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Beitrag vom 09.07.2019

FAZ

Afrika beginnt mit Freihandelszone

Der Wegfall der Zölle soll den bislang schwachen Handel auf dem Kontinent anschieben. Ein wichtiges Land macht nach langem Zögern mit.

ppl./cbl. FRANKFURT/KAPSTADT, 8. Juli. Die Afrikanische Union (AU) hat am Wochenende den Startschuss für das panafrikanische Freihandelsabkommen AfCFTA gegeben. AU-Kommissionschef Moussa Faki Mahamat nannte es beim Gipfeltreffen in Nigers Hauptstadt Niamey eine bemerkenswerte, „historische“ Leistung. Seinen Angaben zufolge haben 27 Staaten das Abkommen schon ratifiziert. Insgesamt haben 54 der 55 Staaten Afrikas ihre Teilnahme zugesagt. Am Wochenende hat sich nach mehr als einem Jahr Zögern auch Nigeria, die größte Volkswirtschaft des Kontinents mit einem hohen Niveau an Protektionismus, dem Freihandelsabkommen angeschlossen. Nur Eritrea macht bislang nicht mit.

Mit dem AfCFTA-Freihandelsabkommen soll innerhalb der nächsten Jahre die weltgrößte Freihandelszone entstehen mit einem Binnenmarkt, in dem schon heute mehr als 1,2 Milliarden Menschen leben. Bislang ist der Handel zwischen den Ländern Afrikas kümmerlich gering, da hohe Zollbarrieren und andere Hindernisse, vor allem Bürokratie und schlechte grenzüberschreitende Straßen, den wirtschaftlichen Austausch erschweren. Nur 17 Prozent der afrikanischen Exporte gehen in andere afrikanische Länder, fast zwei Drittel nach Europa. Es gibt zwar schon mehrere, sich teils überlappende regionale Handelsblöcke wie Ecowas im Westen Afrikas, Comesa im Osten und Süden und SADC im südlichen Afrika. Faktisch sind aber die Handelshürden weiterhin hoch. Das soll sich ändern.

Der AfCFTA-Freihandelsraum solle von Juli 2020 an einsatzbereit sein, sagte der AU-Handels- und Industriekommissar Albert Muchanga. Die Länder brauchten aber Zeit, um sich an die vereinbarten Änderungen anzupassen. 90 Prozent aller Zölle auf „nichtsensible“ Produkte sollen fallen. Die am wenigsten entwickelten, ärmsten Staaten können sich dafür bis zu zehn Jahre Zeit nehmen, die anderen sollen in fünf Jahren den Zollabbau durchsetzen. Auch der Handel mit Dienstleistungen wird liberalisiert.

Während die AU schon für die nächsten Jahre höhere zweistellige Wachstumsraten des Handels erhofft, sind internationale Ökonomen zurückhaltender. Nach Modellberechnungen der UN-Wirtschaftskommission für Afrika könnte das Handelsvolumen bis zum Jahr 2040 je nach Grad der Liberalisierung um 15 bis 25 Prozent steigen, in absoluten Zahlen um 50 bis 70 Milliarden Dollar. Das Bruttoinlandsprodukt werde „relativ moderat“ um 1 Prozent steigen, rechnet die UN-Economic Commission for Africa. Viel wird davon abhängen, ob die versprochene Handelsfreiheit in der Praxis auch verwirklicht wird oder ob die Länder weiterhin bürokratische Hürden für ausländische Wettbewerber errichten.

Der deutsche Außenhandelsverband BGA begrüßte den Abschluss der Freihandelszone als „historische Chance“. „Afrika braucht dringend mehr regionale Integration als Wachstumstreiber“, sagte BGA-Chef Holger Bingmann. Die „kuriose Situation“, dass die afrikanischen Länder nur so wenig Handel untereinander trieben, werde nun hoffentlich überwunden. Der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Stefan Liebing, nannte den nun geplanten afrikanischen Binnenmarkt wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents. „Das erleichtert auch deutschen Unternehmen, in Afrika zu investieren.“ Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in Afrika liegt laut den jüngsten Zahlen der Bundesbank bei 11,5 Milliarden Euro auf eher bescheidenem Niveau. Amerikanische, britische und französische Unternehmen haben vier bis sechsmal so viel investiert, laut UN-Behörde Unctad 50 bis 64 Milliarden Dollar. Stark zugelegt haben Chinas Investitionen auf 43 Milliarden Dollar. China ist inzwischen der größte Handelspartner der afrikanischen Länder.

Die starke Hinwendung zur Volksrepublik belastet in diesem Jahr jedoch das wirtschaftliche Wachstum Afrikas, da Chinas Güterimporte wegen der schwächeren Konjunktur derzeit deutlich gebremst werden. Nach Prognosen von NKC African Economics wird das besonders Ölländer wie Nigeria, Angola, Algerien und Gabun sowie Metallexporteure von Ghana, Kongo und Südafrika bis Sambia negativ betreffen.