Direkt zum Inhalt
Für eine andere Entwicklungspolitik!

Äquatorialguinea25 Luxusautos, eine 100-Millionen-Jacht und ein Stadtpalais in Paris – doch der afrikanische Playboy hatte das alles gestohlen

Äquatorialguinea
01.08.2021 NZZ Teodorin Obiang, der Vizepräsident Äquatorialguineas, stellt seinen Reichtum gerne zur Schau. Doch «sein» Vermögen stammt aus Veruntreuung. In Europa, wo ein Teil der Gelder landete, störte sich daran lange niemand. Das ändert sich nun. Fabian Urech Teodorin Obiang ist ein Mensch ohne Skrupel. Um dies festzustellen, genügt ein Blick auf seinen Instagram-Account. Neben Bildern von Staatsbesuchen und diplomatischen Empfängen finden sich hier vor allem Aufnahmen, die von einem Leben in Saus und Braus zeugen: teure Autos, Privatjets, eine 100-Millionen-Dollar-Jacht und regelmässige Ferienaufenthalte in Luxushotels oder in einem seiner Anwesen im Ausland. Dass hier etwas zum Himmel stinkt, ist eigentlich seit Jahren bekannt. Als Vizepräsident von Äquatorialguinea, einem Land mit einer Armutsquote von 70 Prozent, verdient der 53-jährige Obiang offiziell lediglich ein paar tausend Dollar pro Monat. Doch im ölreichen Kleinstaat vor Afrikas Westküste will das wenig heissen. Hier bereichert sich die politische Elite seit langem in beispielloser Schamlosigkeit an den Staatseinnahmen. Zu befürchten hat sie wenig, Teodorin ohnehin nicht: Sein Vater Teodoro Obiang ist Präsident des Landes und führt dieses mit harter Hand seit 1979 – länger als jeder andere Staats- oder Regierungschef der Welt. Dennoch war der korrupte Präsidentensohn in Europa und den USA, wo er verschiedene Immobilien besass, bis vor kurzem ein gerngesehener – oder zumindest tolerierter – Gast. Nun scheint sich dies zu ändern. Nicht mehr willkommen Am Mittwoch bestätigte Frankreichs höchstes Berufungsgericht ein Urteil gegen Obiang aus dem Jahr 2017. In diesem war der Vizepräsident, der nicht anwesend war, wegen Geldwäscherei von unrechtmässig erworbenem Vermögen zu drei Jahren Gefängnis sowie einer Busse von 30 Millionen Euro verurteilt worden. Im Fokus des Prozesses stand unter anderem ein luxuriöses Stadtpalais in der Nähe der Champs-Élysées in Paris, das Obiang gehörte. Das Gebäude hat mehr als 100 Zimmer und soll über ein Kino, einen Hammam und ein Fitnessstudio verfügen. Der Wert der Immobilie wird auf über 100 Millionen Euro geschätzt. Zu den weiteren Vermögenswerten von Obiang in Frankreich zählten mehrere Luxusautos sowie Gemälde von Renoir und Degas. Da die Rechtsmittel mit dem jüngsten Urteil ausgeschöpft sind, sollen Obiangs Besitztümer in Frankreich nun konfisziert und verkauft werden. Der erwartete Erlös von rund 150 Millionen Euro soll später nach Äquatorialguinea zurückfliessen – allerdings nicht an die Regierung, die das Geld gleich wieder in die eigene Tasche stecken könnte, sondern mittels Entwicklungsprojekten an die Bevölkerung. Für die Anti-Korruptions-NGO Transparency International, die zu den Klägern gegen Obiang gehörte, markiert das Urteil eine wichtige Wende: «Es bestätigt, dass Frankreich kein Ort mehr ist, an dem das Geld, das ausländische Politiker ergaunert haben, willkommen ist.» 25 Luxusautos in Genf beschlagnahmt Nur eine Woche vor der Entscheidung des Pariser Gerichts war man auch in London zum Schluss gekommen, dass man mit Obiang keine Geschäfte mehr machen möchte. Am 22. Juli hatte Grossbritannien Obiang auf eine Sanktionsliste gesetzt – kein alltäglicher Schritt bei einem amtierenden Regierungsmitglied. Der Vizepräsident, der bis 2016 noch Landwirtschaftsminister war, habe staatliche Gelder veruntreut, «um einen verschwenderischen Lebensstil zu finanzieren, der unvereinbar war mit seinem offiziellen Gehalt», heisst es in der Begründung. Die Sanktionen beinhalten ein Reise- und ein Finanztransaktionsverbot sowie eine Beschlagnahmung allfälliger Vermögenswerte Obiangs. Auch die Schweizer Justiz hat sich bereits mit Obiang beschäftigt. In Genf, wo zwei Brüder des Vizepräsidenten aufgewachsen sind, wurden vor knapp fünf Jahren 25 Luxusautos, die Teodorin gehörten, beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft des Kantons hatte zuvor ein Strafverfahren gegen ihn wegen Geldwäscherei und ungetreuer Amtsführung eröffnet. Nachdem sich die äquatorialguineische Regierung bereit erklärt hatte, 1,3 Millionen Franken an den Kanton zu zahlen, wurde das Verfahren 2019 eingestellt. Obiangs Luxusautos aber wurden versteigert. Der beachtliche Erlös von rund 24 Millionen Franken soll nun an soziale Projekte in Äquatorialguinea zurückfliessen. Das Schweizer Aussendepartement (EDA), das mit der Rückführung betraut wurde, hat mit der Regierung in Malabo vor über einem Jahr Verhandlungen über die Modalitäten aufgenommen. Einfach wird die Sache nicht: Immerhin verhandelt man hier quasi mit dem Dieb persönlich darüber, wie sein konfisziertes Diebesgut zurückerstattet werden soll. Äquatorialguinea ist wütend . . . Die Regierung von Äquatorialguinea hat auf die jüngsten Entscheide gegen ihren Vizepräsidenten mit trotzigem Unverständnis reagiert. Nachdem Obiang auf der britischen Sanktionsliste gelandet war, verkündete Malabo kurzerhand, man werde seine Botschaft in London schliessen. Auf das Urteil in Paris reagierte die Regierung mit einem wütenden Communiqué. Es handle sich um eine «juristische Farce», heisst es darin. Der Gerichtsentscheid sei Ausdruck eines «neokolonialen Plans» Frankreichs, basierend auf dem «unstillbaren nostalgischen Wunsch, die afrikanischen Völker weiterhin zu foltern und auszuplündern». . . . und hält sechs Franzosen fest Kaum dem Zufall geschuldet dürfte vor diesem Hintergrund ein Zwischenfall sein, der sich am Mittwoch kurz nach der Urteilsverkündung in Paris ereignete. In Bata, der Wirtschaftsmetropole Äquatorialguineas, wurden sechs französische Militärs, deren Helikopter auf dem örtlichen Flughafen einen Tankzwischenstopp eingelegt hatte, am Weiterflug gehindert. Die Regierung in Malabo erklärte, für den Helikopter sei weder eine Überflugs- noch eine Landeerlaubnis ausgestellt worden, es handle sich um eine «direkte Provokation und einen Angriff auf die nationale Sicherheit». Frankreichs Armee liess derweil verlauten, solche Tankstopps habe es in der Vergangenheit immer wieder gegeben, die nötigen Bewilligungen seien vorhanden gewesen. «Es finden im Moment Verhandlungen statt», sagte ein Sprecher am Freitag. Nach letzter Information sitzen die sechs Franzosen noch immer in Bata fest.