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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 26.01.2015

Kölner Stadt-Anzeiger

Hilfszusagen sind weniger wert

IMPFSTOFFE

Euro-Schwäche trifft Entwicklungsländer - Bundesregierung plant Nachschlag

VON TIMOT SZENT-IVANYI

Berlin.Wenn Bill Gates Geld für ein neues Hilfsprojekt in Aussicht stellt, hat der frühere Microsoft-Chef gegenüber der Bundesregierung einen entscheidenden Vorteil: Der Amerikaner rechnet in Dollar, der Währung der internationalen Entwicklungshilfe. Deutschland hat dagegen den Euro und somit ein Problem: Weil die europäische Gemeinschaftswährung seit Monaten immer mehr gegenüber dem Dollar verliert, sind auch einstige Euro-Hilfszusagen Deutschlands im Wert gesunken. Betroffen ist aktuell die weltgrößte Impfallianz Gavi, für die Anfang dieser Woche in Berlin auf einer Geberkonferenz unter Schirmherrschaft von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) frisches Geld gesammelt werden soll: Ziel sind 7,5 Milliarden Dollar (6,6 Milliarden Euro).

"Wir beobachten die Wechselkursentwicklung mit Sorge", heißt es in den Bundesregierung. Einzelne Zusagen für Gavi in Euro seien durch die Währungsschwäche bis zu 14 Prozent im Wert gesunken, berichtet ein Regierungsvertreter. Es gehe nun darum, die Wechselkursverluste auszugleichen, damit die Zielmarke erreicht wird. Da greife die Kanzlerin auch schon mal selbst zum Telefon, um andere Regierungschefs dazu zu bewegen, noch eine Schippe draufzulegen, heißt es. Dem Vernehmen nach wird die Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen. Bei den 500 Millionen Euro, die Deutschland im November zugesagt hatte, wird es nicht bleiben.

Gavi steht für "Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung". Die vor 15 Jahren gegründete Organisation geht auf die Initiative von Bill Gates zurück. Die Idee war die massenhafte Belieferung der ärmsten Entwicklungsländer mit Impfstoffen. Davor waren die Impfstoffe für diese Länder meist unerschwinglich, und für die Pharmafirmen waren die Märkte häufig viel zu klein, um sich ernsthaft dort zu engagieren. Gavi bündelt die Nachfrage, verhandelt niedrigere Preise mit der Industrie und sucht Sponsoren. Außerdem werden Neuentwicklungen vorangetrieben.

Um die Preise zu drücken, bietet Gavi der Industrie unter anderem Abnahmegarantien für große Mengen an Impfdosen an. Welche Spielräume sich dabei ergeben, zeigt allein der Preis für den Rotavirus-Impfstoff. Er kostet in Deutschland 130 Euro, Gavi hat mit der Industrie für die Entwicklungsländer einen Preis von umgerechnet zwei Euro verhandelt.

Mit dem frischen Geld der Geberkonferenz will Gavi weitere 300 Millionen Kinder impfen. Dabei hat sich die Organisation zum Ziel gesetzt, nun auch die 20 Prozent der Kinder zu erreichen, die bisher noch nicht geimpft wurden, weil sie in Kriegsgebieten oder entlegenen Regionen wohnen. Gavi strebt zudem an, die Impfstoff-Preise durch Verhandlungen mit der Industrie weiter zu drücken.

Trotz der Währungsproblematik ist die Bundesregierung zuversichtlich, dass auf der Konferenz das nötige Geld zusammen- kommt. "Wir sind optimistisch, am Ende sehr nahe an die Zielmarke zu kommen", sagte ein deutscher Regierungsvertreter.

440 Millionen Kinder geimpft

In der Gavi-Allianz vertreten sind neben Geber- und Entwicklungsländern die Weltgesundheitsorganisation WHO, Unicef, Weltbank, Impfstoffhersteller, Forschungsinstitute und Stiftungen.

440 Millionen Kinder wurden bisher geimpft. Finanziert werden elf Impfstoffe, darunter ein Fünffach-Stoff für Säuglinge (u.a. Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Hepatitis, Haemophilus influenzae Typ b/Hib). Zusätzlich werden Impfungen gegen Masern, Röteln, Pneumokokken, Rotaviren und Gebärmutterhalskrebs gefördert. Die 73 unterstützten Staaten müssen einen Eigenanteil leisten.Größte Geber der Impfallianz, die seit 2000 rund 6,5 Milliarden Euro ausgegeben hat, sind die Gates-Stiftung und Großbritannien. Deutschland hat bisher 134 Millionen Euro gezahlt und steht auf Platz elf der Unterstützer.(tms.)

Die Impfstoffpreise sollen in Verhandlungen weiter gedrückt werden.