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Beitrag vom 10.03.2025

FAZ

Republik Kongo

Leben wie Brazzavilles Präsidentenfamilie in Frankreich

Von Claudia Bröll

Seit Jahren wird in Frankreich gegen die Präsidentenfamilie der Republik Kongo ermittelt. Jetzt ist die First Lady abermals dem Griff der Justiz entkommen.

Zur Wiedereröffnung von Notre-Dame im Dezember war Antoinette Sassou Nguesso noch an der Seite ihres Ehemannes in der ersten Reihe der Ehrengäste zu sehen. Auf der einen Seite der Reihe saß das Präsidentenpaar aus der Republik Kongo, dem kleineren Nachbarland der Demokratischen Republik Kongo, auf der anderen Seite Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Vor wenigen Tagen ist die kongolesische First Lady Berichten zufolge jedoch überstürzt abgereist und in die Hauptstadt Brazzaville zurückgekehrt. Sie sollte in einem lange währenden Strafverfahren wegen „unrechtmäßig erworbenen Besitzes“ aussagen.

Frühere Vorladungen in dieser Sache hatte sie ignoriert. Ende Februar unternahmen die Ermittler einen weiteren Versuch, indem sie das Schreiben an eine Wohnung lieferten, in der derzeit ihr Enkel lebt. Er soll es an seine Großmutter weitergeleitet haben. In dem Verfahren geht es um den Erwerb von Luxuswohnungen und anderer Vermögenswerte durch Mitglieder der Präsidentenfamilie, die womöglich aus dem Staatshaushalt bezahlt wurden.

Eine Vereinigung kongolesischer Oppositioneller in Frankreich warf der französischen Justiz „offenkundige Inkompetenz“ vor. Trotz des hohen Fluchtrisikos in diesem hochkarätigen Fall seien keine Vorkehrungen wie ein Reiseverbot oder Untersuchungshaft getroffen worden, teilte das Collectif Sassoufit mit. Das kongolesische Volk warte seit Jahren darauf, dass in dem Verfahren endlich Urteile gefällt würden.

Nguesso einer letzten Langzeitherrscher

Sassoufit ist ein Wortspiel, das den Präsidentennamen mit „ça suffit“ („es reicht“) kombiniert. In Brazzaville soll der Präsident wütend sein. Er erwäge, einen für den 26. März geplanten Staatsbesuch in Paris aus Protest abzusagen, schreibt der Informationsdienst Africa Intelligence. In Frankreich hieß es, der Besuch sei bestätigt.

Der 81 Jahre alte Denis Sassou Nguesso ist einer letzten Langzeitherrscher in West- und Zen­tralafrika, nachdem Alpha Condé in Guinea und Ali Bongo in Gabun aus den Ämtern geputscht wurden. Seit 1979 führt er das Sechs-Millionen-Einwohner-Land, abgesehen von einer fünf Jahre langen Unterbrechung. Länger an der Macht sind auf dem Kontinent nur Teodoro Obiang Nguema Mbasogo in Äquatorialguinea und Paul Biya in Kamerun.

Wegen ihres luxuriösen Lebensstils und verschwenderischen Umgangs mit den Staatsfinanzen sorgt Kongos Präsidentenclan immer wieder für Schlagzeilen. Im Jahr 2005 beispielsweise verbrachte der Präsident mit einer großen Delegation acht Tage im Waldorf Astoria in New York, um eine 15 Minuten lange Rede vor den Vereinten Nationen zu halten. In Frankreich besitzt die Familie zahlreiche Immobilien, Bank­konten und einen stattlichen Fuhrpark. Bekanntlich verbringen die First Lady und ihre Verwandten ihre Zeit lieber in Paris als in der zentralafrikanischen Hauptstadt.

Auch Verbindungen zu Trump

Im aktuellen Fall wollen die Ermittler erfahren, wie Antoinette Sassou Nguesso 2007 eine Wohnung in einem Pariser Nobelviertel unter ihrem Namen kaufen konnte. Die Wohnung habe der damalige Präsident von Gabun, Omar Bongo, über eine Dekorationsfirma erworben, die er benutzte, um Finanztransaktionen in Frankreich zu verschleiern, schreibt Africa Intelligence. Die Sassou Nguessos und die Bongos sind eng miteinander verbunden. Omar Bongo war mit Edith Lucie Sassou Nguesso, einer Tochter des Präsidenten, verheiratet.

Trotz der Vorwürfe und einer autokratischen Regierungsführung ist das Präsidentenpaar des ölreichen Landes ein gern gesehener Gast auf internationalem politischen Parkett. 2009 posierte es für Fotos mit Barack und Michelle Obama in New York. Im vergangenen Jahr traf sich Antoinette mit der Gattin des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping am Rande des China-Afrika-Forums zum Tee. Schon während des Kalten Krieges war es Denis Sassou Nguesso gelungen, gute Beziehungen zu Kuba und Moskau wie auch zu Paris und Washington zu pflegen.

Zu Donald Trump gibt es ebenfalls Verbindungen, wie die investigative Organisation Global Witness vor einigen Jahren herausfand. Demnach hatte die Präsidententochter Claudia 2014 mithilfe von Mittelsmännern und Schattenunternehmen ein Luxusapartment im Trump International Hotel & Tower in New York für mehrere Millionen Dollar gekauft. Als sich ihr Vater jedoch 2016 nach Florida aufmachte, um Trump nach dessen erstem Wahlsieg zu treffen, ließ dieser ihn warten. Nach amerikanischen Angaben war ein Treffen nie geplant. Unverrichteter Dinge flog Denis Sassou Nguesso zurück.