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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 04.09.2008

Mitunterzeichner des "Bonner Aufrufs" Wim Dohrenbusch, ARD Nairobi
in HR2 in der Sendung "Der Tag"/"Missbrauch und Verschwendung - Entwicklungshilfe am Pranger"

Der Fluch der Hilfe. Immer mehr Afrikaner fordern mehr Selbstverantwortung statt Bettelei um Milliardensummen.

In Kenia ist neulich eine schwangere Frau auf dem Krankenhausflur verblutet, weil das Personal für mehr Gehalt streikte. Die Tochter des ugandischen Staatschefs Museveni hat sich dagegen im Präsidentenjet zur Entbindung in eine Londoner Privatklinik fliegen lassen. Zimbabwes Autokrat Mugabe wird im Rolls Royce chauffiert, während das Volk Hunger leidet. Ruanda plündert die Rohstoffe im Kongo und ist ein Schwerpunktland deutscher Entwicklungshilfe. Und Kenias Präsident Kibaki ist vor Jahren mit seiner Entourage im New Yorker "Waldorf Astoria" abgestiegen, um auf dem Armutsgipfel der UN mehr Unterstützung für den Elendskontinent Afrika zu fordern.

Aber es geht auch anders. Immer mehr kritische Afrikaner fordern ein Umdenken. "There is no doubt in my mind that such forgiveness will not help… Den Armen ist mit Schuldenerlass und Entwicklungshilfe nicht geholfen", sagt der ugandische Wirtschaftwissenschaftler Andrew Mwenda. "Im Gegenteil. Unsere Diktatoren füllen ihre Schweizer Bankkonten, Armeen werden vergrößert, Beamte und politische Günstlinge stopfen sich die Taschen voll. …public aministration , that is political appointees, will increase". Mehr als zwei Billionen Dollar, eine unvorstellbare Summe, sind in 50 Jahren nach Afrika geflossen, aber die Länder sind heute ärmer als zuvor. Erst die Entwicklungshilfe hat die Menschen zu Bettlern gemacht, sagt auch der kenianische Ökonom James Shikwati: "When you pour food on us you stop, you kill our ability to think… Wenn wir ständig mit Lebensmittelhilfe überschüttet werden, dann stirbt unsere Fähigkeit, selbst zu denken und zu handeln. Und so macht ihr uns zu Bettlern. …and then you make us to be beggars".

Beispiele dafür liefern nicht nur die korrupten Eliten. Am Flughafen von Nairobi etwa werden Reisende von Taxifahrern belagert, die nicht etwa mit guten Preisen und Leistung wetteifern. Nein, der Standardsatz lautet: "You must promote me. Du musst mich unterstützen". Als die Kenianerin Leocadia neulich ins Krankenhaus musste, übernahm eine befreundete europäische Familie die Kosten. Kurz darauf bat die Frau ihre Freunde per SMS um Blutspenden für die Operation. Auf die Idee die eigenen Kinder und Familienangehörigen zu fragen, war sie nicht gekommen. Das bringt auch die Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai auf die Palme: "We just need to get out of our seats and stop waiting… Wir müssen endlich den Hintern hoch kriegen, statt darauf zu warten, dass uns andere helfen. Es ist unsere eigene Verantwortung. …will never do it. That's our responsibility".

Wozu Geld für Schulen und Krankenhäuser ausgeben oder Getreidevorräte anlegen, wenn die Hilfsorganisationen im Anflug sind? Warum Straßen instand halten, wenn die Geberländer neue bauen? Weshalb Steuern erheben, wenn es ausländische Budgethilfe gibt? Andrew Mwenda kritisiert den Verlust der Selbstverantwortung Afrikas, beklagt aber auch die Entwicklungshilfe als Wirtschaftsförderung für die Geber selbst: "93 %, please listen to this, 93 % goes into project overheads… 93 Prozent der Hilfsgelder fallen auf allgemeine Projektmittel, nennt er ein Gesundheitsprojekt in Uganda. Also Personalkosten der europäischen Experten, deren Häuser, Dienstwagen und Büros. Für Medikamente sind nur sieben Prozent übrig. …offices, tea and cake. Only 7 per cent goes into drugs".

Afrika sei durchaus in der Lage sich selbst zu helfen, sagt James Shikwati und verweist auf Bodenschätze und landwirtschaftliches Potential: "The issue is not only to access the rich countries' markets, the issue is… Es geht nicht nur darum, Zugang zu den Weltmärkten zu bekommen, sondern den innerafrikanischen Handel zu fördern. Wir schreien nach immer mehr Unterstützung, aber damit zerstören wir unsere eigenen Märkte."