Beitrag vom 03.03.2015
Neue Zürcher Zeitung
Simbabwe
Vor 35 Jahren
Mugabes erster Wahlsieg
Onur Ogul
Robert Mugabe errang 1980 bei den Wahlen in Simbabwe einen Erdrutschsieg. Als Hoffnungsträger führte er das Land in die Unabhängigkeit. Heute ist er 91 Jahre alt und ein selbstherrlicher Diktator.
Der NZZ-Auslandredaktor Christoph Mühlemann bezeichnete sie als «überwältigenden Wunsch nach Frieden»: die Wahl Robert Mugabes am 4. März 1980 zum ersten Ministerpräsidenten im heutigen Simbabwe. (Bericht und Kommentar in der NZZ vom 5. März 1980). Das Ergebnis der Wahl war eigentlich überraschend, da noch ein Jahr zuvor der Bischof Abel Muzorewa mit seinem United African National Council die Wahlen mit einer soliden Mehrheit gewonnen hatte. Aber um ein Wiederaufflammen des bereits mehr als zehn Jahre dauernden Guerillakrieges zu verhindern, sahen sich die Menschen gezwungen, einen der Guerillaführer zum Regierungschef zu wählen.
Kampf gegen das weisse Regime
Der Guerillakrieg in Simbabwe war ein Widerstandskampf schwarzer Gruppierungen gegen das weisse Regime. Dieses wurde vom Anführer des rechtsradikalen Rhodesian Front, Ian Smith, angeführt. Während das benachbarte Nordrhodesien (heute Sambia) und Njassaland (heute Malawi) 1964 von Grossbritannien in die Unabhängigkeit entlassen worden waren, weigerte sich Smith, der schwarzen Bevölkerung die Macht in Südrhodesien zu überlassen. Mit Unterstützung des südafrikanischen Apartheidregimes erklärte Smith 1965 einseitig die Unabhängigkeit von Grossbritannien und etablierte eine Regierung unter seiner Führung. Er gründete den Staat Rhodesien. Grossbritannien anerkannte die Unabhängigkeit nicht und erreichte, dass die Uno Wirtschaftssanktionen über das Land verhängte.
Ein Marxist wird Rebellenführer
Widerstandsgruppen der Schwarzen begannen sich zu radikalisieren. Das weisse Regime verfolgte deren Anführer, unter anderem auch Robert Mugabe . Als Sohn eines Dorfschreiners kam er 1924 im heutigen Simbabwe zur Welt. Seine älteren Brüder starben früh, und als er zehn Jahre alt war, verliess sein Vater die Familie, worauf der kleine Robert zum Familienoberhaupt wurde. Der wissbegierige Mugabe war ein Eigenbrötler und knüpfte kaum Kontakte zu anderen Kindern. Er wurde in einer jesuitischen Missionsschule zum Lehrer ausgebildet und studierte an der Universität Fort Harare in Südafrika. Über Fernstudien erlangte er weitere Universitätsabschlüsse und unterrichtete bald in Ghana, wo er sich dem Marxismus zuwandte. Nach seiner Rückkehr fand er ein Rhodesien vor, in dem viele Schwarzen von der Regierung Smiths umgesiedelt und unterdrückt wurden.
1960 wurde Mugabe Generalsekretär der nationalistischen National Democratic Party, der Vorgängerin der späteren Rebellengruppe Zimbabwe African People's Union (Zapu), die sich für die Herrschaft der Schwarzen im Land einsetzte. Drei Jahre später sollte sich Mugabe wegen Uneinigkeiten mit dem Anführer der Zapu mit einer eigenen Organisation abspalten. Er gründete die Zimbabwe African National Union (Zanu) und verfolgte das Ziel der Unabhängigkeit radikal. 1964 wurde er wegen seiner aufwieglerischen Aktivitäten festgenommen und zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Keine «Marionetten der Weissen»
Mugabe genoss hohes Ansehen unter der schwarzen Bevölkerung. Während andere, wie Bischof Muzorewa, mit Gesprächen eine Lösung herbeiführen wollten, setzte Mugabe auf gewaltsamen Widerstand. Kaum aus der Haft entlassen, führte er die Guerilla-Gruppe der Zanu im Kampf gegen Smiths Regime an.
Der Versuch Muzorewas, eine friedliche Lösung zu erreichen, mündete in eine Übereinkunft mit Smith, Neuwahlen mit allgemeinem Wahlrecht durchzuführen. Schwarze waren bis dahin in der Ausübung ihrer Rechte eingeschränkt. In Rhodesien herrschte zwar eine Rassentrennung, jedoch nicht im Apartheid-Stil Südafrikas. Muzorewa sollte 1979 als Sieger aus den Wahlen hervorgehen und eine Regierung im nun umbenannten Simbabwe-Rhodesien bilden. Smith verblieb in der Regierung als Minister. Die Herrschaft war aber von kurzer Dauer. Denn die Guerillagruppen, deren Anführer nicht in das neue Regime einbezogen wurden, gaben ihren Widerstand nicht auf. Sie waren an einer Regierung, in der die Schwarzen lediglich «Marionetten der Weissen» sein sollten, nicht interessiert.
Unabhängigkeit Simbabwes
Unter der Führung Grossbritanniens wurde das Lancaster-House-Abkommen unterzeichnet, welches einen Waffenstillstand zwischen den Guerilla-Gruppen und der Regierung, Neuwahlen und schliesslich die Unabhängigkeit Simbabwes erwirken sollte. Bis zu den Neuwahlen wurde das Land für einige Monate erneut zu Südrhodesien, eine Kronkolonie Grossbritanniens. Bei der Wahl am 4. Februar 1980 erzielte Mugabe mit seiner neugegründeten Partei Zanu-PF einen Erdrutschsieg und erhielt die absolute Mehrheit im Parlament. Mugabe wurde somit zum ersten Ministerpräsidenten des neuen, seit dem 18. April 1980 offiziell unabhängigen Simbabwe.
Vom Hoffnungsträger zum Diktator
Die Hoffnung auf ein prosperierendes und freies Simbabwe sollte sich schon bald zerschlagen. Der heute 91-jährige Mugabe ging blutig gegen seine Widersacher vor, übte unter anderem durch Enteignungen Druck auf die weisse Minderheit im Land aus und schaffte das Amt des Ministerpräsidenten ab. Seither liess er sich immer wieder zum Präsidenten wählen. Er gilt heute als Diktator und erntet für seine menschenrechtsverletzende und wirtschaftsschädigende Politik internationale Kritik. Ihm wurden mehrere Ehrendoktortitel aberkannt, die Mitgliedschaft von Simbabwe im Commonwealth of Nations wurde sistiert, worauf das Land gleich selber austrat, und die Europäische Union verhängte eine Einreisesperre für Mugabe, die mit wenigen Ausnahmen bis heute gilt.