Beitrag vom 02.09.2008
Pressemeldung des BMZ:
Stellungnahme des Bundesentwicklungsministeriums zum sogenannten "Bonner Aufruf"
Berlin, 02.09.2008
Der sogenannte Bonner Aufruf ist eine Enttäuschung.
Er ist am ehesten noch eine Auseinandersetzung mit der Entwicklungszusammenarbeit während des Kalten Krieges. Mit der aktuellen Entwicklungspolitik, wie sie auch während der deutschen G8-Präsidentschaft umgesetzt wurde und wie sie in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU/CSU verankert ist, hat er wenig zu tun. Zudem ist er nicht frei von parteipolitischer Instrumentalisierung.
Das Bundesentwicklungsministerium wird an einer modernen Entwicklungspolitik festhalten, die auf der Höhe der internationalen Diskussion ist. Bundesministerin Wieczorek-Zeul nimmt in dieser Woche in Accra (Ghana) an der großen internationalen Konferenz zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit teil. Hier wird auf internationalem Niveau über bereits umgesetzte Reformen und weitere Reformnotwendigkeiten in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit gesprochen.
Die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit müssen international steigen. Obwohl die Weltbank gerade in diesen Tagen auf deutliche Erfolge im Kampf gegen die Armut hingewiesen hat, gilt immer noch: 850 Millionen Menschen leiden tagtäglich unter Hunger. Jeden Tag sterben 5.000 Kinder an vermeidbaren Krankheiten. Vor diesem Hintergrund wäre es verantwortungslos, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen. Wir halten am ODA-Stufenplan der Europäischen Union fest (Steigerung der Mittel auf 0,7 Prozent des BNE bis 2015). Heute werden weltweit zehnmal mehr Finanzmittel für Rüstung und Militär ausgegeben als für den Kampf gegen Armut, Hunger und Kindersterblichkeit. Das ist der eigentliche Skandal unserer Zeit, den der Bonner Aufruf mit keinem Wort erwähnt. Hier müssen die Gewichte verschoben werden.
Kein vernünftiger Mensch glaubt, dass der "Norden" Afrika ersatzweise entwickeln könne oder solle. Afrika muss sich selbst entwickeln. Das war die Hauptbotschaft während unserer G8-Präsidentschaft. Aber die Industrieländer können und müssen dabei helfen. Insbesondere müssen sie endlich die Voraussetzungen für einen fairen Welthandel schaffen. Die schlimmste Form, Afrika in Abhängigkeit zu halten, besteht in den ungerechten Welthandelsstrukturen.
Der Bonner Aufruf konterkariert die Bemühungen des Bundespräsidenten und vieler anderer um ein differenziertes Afrika-Bild. Die Pauschalierungen und Verallgemeinerungen im Bonner Aufruf werden der Wirklichkeit Afrikas nicht gerecht.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit setzt auf die Stärkung der Eigenverantwortung. Dabei kann auch der Einsatz von Budgethilfe ein gutes Instrument sein. Der Anteil der Budgethilfe an der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit beträgt 5,8 Prozent. Sie wird nur in besonders ausgewählten Fällen bei guter Regierungsführung im Partnerland eingesetzt.