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Beitrag vom 01.03.2017

ARD

"Milliarden gegen Migration" Neuanfang in der alten Heimat

Menschen, die es in Europa nicht geschafft haben, will die EU den Weg in die Heimat erleichtern. In Spanien organisiert das die Internationale Organisation für Migration. Davon profitieren besonders viele Senegalesen: Viele kamen vor rund zehn Jahren mit dem Boot auf die Kanarischen Inseln - und wollen heute wieder nach Hause. Unser Korrespondent hat Senegalesen getroffen, die wieder in die Heimat wollen - und einige, die schon zurückgekehrt sind.

Von Marc Dugge, ARD-Studio Madrid

"Ich habe keinen Zweifel. Ich will gehen. Keinen Zweifel." Mamadou wiederholt die beiden Worte viermal: "Keinen Zweifel". Um auch den letzten Zweifel auszuräumen.
Mamadou will nach Hause. Vor gut sieben Jahren sei er mit einem Touristenvisum nach Spanien gekommen, erzählt er. Er entschied sich, zu bleiben. Mamadou schlug sich als Straßenhändler in Madrid durch - wie so viele andere Senegalesen hier. Ein hartes Leben. Jetzt soll damit Schluss sein: "Ich bin zu alt dafür, schließlich bin ich schon 40", sagt er. "Ich habe hier keine Perspektiven mehr. Mir fehlt meine Familie. Deswegen will ich zurück."
Mit 40 gehört Mamadou unter den Straßenhändlern in Spanien zu den Senioren. Im Senegal, glaubt er, ist er noch jung genug, sich ein neues Leben aufzubauen. Mamadou will seine Hühnerfarm wieder aufmachen. Den Hof, den er damals schloss, um nach Spanien zu gehen.

IOM schult Rückkehrer für den Neuanfang

Mamadou hofft nun auf die Hilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM). In deren Zweigstelle in Madrid belegt er derzeit einen Kurs für Rückkehrer. In 20 Stunden soll er das Nötigste lernen - für den Neuanfang. "Wir sprechen darüber, was ein Unternehmer ist", sagt Georgina Lara von der IOM in Madrid. "Wir sprechen über monatliche Ausgaben und Einnahmen, über den Umgang mit Kunden."

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Auch an welchem Ort man am besten sein Geschäft aufmache, stehe auf dem Lehrplan, sagt Lara. "Und wir erklären, was ein Businessplan ist und wie man gut mit seinem Erspartem umgeht." Einen Businessplan zu erstellen - für viele der Senegalesen in dem Kurs ist das eine Herausforderung. Die Teilnehmer haben oft kaum Schulbildung. Viele sprechen kein Spanisch, manche sind Analphabeten.

Die EU zahlt das Flugticket - und eine Starthilfe

Sie erhalten nicht nur theoretische, sondern auch praktische Hilfe: Die IOM zahlt den Rückkehrern das Flugticket in die Heimat und eine Starthilfe von 450 Euro. Außerdem gibt es bis zu 3000 Euro Unterstützung, wenn sich die Migranten dazu entschließen sollten, ein eigenes, kleines Unternehmen zu gründen.

Finanziert wird das alles vom spanischen Arbeitsministerium - mit EU-Geldern. Seit vier Jahren begleitet die IOM Senegalesen in ihre Heimat. Allein im vergangenen Jahr waren es etwa 200.
Einer der Rückkehrer ist Ibrahima Sarr. Hinter seiner Theke stapeln sich Konservendosen in Regalen, Kartoffeln und Zwiebeln türmen sich in Holzkisten. Sarr besitzt einen kleinen Gemischtwarenladen in einem Markt in Dakar. Trainer der IOM halfen ihm, sein Geschäft auf die Beine zu stellen: Mit vielen Ratschlägen und auch mit etwas Geld. "Sie haben mir zum Beispiel gezeigt, wie man einen Businessplan erstellt", berichtet Sarr.

"Ich bin ja Neuling in dem Metier, hier sind viele alteingesessene Händler", sagt Sarr. Er habe sich dazu entschieden, seine Waren direkt bei den Produzenten im Inland zu kaufen. "Dafür bin ich viel unterwegs - aber weil ich ohne Zwischenhändler auskomme, kann ich meine Produkte billiger verkaufen", sagt Sarr. "Die Geschäfte gehen immer besser. Am Anfang war ich noch allein, jetzt habe ich schon einen Mitarbeiter."

Der Traum: Aus Spanien Geld nach Hause schicken

Stolz zeigt Ibrahima Sarr auf die Urkunde der IOM, die in seinem Laden hängt. Die bescheinigt, dass Sarr er einen Kurs zur Unternehmensgründung absolviert hat. Ein Erfolgszeugnis, das aber auch ein Dokument des Scheiterns ist.

Neun Jahre hat Sarr in Frankreich und in Spanien versucht, über die Runden zu kommen. Er hat versucht, zu schaffen, was doch so viele andere vor ihm geschafft hatten: Eine Arbeit zu finden, die ihm erlaubt, Geld für die Familie nach Hause zu schicken. Für diesen Traum hatte er seinen Job als Glaser im Senegal aufgegeben. Doch die spanische Wirtschaftskrise machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

Die Rückkehr in die Heimat sei schwierig, sagt Salla Mbaye. Auch emotional schwierig. Mbaye betreut die Rückkehrer aus Spanien in Dakar. "Sie kommen freiwillig zurück aber wenn sie hier sind, sitzt der Schock noch tief", erklärt sie. "Ich verbringe viel Zeit damit, ihnen zu sagen: 'Sie sind nicht auf unbekanntem Terrain! Sie sind nach Hause zurückgekommen! Machen Sie sich an die Arbeit - Sie sind nicht gescheitert, das ist nur ein neuer Anfang!'"

Familien sind von den Rückkehrern enttäuscht

Das sagt sich so leicht. Der neue Anfang verläuft oft holprig - und nicht selten unter Tränen. Oft sind Familien enttäuscht, weil sie ihrem Sohn die Reise nach Europa finanziert haben. Eine Investition, die nicht aufgegangen ist. Und bei den Rückkehrern bleibt oft das Gefühl, wertvolle Jahre ihres Lebens verloren zu haben.

So geht es Saliou Fall, der nach seiner Rückkehr aus Spanien ebenfalls einen kleinen Laden aufgemacht hat. Früher hatte er einen Job als Gärtner bei der Stadtverwaltung von Dakar. "Alle erzählten mir damals davon, dass ich in Europa viel Geld verdienen könne - also machte ich mich auf den Weg", berichtet er. "Aber das stimmte nicht. Meine Bekannten, die im Senegal geblieben waren, verdienten mehr als ich, der ich als Verkäufer auf Fuerteventura arbeitete. Mein Bruder zum Beispiel besitzt heute zwei Häuser - ich kein einziges!" Saliou Fall schüttelt den Kopf. Er habe erst ins Ausland gehen, viel Geld in Schlepper investieren müssen, um zu merken, welche Möglichkeiten ihm sein eigenes Land bietet, sagt er heute.