Aller au contenu principal
Pour une autre politique de développement!

Beitrag vom 23.08.2021

Rebecca Hillauer, reisende Reporterin

Muhammad Ali, die Mauren und der muslimische Sklavenhandel

Zum Welttag der Abschaffung des Sklavenhandels am 23. August: In Afrika handelten auch Afrikaner und Araber mit Menschen.

Der Boxer Cassius Clay (1942-2016) konvertierte 1964, zu Zeiten der „Rassentrennung“ in den Südstaaten der USA, zum Islam und nannte sich fortan Muhammad Ali. „Clay“ sei ein „weißer“ Name und der eines Sklaven, sagte der damals 22-Jährige zur Begründung.

Ob Muhammad Ali je wusste, dass es in Afrika einen muslimischen Sklavenhandel gegeben hatte? Der zudem länger währte und mehr Tote forderte als der transatlantische Sklavenhandel, mit dem seine eigenen Vorfahren nach Amerika gekommen waren. Wäre Cassius Clay mit diesem Wissen Muslim geworden oder geblieben?

Meine zwei Radiofeature von Anfang 2021 beleuchten die politischen, sozialen und theologischen Aspekte jenes Kapitels der Geschichte. Zudem habe ich in der Literatur ein berührendes Zeugnis gefunden:

Der Pilot und Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry („Der kleine Prinz“) beschreibt in seinem 1939 erschienenen Buch „Wind, Sand und Sterne“, wie er bei Zwischenlandungen in der libyschen Wüste den Sklaven von Mauren begegnete. Als „Mauren“ gelten all jene in Nordafrika – teilweise als Nomaden – lebenden Berberbstämme, die vom 7. bis 10. Jahrhundert von Arabern islamisiert wurden. Etwa die Tuareg. Als Saint-Exupéry seine Beobachtungen machte, war der Sklavenhandel bereits seit einem halben Jahrhundert völkerrechtlich geächtet, doch in der Wüste im Sahel nach wie vor lebendig.

Alle Sklaven heißen Bark; also hieß auch er Bark. Trotz vierjähriger Gefangenschaft hatte er sich noch nicht mit seinem Schicksal abgefunden. (…) In Marrakesch, wo seine Frau und seine drei Kinder wohl immer noch lebten, hatte er einen wundervollen Beruf ausgeübt: „Ich war Viehtreiber, und ich hieß Mohammed!“ (…)

Eines Tages hatten sich Araber an ihn gewandt: „Komm mit uns in den Süden zum Viehtreiben.“ Sie waren lange mit ihm marschiert, und nach drei Tagen führten sie ihn im Gebirge unweit der aufständischen Gebiete in einen Hohlweg, legten ihm dort einfach die Hand auf die Schulter, tauften ihn Bark und verkauften ihn.

Ich kannte andere Sklaven. Ich ging ja täglich zum Tee in die Zelte. (…) Zuweilen hockt sich der schwarze Sklave vor die Tür und genießt den Abendwind. Erinnerungen steigen in dem schweren Gefangenenkörper keine mehr auf. Kaum erinnert er sich an die Stunde seiner Entführung, an diese Schläge, diese Schreie, diese Männerarme, die in hineingestoßen haben in seine jetzige Umnachtung. (…)

Eines Tages wird man ihn dennoch freilassen. Wenn er alt ist und Nahrung und Kleidung nicht mehr wert, gewährt man ihm eine maßlose Freiheit. Drei Tage lang bietet er sich vergeblich von Zelt zu Zelt an, täglich wird er schwächer, gegen Ende des dritten Tages legt er sich, noch immer hingebungsvoll, in den Sand. So habe ich sie in Juby gesehen, nackt sterbend. Bei ihrem langen Todeskampf sahen die Mauren zu, gleichgültig, aber ohne Grausamkeit, und die Kinder der Mauren spielten neben dem finsteren Wrack und kamen jeden Morgen angerannt, um im Spiel nachzusehen, ob er sich noch bewegte, aber ohne den alten Knecht auszulachen. So war man nun mal die natürliche Ordnung. (…)

Bark, der schwarze Gefangene, war der erste, den ich kennenlernte, der Widerstand leistete. Bark richtete sich nicht in der Knechtschaft ein wie so mancher, des Wartens müde, sich in einem mittelmäßigen Glück einrichtet. (…) Er bewahrte für den abwesenden Mohammed das Haus auf, das dieser in seiner Brust bewohnt hatte. (…)

Ich hatte ja versucht, ihn loszukaufen, unterstützt von den Mechanikern der Flugstation, aber die Mauren trafen ja nicht alle Tage auf Europäer, die einen Sklaven wollten. Sie nutzten das aus.

„Kostet 20.000 Francs.“
„Willst du uns veräppeln?“
„Sieh dir die kräftigen Arme an, die er hat…“

Und so vergingen Monate.

Endlich verringerten sich die Forderungen der Mauren, und mit Hilfe von Freunden in Frankreich, denen ich geschrieben hatte, sah ich mich in der Lage, den alten Bark freizukaufen.

Und wir winkten unserem fünfzigjährigen Neugeborenen zum Abschied zu, ein wenig in Sorge, ihn den Schritt in die Welt wagen zu lassen.

„Leb wohl, Bark!“
„Nein.“
„Wieso nein?“
„Nein. Ich bin Mohammed ben Lhaoussin.“