des "Global Jobs Pact" der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der ILO-Kernarbeitsnormen sowie zum Aufbau sozialer Basisschutzsysteme ("Social Protection Floor Initiative" der Vereinten Nationen). Eine verbesserte biomedizinische Forschung ist ein wichtiges Element zur nachhaltigen Stärkung der Gesundheitssysteme in Afrika. Wir wollen daher "Forschungsnetze für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika" einrichten, um die Zusammenarbeit in der Gesundheitsforschung nachhaltig zu stärken. Schwerpunkte liegen dabei in der Umsetzung vorhandener und neuer Forschungsergebnisse und der öffentlichen Gesundheit.
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Fluchtursachen reduzieren und Flüchtlinge besser schützen, Migrationspolitik präventiv und entwicklungsorientiert gestalten und Missbrauch verhindern. Ziel ist es, gegen die Ursachen von unfreiwilliger und irregulärer Migration und gegen die Folgen für die Betroffenen gezielt vorzugehen sowie das regionale und transkontinentale Migrationsgeschehen und die reguläre Migration besser zu steuern. Hierzu wollen wir durch Maßnahmen beitragen, die die Sicherheit und Versorgung der Menschen in Herkunftsländern verbessern und Lebensperspektiven durch Beschäftigung und Einkommensmöglichkeiten für die Menschen vor Ort schaffen. Wir wollen Menschenhandel bekämpfen und Menschenrechts- und Flüchtlingsschutz durch wirtschaftliche Integration von Flüchtlingen in wichtigen Transitländern stärken. Wir wollen gemeinsam mit EU-Partnern den Gesamtansatz Migration und Mobilität als zukunftsweisenden Ansatz zur Kooperation bei der Migrationspolitik von EU und Afrika stärken. Insbesondere im Rahmen von Mobilitätspartnerschaften und vergleichbaren Instrumenten bieten wir kooperationsbereiten Partnern Unterstützung beim legislativen und administrativen Kapazitätsaufbau für Migrationsmanagement und Flüchtlingsschutz im Rahmen rechtsstaatlicher Strukturen an. Im Gegenzug erwarten wir Kooperationsbereitschaft bei gemeinsamen Maßnahmen gegen irreguläre Migration und zur Rückübernahme und Reintegration. Migrationsfragen sollen stärker und konkreter in der entwicklungspolitischen

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Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas verankert werden. Die Chancen geregelter und legaler Mobilität - z. B. in Form von Geld- und Wissenstransfers - wollen wir für Entwicklungsprozesse nutzen.
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Die Länder Nordafrikas, flankierend zu den Transformationspartnerschaften für die arabischen Umbruchländer, gezielt unterstützen. Dies wollen wir erreichen durch Schaffung eines sicheren und stabilen regionalen Umfelds sowie im Rahmen einer Stabilitäts- und Entwicklungsinitiative Nordafrika und Nahost. Wir werden unsere Zusammenarbeit speziell auf junge Menschen ausrichten, um ihnen positive Zukunftsperspektiven zu eröffnen, um sozialen Sprengstoff zu mindern und Terrorismus den Nährboden zu entziehen. Maßnahmen, die junge Frauen und Männer in Beschäftigung bringen, werden unser Schwerpunkt sein. Demokratie, Menschenrechte, Gleichstellung von Frauen und Männern, Rechtsstaatlichkeit, einschließlich Aufbau der Sicherheitsbehörden, und gute Regierungsführung sollen über die Einrichtung spezieller Fonds gezielt und flexibel gefördert werden. Da auf dem Bildungssektor als elementarer Voraussetzung der Demokratisierung ein weiterer Schwerpunkt liegt, werden wir unsere Bildungs-, Kultur- und Medieninitiative fortführen und weiterhin umfangreiche Bildungs-/Wissenschaftspartnerschaften und Stipendienprogramme fördern und Journalisten aus- und fortbilden.
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Rohstoffe als Instrument für Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich nutzen, natürliche Lebensgrundlagen erhalten. Dazu werden wir unser Engagement zum Erhalt von Biodiversität, zum Schutz und Management natürlicher Ressourcen sowie zu deren nachhaltiger Bewirtschaftung intensivieren. Wir streben an: erhöhte Transparenz, faire Rohstoffverträge, die Einhaltung von Umwelt-, Gesundheits-und Sozialstandards, eine stärkere Weiterverarbeitung und höhere öffentliche Einnahmen in afrikanischen Ländern. Durch die Förderung von Zertifizierung wollen wir die Eindämmung des illegalen Handels mit Rohstoffen gezielt unterstützen. So können wir die Gefahr von Rohstoffkonflikten und Verteilungskämpfen reduzieren und Vorsorge für das Ende des Rohstoffabbaus treffen. Zugleich werden wir uns dafür einsetzen, dass die öffentlichen Einnahmen aus dem Bergbau und anderen wichtigen Grundstoffindustrien für entwicklungsrelevante öffentliche Aufgaben genutzt werden. Vertrauensvolle Kooperation im Rohstoffbereich erhöht dabei die Versorgungssicherheit für die deutsche Wirtschaft. Dies sollte u. a. durch eine führende Rolle bei der G7/G8-Initiative zur Beratung bei Rohstoffverträgen geschehen, durch Förderung von Transparenzinitiativen (Implementierung und Verbreitung des Standards der Extractive Industries Transparency Initiative, EITI) und durch Initiativen der regionalen Rohstoffzertifizierung.
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Wirtschaftliches Wachstum, Handel und Investitionen unterstützen. Ziel ist es, durch höhere Wertschöpfung in afrikanischen Ländern mehr Beschäftigung zu schaffen und ein nachhaltigeres Wirtschaftswachstum zu erzielen; dadurch sollen einseitige Abhängigkeiten, z. B. von Rohstoffen, abgebaut und die eigene Versorgung, Wirtschafts- und Qualitätsinfrastruktur sowie wettbewerbsfähige Wirtschaftssektoren aufgebaut werden. Dabei kommt der Förderung von Existenzgründern, kleinen und mittleren Unternehmen mit Innovationspotenzial, Finanzierungsmöglichkeiten für Kleinstunternehmer und der gezielten

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Förderung von Frauen eine besondere Bedeutung zu. Im Bereich des Handels müssen wir insbesondere dafür Sorge tragen, dass die von der Europäischen Kommission verhandelten Wirtschafts- und Handelsabkommen erfolgreich abgeschlossen werden, dies gilt für die laufenden Verhandlungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) wie auch für Handelsabkommen mit den südlichen Mittelmeerländern. Diese zielen auf einen positiven Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung und regionaler Integration in den Partnerländern ab. Wichtig dabei sind breit aufgestellte Unterstützungsmaßnahmen zum Aufbau lokaler afrikanischer Kapazitäten, größtmögliche Flexibilität beim Marktzugang zur EU und vorsichtige Marktöffnung auf afrikanischer Seite unter Wahrung der WTO-Konformität, eine starke Verankerung von Sozial- und Umweltstandards und Flankierung afrikanischer Bemühungen um eine stärkere regionale Wirtschaftsintegration mit dem Ziel einer afrikanischen Freihandelszone. Für die Steigerung der Attraktivität von Investitionen in Afrika und die Steigerung des Wertschöpfungsanteils kommt zudem der Unterstützung der afrikanischen Staaten bei der Umsetzung des Abkommens der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) zu Handelserleichterungen große Bedeutung zu. Einen besonderen Beitrag wollen wir durch weitere Stärkung der arbeitsmarktorientierten beruflichen Bildung in Afrika leisten, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen. Auch wollen wir Staaten bei der Bereitstellung elementarer Versorgungs- und Dienstleistungen (z. B. durch erneuerbare und dezentrale Energietechnologien) unterstützen. Auf politischer Ebene initiierte Energiepartnerschaften wie mit Südafrika, Marokko und Tunesien oder direkt durch Unternehmen angestoßene Energiepartnerschaften wie mit Nigeria können Modelle für die weitere Zusammenarbeit sein. Durch sie leistet Deutschland Unterstützung bei der Bewältigung energiepolitischer Herausforderungen sowie beim Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung in den Partnerländern und fördert gleichzeitig Kooperationen auf Unternehmensebene. Mit ostafrikanischen Inselstaaten des Indischen Ozeans können wir beim Aufbau einer nachhaltigen maritimen Wirtschaft ("blue economy") zusammenarbeiten.
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Potenzial der afrikanischen Märkte für die deutsche Wirtschaft erschließen. Deutsche Unternehmen sind mit ihrem meist langfristig angelegten Geschäftsmodell gute Partner für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, auch weil sie einen Beitrag zur Ausbildung von Fachkräften leisten und hohe Maßstäbe bei der gesellschaftlichen Verantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) setzen. Ziel ist es, in den afrikanischen Partnerländern auf eine Verbesserung des regulatorischen Rahmens und des Investitionsklimas insgesamt hinzuwirken, im Interesse der lokalen Bevölkerung sowie der Investitionsmöglichkeiten auch deutscher, v. a. kleiner und mittelständischer Unternehmen. Gleichzeitig gilt es, die Instrumente unserer Außenwirtschaftsförderung noch effizienter zu nutzen, dazu sollte auch eine schrittweise Ausweitung der Deckungsmöglichkeiten für entschuldete afrikanische Staaten geprüft werden, die zu den "Heavily Indebted Poor Countries" (HIPC) zählen. Wirkungen der Maßnahmen von Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung wollen wir in Afrika durch bessere Vernetzung wechselseitig erhöhen.
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Bildung auf allen Ebenen ermöglichen, Zusammenarbeit bei Wissenschaft und Forschung intensivieren. Bildung ist der Schlüssel für eine bessere und selbstbestimmte Zukunft. Bildung in der Breite - nicht nur für Eliten - bekämpft entwicklungshemmende Umstände wie Korruption und ungleiche Wohlstandsverteilung. Ziel ist ein universeller Zugang zu qualitativ

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hochwertiger, relevanter Bildung in allen Bildungsbereichen, gerade auch für marginalisierte Gruppen. Wir werden einen Schwerpunkt auf die Stärkung der Grundbildung sowie auf den Auf- und Ausbau arbeitsmarktorientierter beruflicher Bildungs- und Qualifizierungssysteme setzen, einschließlich der landwirtschaftlichen Berufsbildung. Hierzu wollen wir u. a. neue Ausbildungspartnerschaften mit der deutschen Wirtschaft entwickeln. Im Hochschulbereich steht die Förderung begabter junger Menschen sowie vielversprechender Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler im Vordergrund. Die AU werden wir dabei unterstützen, die Pan-Afrikanische Universität im Bereich Wasser, Energie und Klimawandel als eine Exzellenzuniversität mit einer engen deutsch-afrikanischen Hochschul- und Forschungskooperation aufzubauen. In der Forschungszusammenarbeit hat es in den letzten Jahren einen Paradigmenwechsel gegeben. Ziel ist es weiterhin, den Aufbau von leistungsfähigen Wissenschaftsstandorten und Forschungszentren in afrikanischen Ländern zu unterstützen. Hier stehen vor allem aber die gemeinsamen Forschungsziele im Mittelpunkt - viele davon tragen zur Bewältigung globaler Herausforderung bei. Die Unterstützung des Kapazitätsausbaus in afrikanischen Ländern ist dabei ein - wenn auch zentrales - Begleitelement. Im Interesse der Nachhaltigkeit ist für uns ein Eigenbeitrag der Kooperationspartner von großer Bedeutung. Zudem wollen wir unseren Forschungseinrichtungen die Möglichkeit eröffnen, mit den weltweit Besten zu k