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Beitrag vom 06.05.2011

Neue Osnabrücker Zeitung

Töpfer beim Osnabrücker Friedensgespräch: Afrika leidet unter Fluch der Ressourcen

Osnabrück. Für viele Länder sind Gold, Wälder und Öl ein Segen. Für afrikanische Staaten können diese Rohstoffe auch schnell zum Fluch werden. Das erläuterte der Umweltexperte Klaus Töpfer während des Friedensgespräches in der Schlossaula. Gemeinsam mit Neville Alexander, einem Mithäftling von Nelson Mandela, diskutierte er über das Thema "Afrika - Neue Wege zu nachhaltigem Wohlstand, Frieden und Demokratie?".

Töpfer erörterte die Nachteile der vielen Ressourcen Afrikas wie Gold, Wälder und Öl. Ressourcenreiche Länder seien durch Macht- und Verteilungskämpfe häufig von Gewalt geprägt, nicht zuletzt bedingt durch Interessen der Industrienationen. Darüber hinaus gehe es ressourcenarmen Ländern häufig besser als ressourcenreichen, denn der Wohlstand der westlichen Welt geht auch auf Kosten Afrikas, das lange als "Hinterhof der Europäer" galt. "Das ist keine Anklage, sondern eine Analyse", betonte Töpfer.

Die Armut vieler afrikanischer Länder resultiert ihm zufolge häufig daraus, dass die Wertschöpfung der Ressourcen in anderen Ländern stattfindet. So wird beispielsweise Kaffee als Rohstoff nach Europa exportiert, dort weiterverarbeitet und gehandelt. Teile werden zurück ins Ursprungsland exportiert. In derartigen Handelsketten winken lohnende Gewinnmargen für Importeure, Veredler, Groß- und Einzelhändler, Exporteure - nur der Kaffeebauer verdient kaum an seinem Produkt. So nützen die vielen Ressourcen Afrika kaum, sondern schaden eher noch. Töpfer sprach in diesem Zusammenhang vom "Ressourcen-Fluch".

Neville Alexander betonte in seinem Vortrag, dass es keine Patentlösung für die Probleme Afrikas gibt. Afrika habe keine homogene Identität. Er forderte, dass Afrika sich nicht nur wirtschaftlich entwickeln muss, sondern auch und insbesondere gesellschaftlich. Alle postkolonialen Regierungen hätten bisher versagt: Regierungen und Eliten vertreten seit Ende der Kolonialzeit lediglich eigene statt nationale Interessen. Auch Jacob Zuma, Präsident Südafrikas, befinde sich anscheinend auf diesem Wege. Ferner sind die Führungseliten lediglich Marionetten westlicher Konzerne. Weltweit agierende Organisationen wie die Welthandelsorganisation (WTO) oder UNO müssten ihre Arbeit daher mehr auf die Bedürfnisse Afrikas ausrichten.
Alexander machte darüber hinaus die Kolonialisierung als eine Hauptursache der Rückständigkeit Afrikas aus, die noch heute stark nachwirke: Die Bildungssysteme der Staaten sind weitgehend fremdsprachlich. Davon profitieren vorrangig die Mittelklasse und Eliten. "Die eigene Muttersprache ist nichts wert", so der Sprachwissenschaftler. Um künftig alle Afrikaner zu Weltbürgern zu machen, forderte Alexander bilinguale Bildungssysteme in allen Staaten Afrikas für sämtliche Bevölkerungsschichten.

Neville Alexander kämpfte in den 1950er-Jahren an der Seite Nelson Mandelas gegen die Rassentrennung und Apartheid und saß dafür eine lange Gefängnisstrafe ab. Zuvor, im Jahr 1961, wurde er in Tübingen promoviert. Derzeit ist Alexander Inhaber der Gastprofessur "Frieden und globale Gerechtigkeit" an der Universität Osnabrück.

Klaus Töpfer war von 1998 bis 2006 als Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi tätig und leitet heute das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam - ein Forschungsinstitut, das sich mit den Themen Klimawandel und nachhaltige Ökonomie beschäftigt.