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Beitrag vom 07.03.2018

FAZ

Generation Foot

Das Internat des ehemaligen Profis Mady Touré gilt als das erfolgreichste Fußballprojekt Afrikas

Dakar. Wie eine Fata Morgana liegt es da, das Camp von Generation Foot. Gut eine Stunde auf staubigen und sandigen Straßen, vorbei an zerschundenen Häusern und riesigen Müllbergen, dauert die Fahrt mit dem Auto. Heraus aus Senegals Hauptstadt-Moloch Dakar, vorbei am erstaunlichen roséfarbenen Lac Rosé bis hin zum Vorort Deni Biram N’Dao, wo plötzlich hinter weiß getünchten Mauern dieser feine Gebäudekomplex des Fußballcamps zu erahnen ist. 16 Hektar groß ist das Gelände des Fußballinternats, das professionell und modern ausgestattet ist: die Gebäude mit den Unterkünften für die Spieler, die Schule, die Fitnessräume, die medizinischen Einrichtungen. Dazu gepflegte Rasenplätze, die ihresgleichen suchen in Senegal. Einem Entwicklungsland mit wüstenähnlichem Klima, in dem Fußball für gewöhnlich auf Sand und Stein gespielt wird. Generation Foot, das Fußballinternat des ehemaligen Frankreich-Profis Mady Touré, ist derzeit wohl das erfolgreichste Fußballprojekt Afrikas. Die Ausbildung und der anschließende Verkauf von Spielern wie Papiss Demba Cissé, Diafra Sakho, Fallou Diagne und Ismaila Sarr brachten der Akademie in den vergangenen Jahren Transfersummen von mehreren Millionen Euro ein. Massiv profitierte auch der französische Erstligaklub FC Metz, der an dem Projekt beteiligt ist.

Der weitreichendste Treffer gelang Tourés Unternehmen mit Sadio Mané. Der Angreifer des FC Liverpool, heute ein Profi mit Weltklasse-Status, nahm den klassischen Ausbildungsweg der Generation-Foot-Exportschlager: Nach seiner Ausbildung bei Generation Foot wurde er 2011 als 18-Jähriger zum FC Metz weitergegeben. Im Jahr darauf wechselte er für vier Millionen Euro Ablöse zu RB Salzburg, ehe er 2014 reif für die Premier League war. Für eine Ablöse von 23 Millionen Euro erzielte er fortan seine Tore für den FC Southampton. Als er 2016 schließlich dem FC Liverpool etwas über 40 Millionen Euro wert war, hatte sich Mané längst zu einem der weltweit begehrtesten Spieler gemausert. Seither ist Generation Foot zumindest bei den Experten der Szene in aller Munde – und Gründer Mady Touré in der Branche ein gemachter Mann.

Der Weg dahin war allerdings nicht leicht. Nach seiner aktiven Fußballkarriere begann Touré, für seinen früheren Verein AS Nancy afrikanische Talente zu scouten. Als der Klub aus der ersten Liga abstieg, war die Zusammenarbeit hinfällig. Touré entschloss sich, in seiner Heimatstadt Dakar Generation Foot zu gründen. Seine Spieler wohnten noch zu Hause, er trainierte sie auf in Dakar üblichen Sandplätzen. 2003 gelang es Touré, Carlo Molinari – damals Präsident des FC Metz – von einer Kooperation zu überzeugen. Tourés bestes Argument dabei war Papiss Demba Cissé, den er unter seinen Fittichen gehabt hatte und den er dem FC Metz gewissermaßen als Einstiegsgeschenk mitbrachte. Nach Anlaufschwierigkeiten wurde der Stürmer immer besser und wechselte im Winter 2009/10 für die damalige Rekordsumme von 1,5 Millionen Euro zum SC Freiburg, wo er sich zum international gefragten Torjäger mauserte.

Mit Cissés Entwicklung waren auch die Franzosen beim FC Metz überzeugt. Hatte die Zusammenarbeit – insbesondere nach den Erstliga-Abstiegen 2006 und 2008 – immer mal wieder auf wackligen Beinen gestanden, wurde Generation Foot von 2009 an unter dem neuen Metz-Präsidenten Bernard Serin fester Bestandteil der Vereinsstrategie. Man einigte sich auf ein festes jährliches Budget aus Frankreich – sämtliche Kosten der Fußballschule waren nun abgedeckt, und die neue Sicherheit erlaubte eine massive Investition in die Infrastruktur. Touré hatte im gut 30 Kilometer von Dakar entfernt gelegenen Deni Biram ein Grundstück gefunden, das er kaufte und zu bebauen begann. Ende 2013 wurde das „Amara-Touré-Zentrum“ eingeweiht: 120 junge Fußballer im Alter zwischen 13 und 18 Jahren zogen ein. Der senegalesischen Sport-Tageszeitung „Stades“ erklärte Touré: „Alle Talente sollen die normale Schule besuchen und eine Berufsausbildung machen. Einige von ihnen werden es sicherlich zum Fußballprofi schaffen, aber auch die anderen müssen sich später versorgen können.“

Zu jener Zeit hatte Sadio Mané dem FC Metz bereits die Vier-Millionen-Euro-Ablöse von RB Salzburg eingebracht, Verteidiger Fallou Diagne war für eine halbe Million zum SC Freiburg gewechselt. Nur wenig später freute sich die senegalesisch-französische Kooperation über weitere Einnahmen: Stürmer Diafra Sakho, der schon 2006 als 18-Jähriger aus Senegal nach Metz übergesiedelt war, wurde 2014 für vier Millionen Euro zu West Ham United transferiert. Sprudelnde Millionen, die zwischen dem FC Metz und Generation Foot geteilt werden. Und Mady Touré ist stolz: „Generation Foot ist jetzt profitabel. Allerdings funktioniert es weiterhin nur mit Spielern, die ein extrem hohes Niveau haben und das Potential entwickeln, es nach Europa zu schaffen. Von allen anderen müssen wir uns zeitig trennen.“ Getrennt hat man sich 2016 auch von Ismaila Sarr, dem jüngsten und bislang wertvollsten Volltreffer der Akademie. Nach einem Jahr in Metz wurde der Angreifer 2017 für 17 Millionen Euro Ablöse an Stade Rennes verkauft – das Geschäft floriert.

Um die besten Talente zu finden, hat sich Touré ein Netzwerk von Experten aufgebaut, längst sind die Sichtungen auch auf die Nachbarländer Senegals ausgedehnt. Mittlerweile kommen die jungen Spieler auch aus Burkina Faso, Mali, Guinea oder der Elfenbeinküste. Zudem hat Generation Foot ein eigenes Seniorenteam gegründet, in dem die Spieler Praxis sammeln, die nicht mit 18 den Sprung nach Europa geschafft haben. Das Team brauchte nicht lange, um den Aufstieg in Senegals erste Liga zu schaffen. 2017 wurde es erstmals senegalesischer Meister.

Natürlich haben längst Konkurrenten einen Blick auf Generation Foot geworfen und begonnen, das Modell zu kopieren. Olympique Lyon unterzeichnete 2015 eine Partnerschaft mit dem Erstligaklub Dakar Sacré Cœur, Olympique Marseille arbeitet aktuell an einer Zusammenarbeit mit Diambars FC aus dem Küstenort Saly. Dort, rund 60 Kilometer südlich von Dakar, ist auch die Aspire-Akademie der Qataris beheimatet. Eine Fußballschule für Talente aus der gesamten Dritten Welt, die seit 2007 mittels eines gigantischen Scouting-Systems ausgewählt wurden. Trotz der Größe dieser Unternehmung war sie dennoch niemals so erfolgreich wie die Konkurrenz rund um Mady Touré ein paar Kilometer nördlich. Zwar wurden eine Handvoll Aspire-Schüler tatsächlich ebenfalls Profis in Europa, doch auf Spieler vom Kaliber eines Cissé, Sarr oder Mané wartete man vergeblich. Die Qataris lassen ihre Akademie deshalb in den kommenden Jahren auslaufen. Generation Foot wird nichts dagegen haben.

Olaf Jansen