Beitrag vom 24.11.2023
FR
Ukrainische Spezialkräfte kämpfen im Sudan
Von: Johannes Dieterich
Seit acht Monaten halten die Kämpfe im Sudan an und kosteten bisher Tausende Menschen das Leben.
In dem afrikanischen Bürgerkriegsland sind „Wagner“-Söldner aus Russland aktiv – nun haben sie hier ganz neue Gegner.
Rund 5000 Kilometer von der heimatlichen Front entfernt sollen ukrainische Spezialeinheiten im Sudan gegen Söldner der russischen „Wagner“-Truppe kämpfen. Das geht aus zahlreichen Videoaufnahmen hervor, die in jüngster Zeit sowohl in sozialen Netzwerken wie in den Sendungen etablierter Fernsehanstalten, unter anderem dem US-Sender CNN, zu sehen sind.
Die Bilder zeigen den von Drohnen ausgehenden Beschuss von Militärfahrzeugen, Luftaufnahmen eines nächtlichen Angriffs hellhäutiger Uniformierter auf einen Wohnblock sowie auf einem Hügel kauernde Scharfschützen bei der Abgabe von Schüssen. Die Mehrheit der Videos wurden nach Recherchen von Faktenprüfern in Omdurman, der heftig umkämpften Zwillingsstadt der sudanesischen Hauptstadt Khartum, aufgenommen. Andere stammen offenbar von einem der Stadt nahegelegenen Hügel. Verschiedene Details legen nahe, dass es sich um Aufnahmen ukrainischer Spezialkräfte handelt, die in dem nordostafrikanischen Kriegsland angeblich Jagd auf russische Söldner machen. Die ukrainische Zeitung „Babel“ und die französische Tageszeitung „Le Monde“ berichten übereinstimmend, Geheimdienstkreise in Kiew hätten die Präsenz ukrainischer Soldaten bestätigt.
Die meisten Bilder wurden von Drohnen aufgenommen und zeigen von ferngesteuerten Flugkörpern getroffene Fahrzeuge oder ein nächtliches Gefecht um einen Gebäudekomplex, in dessen Verlauf auch Raketenwerfer eingesetzt wurden. Von CNN zitierte Waffenexperten sind sich sicher, dass es sich bei den Drohnen um den Typ DJI MAVIC handelt, die in Afrika bislang noch nie beobachtet worden seien, von den ukrainischen Streitkräften jedoch zu militärischen Einsätzen umgerüstet wurden. Auf einer Aufnahme sind auch ukrainische Worte zu hören.
Dass sich russische Söldner im Sudan aufhalten, ist seit Jahren bekannt. Doch dass sie dort von ukrainischen Soldaten bekämpft werden, ist neu. Ob die „Wagner“-Truppe auch in die Kämpfe der sudanesischen Kriegsparteien verwickelt ist, ist unklar. Fest steht, dass sie die „Rapid Support Forces“ (RSF) genannte Miliz unter General Mohamed Hamdan Dagalo alias Hemeti mit Waffen beliefern. Der Machtkampf zwischen Hemeti und dem Streitkräftechef Abdel Fattah al-Burhan hält seit acht Monaten an, hat Tausende von Menschen das Leben gekostet und mehr als eine Million zur Flucht gezwungen.
Söldner seit 2019 im Land
Die „Wagner“-Truppe wurde bereits von Diktator Omar al Baschir ins Land geholt, um ihm bei der Unterdrückung der Aufstände gegen seine Herrschaft behilflich zu sein. Auch nach seiner Entmachtung im April 2019 blieben die russischen Söldner im Land. Sie waren vor allem mit der Sicherung der Goldminen beschäftigt, an deren Ausbeutung sie finanziell beteiligt waren. Presseberichten zufolge ließ der verstorbene Gründer der Söldnertruppe, Jewgeni Prigoschin, Gold im Wert von mindestens vier Milliarden Dollar über Syrien und die Arabischen Emirate nach Russland ausfliegen. Das Geld kam auch der von Sanktionen geschwächten Regierung Wladimir Putins zugute.
Nach dem Bruch Al-Burhans mit Milizenchef Hemeti stellte sich Moskau auf die Seite Hemetis: In dessen Hochburg in den Darfur-Provinzen liegen auch die Goldvorkommen des Landes. Seit dem Ausbruch der Kämpfe versorgt die „Wagner“-Truppe die RSF-Miliz mit Waffen. Einem CNN-Bericht zufolge ist Hemeti zu 90 Prozent auf Waffen aus Russland angewiesen und hat auch Boden-Luftraketen erhalten, die für seine Miliz ohne Luftwaffe besonders wichtig ist. Militärisch soll die RSF im Vorteil sein, heißt es aus dem Sudan.
Hintergrund des militärischen Eingreifens ukrainischer Soldaten ist offenbar der fortgesetzte illegale Export sudanesischen Goldes nach Moskau. mit dem der Krieg gegen die Ukraine finanziert wird. Auf ihrem Rückweg von der UN-Vollversammlung in New York trafen überraschend Streitkräftechef Al-Burhan und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf dem irischen Flughafen Shannon zusammen. „Wir haben über gemeinsame Herausforderungen bei der Sicherheit, vor allem die Aktivitäten illegaler von Russland finanzierter bewaffneter Gruppen gesprochen“, ließ Selenskyj anschließend über X, vormals Twitter, wissen.