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Beitrag vom 13.05.2014

FAZ

Südafrika

Die Zukunft in der Schublade
Südafrika ächzt unter Arbeitslosigkeit und einer maroden Wirtschaft. Was tut Präsident Jacob Zuma dagegen?

von Thomas Scheen

Der "African National Congress", der ANC, kann offenbar machen, was er will, er wird trotzdem wiedergewählt. Weder die Korruptionsvorwürfe gegen den Spitzenkandidaten Jacob Zuma, noch die unzähligen Durchstechereien in seinem Kabinett können der südafrikanischen Regierungspartei etwas anhaben. Auch die notorische Unfähigkeit der vom ANC dominierten Verwaltung, banale Dinge wie Wasseranschlüsse in den Townships zu gewährleisten, scheinen das Vertrauen der Wähler in die Partei des verstorbenen Nelson Mandela nicht zu erschüttern. 62 Prozent aller Stimmen konnte der ANC bei den Wahlen in der vergangenen Woche gewinnen. Die Opposition betonte zwar, das sei das schlechteste Ergebnis seit dem Ende der Apartheid 1994. Doch klang das eher trotzig als selbstbewusst. Denn elf Prozentpunkte oberhalb der absoluten Mehrheit als "schlechtes Ergebnis" zu bezeichnen, ist einfach nur lächerlich.

Diese Wahl hat vor allem eines gezeigt: Ein Machtwechsel in Südafrika wird erst dann möglich sein, wenn die Opposition zum ANC aus dem ANC heraus kommt. Die "Democratic Alliance" (DA) von Helen Zille regiert zwar weiterhin die Provinz Western Cape und darf sich mit 22 Prozent der landesweiten Stimmen "größte" Oppositionspartei nennen. Dass sie aber jemals in Schlagweite zum ANC als Regierungspartei kommt, ist mehr als zweifelhaft. Das ist umso verwunderlicher, als die DA im Westkap für einen Wirtschaftsaufschwung gesorgt hat, der anderswo im Land, sprich: in den ANC-Provinzen, so dringend fehlt.

Der neuerliche Sieg des ANC erklärt sich vor allem aus dessen Vergangenheit. Der ANC hat Südafrika befreit, und dafür ist ihm die Mehrheit der Südafrikaner ewig dankbar. Selbst die so genannten "Born free", also die jungen Erstwähler, die nach dem Ende der Apartheid auf die Welt kamen und folglich die Repression nie erleben mussten und von denen die Opposition deshalb behauptet hatte, das sei ihre Klientel, haben in der vergangenen Woche in Scharen für die Zuma-Partei gestimmt. Ob sie sich damit einen Gefallen getan haben, darf bezweifelt werden. Denn was die "Born free" umtreibt, ist der Posten, der in der Bilanz des ANC nach 20 Jahren Regierungsverantwortung besonders schlecht aussieht: Arbeitsplätze.

Hausgemachte Gründe

Die offizielle Arbeitslosenquote in Südafrika liegt bei 25 Prozent, inoffiziell sogar bei 40 Prozent. Die Regierung begegnet der wachsenden Unzufriedenheit mit immer neuen Sozialprogrammen, die dafür gesorgt haben, dass die Staatsverschuldung inzwischen auf 44 Prozent des Bruttosozialproduktes angestiegen ist. Gleichzeitig ist das durchschnittliche Wirtschaftswachstum Südafrikas, das zwischen 1998 und 2008 deutlich über drei Prozent betrug, auf unter zwei Prozent gefallen. Einer der Gründe dafür ist die Weltwirtschaftskrise, den Export arg gebeutelt hat. Die anderen Gründe aber sind hausgemacht: die wilden Streiks insbesondere im Bergbausektor, die jährlich wiederkehrenden Forderungen der Gewerkschaften von Lohnerhöhungen bis zu 100 Prozent bei sinkender Produktivität, außerdem das bankrotte staatliche Schulwesen, das der Wirtschaft unqualifizierte junge Menschen überantwortet, die auch deshalb keinen Job finden können.

Jacob Zuma hatte vor der Wahl versprochen, dass hinterher alles besser werde. Das allerdings hat der ANC seit 1994 noch jedes Mal versprochen. Die Wunderwaffe heute heißt "National Development Plan". Dieser vom ehemaligen Finanzminister Trevor Manuel und dem Stellvertreter Zumas als Parteivorsitzender, Cyril Ramaphosa, entworfene Entwicklungsplan hat es in sich: Er prognostiziert in den kommenden 20 Jahren elf Millionen neue Arbeitsplätze, und die Werkzeuge dafür sind unter anderem massive Investitionen in die Infrastruktur, Steuererleichterungen für Unternehmen, eine Lockerung der rigiden Arbeitsgesetze und freier Devisenverkehr. Ein solcher Plan könnte glatt aus der Feder der DA stammen, so wirtschaftsliberal kommt er daher.

Seit zwei Jahren liegt das von Ökonomen hochgelobte Papier in Zumas Schublade. Zur Tat konnte bislang nicht geschritten werden, weil einer seiner Koalitionspartner, die Gewerkschaften, und der linke Flügel der ehemaligen Bürgerrechtsbewegung Einspruch eingelegt hatten. Warum das nach dieser Wahl plötzlich anders sein sollte, ist nicht zu begreifen. Eine der Gruppen, die gegen Zumas Plan sind, die vom ehemaligen Vorsitzenden der ANC-Jugendliga Julius Malema gegründete linksradikale Partei "Economic Freedom Fighters" (EFF), hat bei den Wahlen sechs Prozent gewinnen können und ist aus dem Stand zur drittstärksten Partei des Landes aufgestiegen. Der selbst in diverse Korruptionsverfahren verstrickte Malema und seine Truppe können Zuma herzlich egal sein. Doch die Gewerkschaften und den linken ANC-Flügel kann er nicht ignorieren. Entpuppt sich Zuma in seiner zweiten Amtszeit als Wirtschaftsliberaler, droht tatsächlich die Spaltung des ANC. Deshalb wird sich Zuma im Zweifel sagen: Dann doch lieber so weiter wie bisher.