Direkt zum Inhalt
Für eine andere Entwicklungspolitik!

Afrika, der reiche Kontinent – und ein Hort der Ungleichheit

Afrika
NZZ von Fabian Urech Die Zahl der Millionäre ist in Afrika im vergangenen Jahr deutlich gestiegen – trotz Corona-Pandemie. Zugenommen hat aber auch die Ungleichheit. Sie ist weltweit nirgends grösser als in Südafrika. Für Aliko Dangote war es ein gutes Jahr. Um rund 1,5 Milliarden Dollar ist das Vermögen des nigerianischen Geschäftsmanns in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen. Mit nunmehr 20,7 Milliarden Dollar ist der 64-Jährige, der vor allem für seine Zementfirma bekannt ist, laut Bloomberg der vermögendste Afrikaner. Dangote ist keine Ausnahme, den afrikanischen Superreichen geht es blendend. Gemäss dem Magazin «Forbes Africa» hat das Vermögen von Afrikas 18 Dollar-Milliardären im vergangenen Jahr um 15 Prozent zugenommen. Es liegt nun bei insgesamt 85 Milliarden Dollar. Auch die Zahl der afrikanischen Dollar-Millionäre ist laut einem kürzlich erschienenen Bericht der Beratungsfirma Henley & Partners im Jahr 2021 deutlich gestiegen. Sie liegt demnach heute bei 136 000 – ein Anstieg von 11 000 gegenüber dem Vorjahr. Damit scheinen zumindest die reichen Afrikanerinnen und Afrikaner die Corona-Pandemie gut überstanden zu haben. Das Virus hatte die Wirtschaft des Kontinents im Jahr 2020 erstmals nach einem Vierteljahrhundert in eine Rezession gestürzt. Vielerorts wurden dadurch die zuvor erzielten Fortschritte, etwa bei der Armutsbekämpfung, teilweise zunichtegemacht; in zahlreichen Ländern bahnt sich überdies eine Schuldenkrise an. 40 000 Millionäre in Südafrika Gemäss dem Bericht von Henley & Partners lebt die grosse Mehrheit der Vermögenden in Afrika in einigen wenigen Ländern. Rund ein Drittel aller Dollar-Millionäre – knapp 40 000 – wohnt allein in Südafrika. Auf den weiteren Rängen folgen Ägypten, Nigeria, Kenya und Marokko. In diesen fünf Ländern findet sich demnach auch rund die Hälfte des privaten Gesamtvermögens auf dem Kontinent – obwohl nur ein Drittel der Bevölkerung Afrikas auf sie entfällt. Das zeigt: Afrikas Reichtum ist äusserst ungleich verteilt. Gemäss einer Studie der NGO Oxfam aus dem Jahr 2019 ist das kumulierte Vermögen der drei reichsten Afrikaner gleich gross wie jenes der ärmsten 50 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das sind rund 650 Millionen Menschen. Auch im globalen Vergleich schneidet Afrika punkto Vermögensgleichheit schlecht ab: Gemäss dem jüngsten World Inequality Report, einem jährlich erscheinenden Bericht, an dem etwa die Paris School of Economics mitarbeitet, ist das Vermögen nur in Lateinamerika ungleicher verteilt als in Afrika. In Zahlen heisst das: In Afrika ist das Gesamtvermögen der reichsten 10 Prozent der Bevölkerung 351 Mal so gross wie jenes der ärmsten 50 Prozent. Zum Vergleich: In Europa liegt der entsprechende Wert bei 66. Das ungleichste Land der Welt Eklatant sind die Vermögensunterschiede auch innerhalb vieler afrikanischer Staaten. Besonders ausgeprägt ist die Ungleichheit in Nigeria und Südafrika, den zwei grössten Volkswirtschaften des Kontinents. In beiden Ländern hat sie laut einer Studie der Credit Suisse seit dem Jahr 2000 noch einmal deutlich zugenommen. In Nigeria, wo Dangote längst nicht der einzige Superreiche ist, ist diese Entwicklung vor allem deshalb besorgniserregend, weil in keinem anderen Land der Welt mehr extrem Arme leben. Laut einer unlängst erschienenen Studie der Weltbank müssen sich rund 87 Millionen Nigerianerinnen und Nigerianer mit weniger als 1.90 Dollar pro Tag durchschlagen. Die Studie kommt zudem zum Schluss, dass bei der Armutsbekämpfung seit 2015 kaum mehr Fortschritte erzielt wurden. Noch ausgeprägter ist die Ungleichheit in Südafrika. Das Land belegt sowohl bei der (Ungleich-)Verteilung des Einkommens wie auch bei der Verteilung des Privatvermögens laut verschiedenen Rankings den weltweiten Schlussrang. Bedenklich ist, dass die Ungleichheit seit dem Ende der Apartheid Mitte der 1990er Jahre von bereits sehr hohem Niveau noch einmal zugenommen hat. Was das heisst, lässt sich in Zahlen eindrücklich ausdrücken: Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung in Südafrika vereinen heute laut dem World Inequality Report rund 86 Prozent des Privatvermögens auf sich. Derweil liegt bei den ärmsten 50 Prozent der Bevölkerung der entsprechende Anteil sogar im Minusbereich, weil hier die Schulden das Vermögen übersteigen. Mit anderen Worten: In dem afrikanischen Land, in dem am meisten Millionäre leben, besitzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung unter dem Strich: nichts. Wo Afrikas Dollar-Millionäre leben Die Top-10-Länder Quelle: Africa Wealth Report 2022 NZZ / Auch im globalen Vergleich schneidet Afrika punkto Vermögensgleichheit schlecht ab: Gemäss dem jüngsten World Inequality Report, einem jährlich erscheinenden Bericht, an dem etwa die Paris School of Economics mitarbeitet, ist das Vermögen nur in Lateinamerika ungleicher verteilt als in Afrika.