Beitrag vom 10.10.2020
FAZ Leserbrief
Immigration ja, aber nicht so
Zu der Berichterstattung in der F.A.Z. zur europäischen Flüchtlingspolitik: Die gegenwärtige Migrationspolitik ist unverantwortlich. Sie verbreitet Lebensgefahr und beruht in hohem Maße auf Erpressung – statt auf der Regel, dass ein Immigrationswilliger einen entsprechenden Antrag stellt, über den der aufnehmende Staat entscheidet. Um dahin zu kommen, muss zweierlei gelten: Erstens, wer in Lebensgefahr ist, wird gerettet. Zweitens, wen wir in unserem Land aufnehmen, entscheiden wir, nicht die, die Aufnahme begehren.
De facto ist das zurzeit umgekehrt. Beispiel Afrika: Der weitaus größte Teil der Flüchtlinge, die übers Mittelmeer kommen, entflieht nicht akuter Lebensgefahr, sondern der wirtschaftlichen Misere, die vor allem in Subsahara-Afrika seit Jahren herrscht.
Die Flüchtlinge bauen darauf, dass sie, wenn sie mit ihren Booten in Seenot geraten, nicht nur gerettet, sondern anschließend in Europa aufgenommen werden. Sie wissen auch, dass sie entsprechenden moralischen Druck bei uns erzeugen können, indem sie durch die Benutzung unsicherer Boote eine Lebensgefahr herbeiführen. Diesen Druck steigern viele Eltern noch dadurch, dass sie ihre kleinen Kinder mit in die Boote nehmen beziehungsweise ihre minderjährigen Kinder allein auf die Reise schicken. Sie rechnen damit, dass sie selbst irgendwann werden nachkommen können, wenn die Kinder den Weg nach Europa geschafft haben. Das Anzünden von Flüchtlingsquartieren ist eine weitere Möglichkeit, moralischen Druck zu erhöhen.
Ein Nebeneffekt der Rettung mit Schiffen wie der „Sea Watch 4“ ist, dass die Zahl der Fluchtwilligen steigt.
Diese Probleme lassen sich nur dadurch lösen, dass, anders als bisher, Retten und Aufnehmen konsequent voneinander getrennt werden. Gerettete dürfen nicht mehr automatisch davon ausgehen können, dass sie eine gute Chance haben, anschließend in Europa aufgenommen zu werden. Erst wenn sich unter Schleusern und Fluchtwilligen herumgesprochen hat, dass dieser illegale Weg nach Europa versperrt ist, wird die Zahl der Flüchtlinge zurückgehen.
Kurt Gerhardt, Köln