Aller au contenu principal
Pour une autre politique de développement!

Beitrag vom 08.02.2011

Spiegel Online

Superwahljahr in Afrika
Feilschen, fälschen, unterdrücken
Von Horand Knaup, Nairobi

Viele Herrscher Afrikas sind schon ewig an der Macht - und wollen sie auch jetzt wieder verteidigen: 18 Wahlen stehen 2011 auf dem Kontinent an. Die Autokraten fürchten, dass sich die Menschen nach dem Vorbild Ägyptens auflehnen. Zu Recht? Eine Übersicht über die Stärken und Schwächen der Despoten.

Das Jahr fing nicht gut an für Afrika - zumindest unter demokratischen Aspekten. Während die ganze Welt auf Ägypten, Tunesien und den Jemen blickte, kämpfen Laurent Gbagbo und Alassane Ouattara in der Elfenbeinküste weiter um die Macht. Auch in der Zentralafrikanischen Republik gab es Ärger. Die Wahlkommission ernannte den Amtsinhaber Francois Bozize mit 66 Prozent der Stimmen zum Wahlsieger, die Herausforderer nannten die Abstimmung eine "nationale Schande", fühlten sich betrogen und kündigten den Gang zum Verfassungsgericht an.

Und schließlich kürte die Afrikanische Union (AU) den Präsidenten von Äquatorialguinea, Teodoro Obiang, einen ausgemachten Despoten, der seit 31 Jahren sein Volk knechtet, zu ihrem neuen Vorsitzenden. Er sprach in seiner Antrittsrede von Werten wie Menschenrechten und Demokratie, die nun "an die afrikanische Kultur angepasst" werden müssten.

Es wird ein unruhiges Jahr werden, nicht nur für den arabischen Raum. Auch südlich der Sahara blicken eine Reihe von mehr oder weniger demokratisch gewählten Herrschern mit einigen Sorgen in die Zukunft. Allein 18 Präsidentschaftswahlen sieht der Kalender für 2011 vor. Sicher, es gibt Präsidenten wie Pedro Pires auf den Kapverden, der nach zwei Amtsperioden freiwillig abtritt, oder General Salou Djibo im Niger, der nach dem Putsch im vergangenen Jahr tatsächlich innerhalb von zwölf Monaten Neuwahlen ausrief und wo nun am 12. März eine Stichwahl zwischen dem langjährigen Oppositionspolitiker Mahamadou Issoufou und dem früheren Premier Seyni Oumarou eine Entscheidung bringen soll.

Doch eine stattliche Anzahl von Herrschern, geübt im Unterdrücken der Opposition und im Fälschen von Wahlen, wird versuchen, an der Macht zu bleiben. Mit allen Mitteln.

Dabei konzentriert sich das Interesse zunächst einmal auf Länder wie Nigeria und Uganda, Simbabwe oder den Kongo. Weil sie wirtschaftlich stark sind und eine ganze Region destabilisieren könnten; aber auch weil, wie in Harare oder Kampala, Jahrzehnte währende Despotien auf dem Prüfstand stehen.

Dass sich die Despoten wie gehabt auf die zumeist selbst eingesetzten Chefs der Wahlkommissionen verlassen können, auf das Militär, dass sie mühelos Abgeordnete bestechen können, scheint nicht mehr so verlässlich wie es einmal war. Der Aufruhr im Maghreb "könnte das Ende aller autoritären Regime in Afrika sein", jubelte vergangene Woche der kenianische Sozialwissenschaftler Maurice Amutabi. "Afrika und die Arabische Welt sind hoch gespannt, weil viele daran glauben, dass in den kommenden Monaten noch einige Herrschaftssysteme kollabieren werden."

Ganz so heftig wird es vermutlich nicht kommen, aber der erste Testfall steht schon in wenigen Tagen an. Am 18. Februar wird zum Beispiel in Uganda gewählt.

Superwahljahr in Afrika: Welche Despoten haben ihr Land fest im Griff - und wo haben Opposition und Veränderungen eine Chance? Ein Überblick.

Uganda - Drohungen gegen den Herausforderer
Seit 25 Jahren herrscht der 66-jährige Yoweri Museveni über das Land. In den neunziger Jahren wurde er schon als Teil einer "neuen Generation afrikanischer Führer" gefeiert. Davon ist nicht viel geblieben.
Nun will er weitere fünf Amtsjahre dranhängen. Damit nichts schief geht, hat er Vorsorge getroffen - auf seine Weise. Mitte Januar rollte eine Armada neuer Wasserwerfer, Feuerlöschfahrzeuge und anderer Sicherheitsvehikel durch Kampala.
Seinem gefährlichsten Herausforderer Kizza Besigye, den er auch gerne einen "Komödianten" nennt, drohte er an, ihn ins Gefängnis werfen zu lassen, sollte er selbständig Ergebnisse veröffentlichen. Eine Radiostation, die einen weiteren Gegenkandidaten interviewte, musste sich auf Intervention des Präsidenten später öffentlich für das Interview entschuldigen.

Nigeria - bitterste Armut und exzessiver Reichtum
Auch in Afrikas bevölkerungsreichstem Land, in Nigeria, verheißt der Vorlauf zur Parlaments- und Präsidentenwahl im April wenig Gutes. Bomben in Abuja, Anschläge auf Ölanlagen im Niger-Delta, tödliche Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems im "middle-belt" und Attentate auf Politiker und Polizeibeamte im islamischen Maiduguri.
Die Hintergründe sind regional ganz verschieden, doch ohne die eklatanten sozialen Gegensätze - hier bitterste Armut, dort exzessiver und selten ehrlich erworbener Reichtum - wäre die Lage kaum so spannungsgeladen.
Wo sie besonders explosiv ist, werden Wahlkämpfer versuchen, sich die fragile Lage zunutze zu machen. Zu lukrativ sind politische Posten in Nigeria, zu leicht lassen sich, erst einmal im Amt, die eigenen Taschen füllen. Und weil es sich bewährt hat, setzt das politische Establishment auf die erprobten Mittel: Vor allem auf die ethnische und religiöse Differenzierung. Im islamischen Norden appellieren Großplakate bereits an die Identität: "Dein Land, deine Kultur, deine Religion."
Doch trotz aller Gewalt: Einiges spricht dafür, dass nach einem unruhigen Wahlgang der amtierende Präsident Goodluck Jonathan das Land weiter führt.

Kongo - Kabila ohne echten Gegner
In der Demokratischen Republik Kongo hat Joseph Kabila, seit Januar 2001 im Amt, wenig zu befürchten. Im November soll gewählt werden, Unregelmäßigkeiten wird es vermutlich auch diesmal geben, aber keinen ernsthaften Gegenspieler.
Doch wie in vielen afrikanischen Ländern erzeugt auch im Kongo politische Stabilität noch lange keinen wirtschaftlichen Aufschwung. Alles liegt danieder, die Infrastruktur, die Justiz, das Bildungswesen. Daran hat Kabila in den vergangenen zehn Jahren nichts ändern können - und er wird es auch bis 2016 nicht schaffen.

Gambia - ein Thron für Yahya Jammeh
Weiter westlich, im kleinen Gambia, von drei Seiten vom Senegal umschlossen, hält es den eigenwilligen Yahya Jammeh weiter an der Macht. Seit 15 Jahren herrscht er über das Land.
Bei den Wahlen im September will er nicht noch einmal als Präsident antreten, er wähnt sich zu Höherem bestimmt: Er will sich zum König ausrufen lassen und sein Land, in dem die Korruption brummt, politische Repression zu den wichtigsten Polit-Instrumenten gehören und potentielle Herausforderer durchweg im Ausland oder im Gefängnis sind, von einem Thron aus regieren.
Noch ist darüber nicht entschieden, aber ein Regimewechsel erscheint kaum vorstellbar. Wie er sich und seine Rolle im Land sieht, verriet er vor einem halben Jahr bei einer Kundgebung: "Ob ihr wollt oder nicht, kein Coup wird meine Amtszeit beenden, keine Wahlen können meine Regierung stoppen."

Kamerun - Dauerregent Biya will's noch mal wissen
Auch in Kamerun wäre ein Wechsel dringend notwendig. Seit 28 Jahren regiert Paul Biya das Land, 2008 änderte er kurzerhand die Verfassung, die ihm nun eine weitere Kandidatur ermöglicht.
So wie die früheren Wahlen demokratischen Ansprüchen kaum standhielten, setzt sich die Wahlkommission auch diesmal zu über 90 Prozent aus Mitgliedern der Regierungspartei zusammen. Ganz ausgeschlossen scheint es nicht, dass Biya kurz vor dem Wahltermin im Oktober abtritt. Die Opposition hätte dann kaum Zeit sich zu reorganisieren.
Liberia - Afrikas einzige Präsidentin eifert den Männern nach
Auch die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf hält sich nach nur kurzer Amtszeit bereits für unabwählbar. Einer Untersuchungskommission, die ihre Aktivitäten zu den blutigen Zeiten von Rebellenchef Charles Taylor kritisch beleuchtete, entging sie mit Glück und Geschick.
Als einzige Präsidentin Afrikas, die außerdem die westlichen Ansprüche und Erfordernisse seit ihrer Zeit im US-Exil gut kennt, hat sie in den vergangenen Jahren eine Menge Hilfsgelder loseisen können. Einen eigenständigen Wirtschaftskreislauf in Gang zu setzen oder die Korruption nachhaltig zu bekämpfen, ist ihr hingegen nicht gelungen.
In ihrem Wahlkampf 2005 hatte sie noch versprochen, es bei einer Amtszeit zu belassen. Sie hat es sich, wie so viele Männer-Kollegen, anders überlegt, und vermutlich wird sie auch wieder gewinnen.

Tschad - Wahlbetrug als Regelfall
Dreimal hat Präsident Idriss Itno die Wahlen im Tschad schon gewonnen, seit 1990 ist er an der Macht, kein Mal haben ihm Beobachter eine Abstimmung ohne Unregelmäßigkeiten und Betrügereien attestiert. Auch er hat, schon 2005, die Verfassung gedehnt und die Zwei-Amtszeiten-Begrenzung ausgehebelt.
Vermutlich im Mai will er es ein viertes Mal wissen. Auf dem Weltbank-Geschäftsklima-Index hält die Regierung stabil einen der letzten Plätze. Positiv für das Land könnte sich die Einigung mit dem sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir erweisen, der die Rebellen im Osten des Tschad nicht länger unterstützen will.

Wahlen in Afrika - kaum Hoffnung auf Änderung
So wird es ein ereignisreiches Jahr auf dem afrikanischen Kontinent werden, auch in Dschibuti wird gewählt werden, in Benin, auf den Seychellen, und in Somalia hat das eingesetzte Parlament seine Amtszeit gerade eigenhändig um drei Jahre verlängert.
Dass sich das Volk zur Wehr setzt wie im arabischen Raum, erscheint derzeit eher zweifelhaft. Kaum irgendwo hätte es mehr Grund sich zu erheben als in Zimbabwe, wo 2011 eigentlich ebenfalls gewählt werden sollte. Seit 23 Jahren regiert Robert Mugabe das Land, er hat Wahlen gefälscht, das Land in den Ruin geführt, bevor er vor zwei Jahren eine Große Koalition eingehen musste.
Eigentlich haben sich seine Partei, die Zanu-PF und die MDC von Premierminister Morgan Tsvangirai auf ein Ende der ungeliebten Allianz und auf Neuwahlen verständigt. Doch nichts kommt voran, die neue Verfassung nicht, die Wahlkommission nicht, die Wirtschaft ohnehin nicht. Dafür sind die Regierungsparteien tiefer zerstritten denn je. Es wäre also kein Wunder, wenn der Urnengang ins kommende Jahr verschoben würde.
Doch nun schaut der Kontinent erst einmal auf Uganda. Wie er die Sache sieht, hatte Amtsinhaber Museveni im Dezember verkündet: "Ich kann doch meinen Stuhl nicht räumen, wenn wir gerade solche Ressourcen wie Erdöl gefunden haben. Und wenn ich einmal gehe, werde ich jemanden in meiner Partei aussuchen, der auf diese Ressourcen achtet."
Der offiziellen Wahlkommission schwant jedenfalls nichts Gutes. Offensichtlich haben die großen Parteien bewaffnete Einheiten aufgestellt, die die Wahlen "überwachen" und Stimmenfälschungen, den Diebstahl von Urnen und ähnliche Widrigkeiten verhindern sollen. Hilfsorganisationen werden in den kommenden Tagen vorsichtshalber ihr Personal reduzieren, Arbeiten vorübergehend einstellen und Reisen im Land möglichst vermeiden.
Herausforderer Kizza Besigye ist nach den Erfahrungen von Ägypten jedenfalls vorbereitet. Sollte der Präsident versuchen, die Wahl zu fälschen oder anderweitig zu hintertreiben, so kündigte er bereits an, werde er nicht den Weg zum ugandischen Supreme Court gehen. Dann werde auch er das Volk zu Protesten aufrufen.