Beitrag vom 22.01.2018
General-Anzeiger, Bonn
„Kinderreichtum“ hat in Afrika eine fatale Bedeutung
Leserbrief zum Artikel „Zeitbombe Bevölkerungswachstum“ vom 4. Januar
Der General-Anzeiger hat mit der Überschrift drastisch, aber aufrüttelnd auf ein drängendes Problem hingewiesen. Die Zahl der Menschen in Afrika wird sich nach UN-Angaben bis 2050 bei der jetzigen Bevölkerungsentwicklung auf 2,5 Milliarden verdoppeln.
„Kinderreichtum“ hat in Afrika eine fatale Bedeutung. Zitiert wird eine Großmutter aus einem Dorf im Niger, die 13 Kinder und mehr als 100 Enkel hat, mit den Worten: „Familienplanung
gehört nicht zu unserer Tradition. Jede Frau sollte so viele Kinder haben, wie sie nur kann.“ Wiedergegeben wird auch die Erklärung der Vertreterin einer US-Hilfsorganisation, „Kinderreichtum bestimme auch den Status der Frau in der Familie. Die Frau mit den meisten Kindern habe das meiste Sagen, das größte Budget, die schönsten Kleider.“
Der Niger – das zweitärmste Land der Welt – wird folglich seine Bevölkerung bis 2050 voraussichtlich sogar verdreifachen! Immerhin hat der Präsident des Niger, Mahamadou Issoufou, gewarnt: „Wenn wir unsere Jugend nicht ausbilden, für sie sorgen und ihr
Arbeitsplätze bieten können, wird sie zu einer Behinderung oder sogar einer Bedrohung für unseren sozialen Zusammenhalt und Wohlstand werden.“
Europa muss endlich Tabugrenzen überschreiten. Die Forderung nach verantwortungsvoller Familienplanung in Afrika gehört auf den Tisch bei Gesprächen über mögliche Hilfen für diese Länder. Afrika muss selbst, das heißt Regierungen und Gesellschaften, müssen sich diesem traditionsbeladenen Thema stellen. Wir müssen ihnen deutlich machen, dass Maßnahmen gegen das rasante Wachsen der Bevölkerung zu ihrer eigenen Verantwortung gehören. Die Gruppe „Bonner Aufruf – Eine andere Entwicklungspolitik“ betont das seit Langem. Natürlich können wir nicht einfach fordern, dass weniger Kinder in Afrika geboren werden sollten. Aber es gibt Ansätze zur Lösung.
Die GA-Autoren schreiben zu Recht: „Neben Familienplanung ist eines der effektivsten und einfachsten Mittel, die Geburtenrate zu senken, Mädchen länger und besser auszubilden.“ Im Niger beispielsweise heiraten nicht zuletzt wegen mangelnder Ausbildung drei Viertel aller Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag.
Das rapide Bevölkerungswachstum zerstört jeden Ansatz von Wirtschaftswachstum und Wohlstand schon im Keim. Damit bleiben große Teile Afrikas chancenlos. Miigrationsbestrebungen gerade der jungen, aktiven und kreativen Bevölkerung sind die Folge. Hoffentlich verstehen noch mehr Präsidenten afrikanischer Staaten wie ihr Kollege Issoufou vom Niger, wie gravierend, ja gefährlich das Problem Bevölkerungswachstum
ist – eine „Zeitbombe“, vor allem für Afrika.
Volker Franzen,
Meckenheim