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Beitrag vom 23.01.2014

Berner Zeitung

Aliko Dangote, der unbekannte Milliardär aus Afrika

Von Christian Zeier

Klaus Schwab hat mit Aliko Dangote den reichsten Afrikaner in den Vorstand des Weltwirtschaftsforums gewählt. Damit rückt eine medienscheue Legende in den Fokus der internationalen Gemeinschaft.

In Afrika ist Aliko Dangote ein Star. Der bescheidene Selfmademan aus Nigeria verdiente mit Zement ein Vermögen und schaffte viele Arbeitsplätze. Kritiker bemängeln seine Nähe zu Nigerias Machthabern.

Er erhielt gestern an der Pressekonferenz der WEF-Vorstände sogar als Erster das Wort: Aliko Dangote aus Nigeria. Er erhoffe sich, sagte der Mann mit der schmalen Brille, dass dem Thema Jugendarbeitslosigkeit am Forum ein gebührender Platz eingeräumt werde. Man müsse den grossen Reichtum, der herrsche, nutzen, um die Gesellschaft voranzubringen.

Was afrikanischen Publikationen grosse Schlagzeilen wert war, hat in der Schweiz kaum jemand wahrgenommen: Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums in Davos, hat Aliko Dangote in den Vorstand des diesjährigen Forums geladen. Dem reichsten Mann Afrikas kommt damit eine Ehre zuteil, die zuvor Wirtschaftsgrössen wie UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber oder Nestlé-CEO Paul Bulcke vorenthalten war. Die unterschiedliche Wahrnehmung der Ernennung ist dabei symptomatisch für Dangotes Status auf dem steilen Weg nach ganz oben: Auf dem schwarzen Kontinent seit Jahren bejubelt und bewundert wie ein Star, betritt das nigerianische Schwergewicht erst langsam die internationale Bühne.

Seine geringe Bekanntheit ist ihm grösstenteils selbst zuzuschreiben: Aliko Dangote sucht die Öffentlichkeit nicht. Wer versucht hat, ein Interview mit dem 56-Jährigen zu bekommen, der bekommt eine Ahnung davon, wie seine Agenda aussehen muss: Termine werden verschoben oder abgesagt. Dangote scheint ständig unterwegs zu sein. 2013 fand er immerhin für 15 Minuten Zeit, den US-Präsidenten zu treffen.

Schwerreicher Zementbaron

Dabei hätte Aliko Dangote eigentlich wenig Grund zur Zurückhaltung. Während das US-Magazin «Forbes» sein Vermögen auf 22 Milliarden Dollar schätzt, sieht die «Financial Times» in ihm nichts weniger als «den erfolgreichsten Geschäftsmann der afrikanischen Geschichte». Seine Erfolgsgeschichte, vom Kleinkredit des Onkels bis hin zum Zucker- und Zementbaron, ist einmalig. Heute ist seine Dangote Group nicht nur der grösste Zementhersteller Afrikas, ihr gehören auch Produktionsstätten für Salz, Nudeln, Zucker oder Mehl in 14 Ländern des Kontinents an. Was den Muslim aus dem Norden Nigerias dabei von der Wirtschaftselite seines Heimatlandes abhebt, ist seine Zurückhaltung: Während andere in der Wirtschaftsmetropole Lagos gerne mit ihrem Reichtum klotzen, lebt Dangote bescheiden. Er arbeitet von früh bis spät, soll kaum Ferien machen und legt wenig Wert auf Statussymbole. Lieber baut er noch eine Fabrik, investiert in noch ein gewinnbringendes Geschäft. Anfang 2013 etwa, als er den Bau einer Ölraffinerie in Nigeria für 8 Milliarden Dollar bekannt gab.

Werkplatz Afrika

Gastgeber Klaus Schwab sieht im bevölkerungsreichsten Land des Kontinents ein grosses Entwicklungspotenzial, richtet dieses Jahr gar zum ersten Mal ein regionales WEF-Treffen in Nigeria aus. Dass Schwab ausgerechnet Aliko Dangote zum ersten afrikanischen Privatmann im Vorstand des WEF macht, dürfte auch mit dessen Engagement für den Kontinent zusammenhängen. Zum einen investiert Dangote beträchtliche Summe in philanthropische Aktivitäten und wurde erst kürzlich von der UNO in den Lenkungsausschuss der Bildungsinitiative Global Education First berufen.

Zum anderen ist er einer der wenigen Geschäftsleute, die in grossem Stil in den Werkplatz Afrika investieren. Während viele seiner nigerianischen Landsleute mit dem Export und Import von meist unverarbeiteten Gütern reich geworden sind, setzt Dangote seit Jahren auf die Produktion und die Verarbeitung vor Ort - ein Bekenntnis, das Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen hat. Beim einem Umsatz von 642 Milliarden Dollar im Jahr 2012 beschäftigte des Unternehmen weit über 20'000 Mitarbeitende.

Nähe zum Diktator

Seine Teilnahme am WEF werde viel zum Austausch zwischen den führenden Kräften aus Wirtschaft, Politik und der Zivilgesellschaft beitragen, liess Schwab bei Dangotes Ernennung verlauten. Tatsächlich bringt Dangote dafür beste Voraussetzungen mit, kennt er sich doch neben der Wirtschaft auch auf dem politischen Parkett bestens aus. Zu gut, sagen seine Kritiker und betonen die engen Beziehungen zu den Machthabern Nigerias. Tatsächlich hat Dangote seine Marktdomination zu einem Zeitpunkt aufgebaut, als das westafrikanische Land von einer brutalen Militärdiktatur in die nächste schlitterte. Es scheint unrealistisch, dass sein Geschäft vor 1996 - dem Tod des letzten Diktators Sani Abacha - ohne gute Beziehungen zum Regime florieren konnte.

Bekannt sind auch die engen Kontakte zu Olusegun Obasanjo, Präsident von 1999 bis 2007 sowie zum aktuellen nigerianischen Staatschef Goodluck Jonathan. Alles kein Problem, sagte Aliko Dangote einmal: Wer in Afrika viel Geld investiere, müsse zwingend gute Beziehungen zur Politik haben. Agiert er auch 2014 nach diesem Prinzip, dürfte ihm Davos die beste Plattform für neue Kontakte bieten.