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Simbabwe hat schon wieder eine neue Währung

Simbabwe
NZZ Simbabwes Regierung wirft die Druckerpresse an, wenn sie knapp bei Kasse ist. Die Zeche zahlt die Bevölkerung – mit hoher Inflation und explodierenden Preisen. Nun soll eine neue Währung für Stabilität sorgen. Samuel Misteli, Nairobi Simbabwe, ein Land berüchtigt dafür, dass es einst eine 100-Billionen-Note in Umlauf setzte, hat eine neue Währung. Die Zentralbank des Landes hat dies vergangene Woche bekanntgegeben. Die neue Währung heisst «Zimbabwe Gold» oder kurz «ZiG». Sie ersetzt den Simbabwe-Dollar, der seit Jahresbeginn drei Viertel seines Werts verloren hat. Der Simbabwe-Dollar war erst 2019 eingeführt worden. Die Einführung des ZiG ist Simbabwes neuster Versuch, eine Wirtschaft zu stabilisieren, die seit zwei Jahrzehnten unkontrolliert schlingert. Die Schuld daran trägt vor allem die Regierung. Sie übt regelmässig Druck auf die Zentralbank aus, Geld zu drucken, um Schulden zu bedienen und Günstlinge zu belohnen. Die Praxis begann in den nuller Jahren unter dem Diktator Robert Mugabe, der das Land im südlichen Afrika seit der Unabhängigkeit 1980 regierte. Nach einer umstrittenen Landreform brach die landwirtschaftliche Produktion ein; die Regierung druckte daraufhin immer neues Geld, um die Wirtschaft zu stützen. Stattdessen löste sie eine Hyperinflation aus, die 2008 ihren Höhepunkt erreichte. Preise stiegen laut Schätzungen um 80 Milliarden Prozent. Die 100-Billionen-Dollar-Note, die die Zentralbank in dem Jahr herausgab, ist inzwischen ein Sammlerstück. 2009 schaffte die Regierung den Simbabwe-Dollar ab, und das Land benützte während eines Jahrzehnts ausländische Währungen wie den amerikanischen Dollar oder den südafrikanischen Rand. 2019 führte die Regierung den Simbabwe-Dollar wieder ein – um ihn nun wieder abzuschaffen. Süssigkeiten statt Wechselgeld Der neu eingeführte ZiG kommt in acht verschiedenen Einheiten zwischen 1 und 200 vor. Er soll durch Dollarreserven und Gold gedeckt sein, um nicht so rasch an Wert zu verlieren wie sein Vorgänger. Der Simbabwe-Dollar wurde zuletzt um 30 000 pro US-Dollar gehandelt. Bei der Einführung 2019 waren es 2,5 pro Dollar gewesen. Der ZiG wurde Anfang Woche mit 13,56 zum Dollar gehandelt. Simbabwes Bevölkerung hat 21 Tage Zeit, um alte Noten gegen ZiG zu wechseln. Viele der 16 Millionen Simbabwer dürften wenig umzutauschen haben. Der US-Dollar ist die dominierende Währung im Alltag, er wird für über 80 Prozent aller Transaktionen verwendet. Daran dürfte sich vorerst wenig ändern, weil die Bevölkerung auch dem ZiG misstraut – wie sich zum Beispiel in spöttischen Kommentaren auf Social Media zeigte. Simbabwe hat regelmässig eine der höchsten Inflationsraten der Welt. 2023 erreichte sie dreistellige Zahlen. Dadurch stiegen die Preise für die Bevölkerung um mehr als 50 Prozent. Viele simbabwische Angestellte, die ihren Lohn in lokaler Währung erhalten, wechseln diesen sofort nach Erhalt in US-Dollar-Bargeld. Sie versuchen so dem Wertzerfall zuvorzukommen. In Simbabwe nennen sie die Praxis «NMB»: Nationale Matratzenbank. Das «Wall Street Journal» berichtete im März, Fast-Food-Restaurants in Simbabwe würden ihre Preise auf Fernsehbildschirmen anzeigen, um nicht ständig neue Menukarten drucken zu müssen, in denen sie die inflationsgetriebenen Preise wieder nach oben anpassen. Zuletzt bestand in Simbabwe auch das Problem, dass zu wenig Wechselgeld im Umlauf war. Münzen einzuführen ist wegen ihres grösseren Gewichts gegenüber Noten teuer, deswegen war die amerikanische 1-Dollar-Note üblicherweise die kleinste Einheit. Auch von ihr gab es zu wenige. Das führte dazu, dass Geschäfte zum Teil handgeschriebene Schuldzettel statt Wechselgeld herausgaben. Oder statt Wechselgeld Naturalien wie Süssigkeiten oder Kugelschreiber aushändigten. Der Präsident und der Goldschmuggel Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa besuchte vergangene Woche als eine Art vertrauensbildende Massnahme für den ZiG die Tresorräume der Zentralbank. In diesen sollen sich 1,1 Tonnen Gold befinden. Ökonomen bezweifeln aber, dass Simbabwes Reserven ausreichen, um die neue Währung zu stützen. Dazu kommt die Skepsis in der Bevölkerung. Der neue Direktor der Zentralbank, John Mushayavanhu, hat versprochen, die Regierung werde nicht einfach wieder die Druckerpresse anwerfen, wenn sie Geld brauche. Ob sie sich daran hält, ist fraglich. Simbabwe ist eine Kleptokratie. Im März hat das amerikanische Finanzministerium direkte Sanktionen gegen Präsident Mnangagwa und zehn Personen aus seinem Zirkel erlassen, unter anderem gegen die Präsidentengattin. Die USA bezeichneten die Sanktionierten als «kriminelles Netzwerk von Regierungsvertretern und Geschäftsleuten». Der Präsident persönlich sei beteiligt am Schmuggel von Gold und Diamanten aus Simbabwe. Er beschütze Schmuggler und erhalte im Gegenzug Bestechungsgelder.