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Beitrag vom 23.10.2014

Neue Zürcher Zeitung

Nur noch 1,4 Prozent Wachstum in Südafrika

clb. Kapstadt Südafrikas Finanzminister hat die Wachstumsprognose für dieses Jahr drastisch korrigiert. Es sei nur noch ein Wachstum von 1,4% zu erwarten, sagte Nhlanhla Nene am Mittwoch in seinem Zwischenbericht zum nationalen Haushalt im Parlament in Kapstadt. Dies entspricht der Vorhersage des IMF. «Wir müssen standhaft bleiben und gemeinsam mehr mit weniger erreichen», sagte er. Noch im Februar hatte sein Vorgänger Gordhan ein Wirtschaftswachstum von 2,7% prognostiziert.

Balanceakt des Ministers

Es war der erste grössere Auftritt des neu ernannten Finanzministers. Er hatte einen der schwierigsten Balanceakte zu vollführen seit dem Ende des Regimes der Rassentrennung vor 20 Jahren. Südafrikas Wirtschaft hat sich noch nicht von der Rezession im Jahr 2009 erholt. Ein fünf Monate langer Streik im Bergbau und ein Arbeitskampf in der verarbeitenden Industrie zu Jahresbeginn wirken nach. Gleichzeitig weiten sich die Defizite im Staatshaushalt und in der Leistungsbilanz aus. Am Finanzmarkt wird seit längerem über eine Absenkung der Kreditwürdigkeit durch eine weitere Rating-Agentur spekuliert. Nene verwies in einer ungewöhnlich kurzen Rede auf die schwächere Wirtschaftsentwicklung in Europa und in anderen Schwellenländern. Es gebe auch hausgemachte Gründe wie die Energieknappheit, Bildungsdefizite und Schwierigkeiten in der Verwaltung. «Wir machen nicht genügend Fortschritte, unsere Einnahmen zu steigern und die Armut zu bekämpfen», kritisierte der Minister. Eine höhere Verschuldung ist laut Nene grundsätzlich nicht schlecht.

Trotz dem deutlich schwächeren Wachstum erwartet er weiterhin ein Staatsdefizit von 4,1% in diesem Jahr, das über drei Jahre hinweg auf 2,5% sinken soll. «Die Konsolidierung des Staatsetats kann nicht länger hinausgezögert werden», sagte er, «wir stehen an einem Wendepunkt.» Steuererhöhungen seien unausweichlich. Sie sollten jedoch so ausfallen, dass negative Auswirkungen auf das Wachstum und den Arbeitsmarkt gering blieben. Details werden bei der Vorlage des nächsten Haushalts erwartet. Ausserdem kündigte der Finanzminister den Verkauf von nichtstrategischem Staatsvermögen an, um defizitäre Staatsbetriebe wie den Energieversorger Eskom oder die nationale Fluggesellschaft South African Airways weiter zu unterstützen.

Auf der Ausgabenseite kündigte er einen klaren Sparkurs an. Wie sein Vorgänger versprach er, vor allem im öffentlichen Dienst auf die Kosten zu achten. Für Posten, die längere Zeit vakant blieben, sollen beispielsweise die Mittel gestrichen werden. Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst dürften die Inflationsrate nicht übersteigen. Die jüngsten Tarifabschlüsse in Südafrika lagen weit höher als die Inflationsrate von knapp 6%. Die Ausgaben sollten sich laut Nene auf drei Bereiche konzentrieren: bessere Lebensbedingungen in den Städten, die Wirtschaftsförderung über Steueranreize und das Bildungswesen.

Besserverdienende besteuern

Die Rede drücke Selbstbewusstsein aus, kommentierte Nazmeera Moola, Volkswirtin bei Investec Asset Management. Es fehle jedoch Klarheit, ob auch andere Ministerien bei den «harten Programmen» mitzögen. Die fehlenden Steuereinnahmen sind aus ihrer Sicht nicht nur über eine höhere Besteuerung von Besserverdienenden zu erreichen.