Beitrag vom 19.11.2013
Koalitionsvereinbarung CDU, CSU und SPD
AG Auswärtiges, Verteidigung, Entwicklungspolitik und Menschenrechte
Entwicklungspolitik
870 Grundlagen und Ziele für wirtschaftliche Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung
871 Ziel unserer Entwicklungspolitik ist es, auf der Grundlage unserer Werte und Interessen
872 weltweit Hunger und Armut zu überwinden und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu
873 stärken. Wir setzen uns ein für Frieden, Freiheit und Sicherheit, die Achtung und
874 Verwirklichung der politischen und sozialen Menschenrechte sowie die Bewahrung der
875 Schöpfung. Wir fördern den Aufbau einer sozial und ökologisch ausgerichteten
876 Marktwirtschaft, gute Regierungsführung und die Mitwirkung der Zivilgesellschaft. Unsere
877 Entwicklungspolitik leistet Hilfe zur Selbsthilfe und unterstützt die eigenen
878 Entwicklungsanstrengungen der Regierungen und der Menschen vor Ort. Wir verstehen
879 Entwicklungspolitik auch als globale Strukturpolitik und wollen die Globalisierung nachhaltig
880 und gerecht für alle Menschen gestalten. Entwicklungspolitik hat präventiven Charakter und
881 ist damit auch vorausschauende Friedenspolitik.
882 Wir richten uns an den Millenniumszielen und an deren Weiterentwicklung im Rahmen der
883 Postâ€2015â€Entwicklungsagenda aus.
884 Gestaltung der internationalen Rahmenbedingungen für Entwicklung
885 Wir setzen uns ein für den Schutz globaler öffentlicher Güter und für gerechte
886 Welthandelsbedingungen. Deshalb streben wir insbesondere einen entwicklungsorientierten
887 Abschluss der WTOâ€Welthandelsrunde und einen fairen Interessenausgleich mit den
888 Entwicklungsländern an. Das muss auch für den weltweiten Agrarhandel gelten.
889 Wir wollen die Arbeitsbedingungen in den Entwicklungsländern verbessern. Wir setzen uns
890 für verbindlich festgeschriebene, international anerkannte menschenrechtliche, ökologische
891 und soziale Mindeststandards wie der ILOâ€Kernarbeitsnormen ein. Wir setzen uns deshalb
892 für die Aufnahme dieser Standards in allen Handelsabkommen der EU ein.
893 Wir streben für die Zeit nach 2015 Nachhaltigkeitsziele (SDG) an, die auf breitenwirksames,
894 inklusives, ressourcenschonendes und kohlenstoffarmes Wachstum ausgelegt sind. Wir
895 wollen eine aktive Rolle dabei spielen, dass die Weiterentwicklung der Millenniumsziele zu
896 universellen Entwicklungs†und Nachhaltigkeitszielen führt.
897 Entwicklungspolitik soll prominent auf den Tagesordnungen der G8†und G20â€Gipfel
898 behandelt werden. Wir werden dafür sorgen, dass entwicklungspolitische Gipfelâ€Zusagen in
899 Zukunft schneller umgesetzt werden können.
900 Europäische und internationale Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit
901 Wir wollen ein eigenständiges Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
902 Entwicklung, das seiner politischen Steuerungsfunktion gerecht werden kann. Die
903 Institutionen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wollen wir im Sinne des
904 Effizienzgedankens weiter verbessern. Die Zusammenarbeit zwischen GIZ und KfW soll
905 intensiviert werden. Die entwicklungsorientierte ressortübergreifende Zusammenarbeit
906 wollen wir verbessern.
907 Wir wollen die bilaterale und die europäische Entwicklungspolitik besser aufeinander
908 abstimmen, auch um die europäische Sichtbarkeit in der internationalen Entwicklungspolitik
909 weiter zu erhöhen und die internationale entwicklungspolitische Agenda mitzuprägen.
910 Dieses Ziel verfolgen wir auch durch einen höheren deutschen Personalanteil in den
911 internationalen Organisationen.
912 Unsere Beiträge an multilaterale Entwicklungsorganisationen richten wir an deren
913 Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit aus, die wir bewerten wollen. In diesem Sinne werden
914 wir die bilateralen und multilateralen Instrumente entsprechend ihrer komparativen Vorteile
915 flexibel einsetzen, um den deutschen Beitrag möglichst effizient und wirksam zu gestalten.
916 Wo die Rahmenbedingungen wie eine effektive und transparente Kontrolle der
917 Mittelverwendung sichergestellt sind, kann Budgethilfe ein Instrument zur Steigerung der
918 Eigenverantwortung sein.
919 Nachhaltige Finanzierung
920 Wir halten an dem Ziel fest, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche
921 Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Wir werden uns diesem Ziel durch
922 jährliche Steigerungen der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des
923 Bundeshaushalts annähern. [Finanzierungsvorbehalt: Wir wollen Deutschland auf einen
924 konkreten, realistischen Finanzierungspfad zum 0,7â€ODAâ€Ziel führen und streben an, diese
925 Zielmarke mittelfristig durch jährliche Steigerungen der Mittel für
926 Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von zusätzlich je einer Milliarde Euro zu erreichen.
927 Dafür wollen wir auch innovative Finanzierungsinstrumente einschließlich neuer Formen zur
928 Besteuerung der internationalen Finanzmärkte nutzen]. Deutschland wird für international
929 gegebene Zusagen ein verlässlicher Partner in der Welt sein.
930 Wir werden mit internationalen Partnern und mit wissenschaftlicher Unterstützung
931 Vorschläge für eine Weiterentwicklung des ODAâ€Konzepts entwickeln. Wir wollen eine
932 zweckentsprechende Verwendung der ODAâ€Mittel sicherstellen.
933 Wir stehen zu den in Kopenhagen eingegangenen Verpflichtungen. Die damit verbundenen
934 Ausgaben sollen in fairer Weise zwischen den Ressorts verteilt werden.
935 Thematische Schwerpunkte
936 Im Rahmen der grundsätzlichen Ausrichtung unserer Entwicklungszusammenarbeit fördern
937 wir insbesondere die ländliche Entwicklung, um einen wichtigen Beitrag zur
938 Ernährungssicherung und zur Verwirklichung des Rechts auf Nahrung zu leisten.
939 Unverantwortlicher Spekulation mit Nahrungsmitteln treten wir entgegen und wollen die
940 Freiwilligen Leitlinien der FAO zur verantwortungsvollen Landnutzung umsetzen.
941 Gesundheit bildet die Grundlage für nachhaltige Entwicklung. Der Globale Fonds spielt
942 hierbei eine wichtige Rolle, die sich in der Politik des Ministeriums widerspiegeln sollte. Zur
943 besseren Absicherung gegen Lebensrisiken wollen wir beim Aufbau grundlegender sozialer
944 Sicherungssysteme helfen. 944 Dazu gehört auch der Aufbau funktionierender und gerechter
945 Steuersysteme.
946 Wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Durchsetzung der Rechte
947 von Mädchen und Frauen zu einer Querschnittsaufgabe deutscher
948 Entwicklungszusammenarbeit machen. Fragen des Weltbevölkerungswachstums wollen wir
949 mehr Aufmerksamkeit schenken.
950 Bildung ist der Schlüssel für eine zukunftsfähige Entwicklung. Wir wollen für Frauen und
951 Männer, Mädchen und Jungen gleichermaßen gute Bildungs†und Ausbildungsmöglichkeiten
952 schaffen. Die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen soll in der
953 Entwicklungszusammenarbeit stärker verankert und systematischer ausgestaltet werden.
954 Ein Fokus soll auch auf die entwicklungsorientierte Nutzung Neuer Medien durch die
955 Menschen in Entwicklungsländern gelegt werden.
956 Wir werden unseren Fokus auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, wie auf
957 Maßnahmen des Klimaschutzes einschließlich einer effizienten und erneuerbaren
958 Energieversorgung, des Schutzes der Wälder und der biologischen Vielfalt richten.
959 Entwicklungsländer müssen bei der Anpassung an den Klimawandel und dessen Folgen
960 unterstützt werden.
961 Wir unterstützen Maßnahmen der zivilen Krisenprävention, der gewaltfreien
962 Konfliktbearbeitung und der Postâ€Konfliktbewältigung.
963 Regionale Schwerpunkte
964 Um noch nicht erreichte Millenniumsziele und die Überwindung von Hunger und Armut zu
965 erreichen, werden wir künftig unsere Anstrengungen in den ärmsten Ländern stärken.
966 In fragilen Staaten wollen wir einen besonderen Schwerpunkt setzen.
967 Zwischenstaatliche Zusammenarbeit mit Ländern, in denen das Regierungshandeln
968 systematisch im Widerspruch zu unseren Werten steht, soll nur erfolgen, wenn unsere
969 Unterstützungsmaßnahmen zu Veränderung beitragen können, wenn dies aus humanitären
970 Gründen geboten ist oder wenn es Frieden und Sicherheit dient.
971 Die bilaterale staatliche Zusammenarbeit mit Schwellenländern muss deren höhere
972 Leistungsfähigkeit und gewachsene internationale Verantwortung berücksichtigen. Von den
973 Schwellenländern muss die eigenverantwortliche Verwirklichung der Menschenrechte auf
974 Nahrung, Gesundheit und Bildung für die eigene Bevölkerung eingefordert werden. Wir
975 konzentrieren uns auf den Schutz globaler öffentlicher Güter, die Suche nach
976 rohstoffschonenden nachhaltigen Entwicklungspfaden sowie fallweise auch auf
977 Dreieckskooperationen zugunsten armer Entwicklungsländer. Die Förderung der
978 Zivilgesellschaft in diesen Ländern sowie der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit ist
979 besonders wichtig.
980 Unsere Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Transformationsprozesse im südlichen
981 und östlichen Mittelmeerraum sowie in den Mitgliedstaaten der Östlichen Partnerschaft.
982 Diese Regionen müssen neben Subsaharaâ€Afrika ein besonderer Schwerpunkt unserer
983 Entwicklungspolitik sein.
984 Kooperationspartner
985 Die Bundesregierung wird das zivilgesellschaftliche Engagement fördern und die
986 Wahrnehmung entwicklungspolitischer Verantwortung von Kirchen,
987 Nichtregierungsorganisationen, politischen und privaten Stiftungen und der Wirtschaft
988 sowie von Kommunen stärken. 988 Dies gilt bei uns hierzulande ebenso wie in den
989 Partnerländern. Intensive Kooperationen wie Kammer†und Verbandspartnerschaften sowie
990 Berufsbildungspartnerschaften sollen weiter gestärkt werden. Wir wollen die
991 entwicklungspolitische Bildungsarbeit stärken und den fairen Handel unterstützen.
992 In der Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft (PPP) unterstützen wir auf der Basis
993 einer ausgeglichenen Rollenverteilung von Staat und Privatwirtschaft den Auf†und Ausbau
994 des privaten Sektors in den Entwicklungsländern, sofern dies einer nachhaltigen, sozialen
995 und ökologischen Entwicklung dient.