Beitrag vom 04.12.2017
FAZ Leserbrief
Unzureichende Maßnahmen in Afrika
Präsident Macron hat in Abidjan (Beitrag von Michaela Wiegel und Michael Stabenow, F.A.Z. vom 30. November) endlich unmissverständlich die eigentlichen Ursachen der Migration der Afrikaner nach Europa genannt: das hohe Bevölkerungswachstum und die dramatische Arbeitslosigkeit der afrikanischen Jugend. Das ist zwar seit Jahrzehnten allgemein bekannt, aber die Folgerungen wurden weder von den afrikanischen Machthabern noch von der westlichen Entwicklungszusammenarbeit gezogen, die einen wegen unpopulärer Konfrontationen mit den traditionellen und religiösen Autoritäten, die andern aus einer Art Vogel-Strauß-Attitude oder, wie etwa die Regierungen der USA, aus ideologischen Gründen.
Ich selbst habe als Repräsentant von UNDP in Togo in den 1970er Jahren, als die Problematik sich bereits abzeichnete, dies als Verantwortlicher für ein Pilotprojekt zur Aufklärung und Stärkung der Selbstbestimmung der afrikanischen Frauen erfahren müssen. Neben der Reduzierung des Bevölkerungswachstums durch Förderung der Frauen muss der Schwerpunkt die Schaffung neuer Arbeitsplätze sein, Präsident Macron spricht von 450 Millionen (!) bis 2050, Bundesentwicklungsminister Müller von 20 Millionen pro Jahr. Die bisher dafür genannten Maßnahmen sind völlig unzureichend. Größere Auslandsinvestitionen, Verbesserung der Kleinbauernlandwirtschaft, staatliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Kleinkredite und Maßnahmen gegen den Klimawandel und handwerkliche Ausbildung reichen nicht aus. Eine umfassende Industrialisierung, Energieversorgung, Verkehrserschließung und technische Ausbildung, aber auch autonome Sonderwirtschaftszonen, Risikofonds für leistungsbereite junge Afrikaner und Technologiezentren etc. müssen im Zentrum stehen.
Bis jetzt gibt es keine der Aufgabe angemessenen Konzepte der afrikanischen Regierungen und Institutionen. Ein Grund dafür sind die Eigeninteressen und die Zerstrittenheit afrikanischer Machthaber, welche die dafür notwendige subregionale Zusammenarbeit ebenso verhindern, wie die Entfaltung einer Arbeitsplätze schaffenden Privatwirtschaft. Aber auch die europäischen Vorstellungen sind dafür unzureichend. Die Förderung der Zukunftschancen Afrikas, welche die Migration nach Europa eindämmen kann, ist eine große und komplexe Aufgabe. Präsident Macrons Initiative ist dafür eine große Chance, die hoffentlich bald auch von einer handlungsfähigen deutschen Bundesregierung aufgegriffen wird.
Professor Dr. Peter Molt, Bad Honnef