Beitrag vom 15.01.2015
Wiener Zeitung
Fußball
Stadien statt Wasser
Mit dem Afrika Cup findet die nächste Großveranstaltung in einem unfreien Land statt.
Malabo. (apa/dpa) In der Liste der korruptesten Länder Afrikas nimmt Äquatorialguinea einen der führenden Plätze ein. Doch den afrikanischen Fußball-Kontinentalverband CAF scheinen die undemokratischen Zustände und Menschenrechtsverletzungen in dem winzigen Staat an der westafrikanischen Küste nicht zu stören, gab er dem Ölland doch bereits zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren den Zuschlag für den Afrika Cup - wenn auch diesmal nicht ganz freiwillig.
Denn ursprünglich sollte Marokko für das am Wochenende beginnende Kontinentalturnier als Gastgeber fungieren. Das Land pochte jedoch wegen der Ebola-Epidemie, die Teile Westafrikas erschüttert, auf eine Verlegung des Turniers um ein Jahr. Die Regierung befürchtete, dass Fans das Virus ins Land einschleppen könnten. Die Fußballer aus der am schlimmsten betroffenen Region hatten zudem in den vergangenen Monaten immer wieder mit Ressentiments zu kämpfen.
Von einer Absage des Afrika-Cups wollte die CAF aber nichts wissen. Prompt verbot sie Marokko die Teilnahme - und sperrte das Land auch gleich für die kommenden beiden Turniere. "Wenn wir dieses Event verschieben, wäre das tödlich für Afrikas Fußball", begründete CAF-Präsident Issa Hayatou die Entscheidung. "57 Jahre lang haben wir dieses Haus gebaut, das heute der Stolz aller Afrikaner ist." Tatsächlich sind die meisten Menschen auf dem Kontinent völlig fußballverrückt. Selbst die, die kaum genug zu essen und zum Leben haben, verfolgen wichtige Spiele vor den knatternden Fernsehern der Bars.
Dennoch fand sich zunächst kein Land, das die Gastgeberrolle so kurzfristig und angesichts der Situation übernehmen wollte. Die CAF teilte zwar mit, "ein paar" Staaten hätten Interesse an der Ausrichtung bekundet, aber Namen nannte der Verband nicht. Da kam die Zusage aus Äquatorialguinea wie gerufen, stellt es doch alle beteiligten Seiten zufrieden. Denn eigentlich war das Land im Juli von der Meisterschaft ausgeschlossen worden, weil die Nationalmannschaft bei der Qualifikation einen nicht spielberechtigten Akteur eingesetzt hatte.
Korruption, Unterdrückung
Nun darf das Team doch mitkicken, erst vor zehn Tagen hat man dafür den Argentinier Esteban Becker als neuen Teamchef vorgestellt. Und Stadien gibt es auch, weil Äquatorialguinea das Turnier bereits 2012 zusammen mit Gabun ausgerichtet hatte. Bleibt die Frage nach den ethischen Grundsätzen: Präsident Teodoro Obiang Nguema hatte sich 1979 an die Macht geputscht und ist somit sogar länger Staatschef als Simbabwes Langzeitherrscher Robert Mugabe. Menschenrechtsorganisationen werfen dem 72-jährigen Obiang und seinen Vertrauten unter anderem massive Korruption und Unterdrückung vor. Lisa Misol, Expertin von "Human Rights Watch", kommentierte nach der CAF-Entscheidung: "Die Situation im Land ist genauso schlecht - und in mancher Hinsicht sogar schlechter - als beim Turnier 2012. Wer hinter die glänzenden neuen Konstruktionen in der Nähe der Stadien blickt, wird bemerken, dass fast die Hälfte der Bevölkerung nicht über sauberes Wasser und einfache sanitäre Anlagen verfügt." Auch das Schulsystem und die Gesundheitsversorgung sind schlecht. Schätzungen zufolge sterben 20 Prozent der Kinder, bevor sie fünf Jahre alt werden. Politische Gegner werden verhaftet und gefoltert, die Presse- und die Meinungsfreiheit weitgehend unterdrückt.
Obiang, seine Familie und die Regierung schwelgen unterdessen in purem Luxus, den sie sich durch Veruntreuung und massive Öleinnahmen gesichert haben sollen. Schließlich ist Äquatorialguinea nach Nigeria und Angola der drittgrößte Ölproduzent des Kontinents. Das staatliche Pressebüro bezeichnete die internationale Kritik freilich als "absurde Anschuldigung". Obiang brauche keine Werbung, seine Leistungen sprächen für sich, hieß es.