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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 01.04.2011

FAZ
An Afrika gescheitert

Madonnas Mädchenschule in Malawi wird nun doch nicht gebaut. Nur eineinhalb Jahre nach dem Spatenstich muss sie das Projekt aufgrund von Managementfehlern abbrechen. Ihr Scheitern bestätigt manche Zweifel am angeblich gut gemeinten Engagement von Prominenten.

Von Claudia Bröll, Johannesburg

Eineinhalb Jahre sind seit dem ersten Spatenstich in Chinkhota vergangen. Damals kamen Horden von Kamerateams und Fotografen in das malawische Dorf, in dem Madonna eine Schule für Mädchen bauen wollte. Im Blitzlichtgewitter sagte der amerikanische Popstar Sätze wie: "Ich habe Bildung immer für selbstverständlich gehalten, bis mich die Realität in Malawi eines Besseren belehrt hat." Innerhalb von zwei Jahren sollte die Schule fertig sein. 15 Millionen Dollar sollte sie kosten, und 450 Mädchen sollten von dort jedes Jahr den Sprung in eine bessere Zukunft schaffen.

Jetzt aber ist der Traum der zu einer Philanthropin gewandelten Musikerin geplatzt. In dieser Woche erklärte Madonna das Schulprojekt für beendet, wegen Geldverschwendung und grober Managementfehler. Als die Presse nach dem Spatenstich abgereist war, passierte offensichtlich nicht mehr viel auf der Baustelle in Chinkhota, das etwa 40 Kilometer nördlich der malawischen Hauptstadt Lilongwe liegt. 3,8 Millionen Dollar von Madonnas Stiftung "Raising Malawi" flossen nach Angaben von Wirtschaftsprüfern in Architektenhonorare, üppige Gehälter, Autos und Chauffeure für künftige Angestellte, Büroräume, mietfreie Wohnungen und eine Golfclubmitgliedschaft für die angehende Schuldirektorin. Der Projektleiter, ein Lebensgefährte von Madonnas früherer Fitnesstrainerin, wurde schon im Oktober entlassen. Jetzt folgte der Rest des Führungsteams von "Raising Malawi", unter ihnen auch die von Madonna angeblich selbst ausgewählte Direktorin. Die Sängerin will künftig die Geschicke der Organisation gemeinsam mit ihrem Manager selbst in die Hand nehmen. Die Schule aber wird es wohl nie geben.

Gut gemeint, schlecht gemacht
Das ärgert in Malawi nicht nur die Dorfbewohner, die wegen des Projekts ihre Häuser verlassen mussten. Nicht vergessen ist auch der Wirbel, den Madonna vor einigen Jahren mit der Adoption der malawischen Kinder David und Mercy ausgelöst hatte. Damals hatte man ihr vorgeworfen, ihr Vermögen und ihre Bekanntheit zu nutzen, um die Adoptionsgesetze in dem Land zu umgehen. Der Skandal um die nicht gebaute Schule bestätigt außerdem Entwicklungsökonomen, die seit langem das angeblich gut gemeinte, aber oft dilettantische Engagement von Prominenten in Entwicklungsländern kritisieren. Madonna wollte den Berichten nach elf Millionen Dollar aus ihrem Privatvermögen in die Schule investieren. Zudem gewann sie Donald Trump, Tom Cruise und Gwyneth Paltrow als Spender. Der Chef der Beratungsgesellschaft "Global Philanthropy Group", die Madonna mittlerweile um Rat gebeten hat, sagte in einem Interview, dass er von Anfang an skeptisch gewesen sei. Statt eine eigene Schule zu bauen, hätte Madonna lieber bestehende Bildungsprogramme der Regierung oder erfahrene Organisationen unterstützen sollen. Andere Fachleute aber sehen auch in diesen Fällen den Erfolg eines Hilfsprojekts in Afrika keinesfalls garantiert. Madonna hatte sich von der bekannten Mädchenschule von Fernsehmoderatorin Oprah Winfrey in Südafrika inspirieren lassen, die aber ebenfalls von Anfang mit schlechten Nachrichten zu kämpfen hatte, zuletzt wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs von Schülerinnen durch eine Angestellte der Schule.

Auch wenn der Skandal um Madonnas Schule womöglich weitere Kreise zieht, will sich die Millionärin von den guten Taten nicht abbringen lassen. Mehrere frühere Beschäftigte von "Raising Malawi" haben Klagen wegen ihrer Kündigungen und nicht bezahlter Abfindungen eingereicht. Sie sei enttäuscht wegen der fehlenden Fortschritte, gab die 52 Jahre alte Amerikanerin zu. Mit ihrer Stiftung wolle sie aber trotzdem weiterhin versuchen, die "echte Bildungskrise in Malawi" zu lindern. "65 Prozent der Mädchen in Malawi gehen nicht auf eine weiterführende Schule. Das kann man nicht einfach hinnehmen. Unser Team wird weiter hart mit allen Mitteln an diesem Problem arbeiten."