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Pour une autre politique de développement!

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dim, 25 Jan 2009 - 20:26

Jürgen Haushalter, Meckenheim
Message

Bei all den diskutierten Ursachen zur gescheiterten Entwicklungshilfe in Afrika kommen m. E. die schier unüberbrückbaren, sozio-kulturellen Gegensätze entschieden zu kurz.

Die profit- und wachtumsorientierten Industriegesellschaften sind u. a. von Merkmalen wie Effizienz, Produktivität, Innovation, Technologiegläubigkeit, Management, Individualismus und Sozialstaat geprägt. Die Akzeptanz dieser Denk- und Handlungsweisen ist auf dem afrikanischen Kontinent nicht vorhanden. Sie werden nicht als lebensentscheidende Basistugenden gesehen, stehen somit im krassen Widerspruch zur eigenen, traditionellen Lebensphilosophie, die in weiten Teilen Afrikas als "Ubuntu” bezeichnet wird und wie folgt lautet: "Der Mensch wird erst Mensch durch den Menschen”. Mit anderen Worten: Die von außen importierten Entwicklungsideen wie z. B. die Verwirklichung von fremd anmutenden Projektzielen werden - in der Regel unbewusst - nicht übernommen, sondern an erster Stelle steht die seit Generationen alles dominierende Verpflichtung gegenüber Familienmitgliedern und Mitmenschen. Diese Werte Afrikas begreift die westliche Welt nicht.

Jede Expertin und jeder Experte der Entwicklungshilfe, die bzw. der in der Projektarbeit in Afrika tätig ist, wird früher oder später im Rahmen der Tätigkeit auf den stark beeinflussenden, gelebten Ahnenkult, d. h. den Glauben an übernatürliche Kräfte, stoßen, allerdings nicht nachvollziehen können. Ebenso werden die Vertreter der Geberländer größte Schwierigkeiten damit haben, mit Werten wie Gemeinsinn, Teilen, Genügsamkeit, Harmoniebedürftigkeit und Emotionalität konfrontiert zu werden, die in ihren eigenen Gesellschaften nur noch schwach, in den afrikanischen aber stark entwickelt sind. Darüber hinaus sind dem westlichen Experten Verhaltensweisen wie Unterwürfigkeit, Nepotismus, Fatalismus und demokratieferne Strukturen völlig fremd. In dortigen Kulturen haben sie einen traditionell lebenswichtigen Stellenwert. Was die weit verbreitete Korruption betrifft, so ist dieses Gebaren leider nicht nur ein verwerfliches Handlungswerkzeug auf dem südlichen Kontinent. Alles zusammen genommen macht eine erfolgreiche Implementierung der durch Geberländer vorgegebenen Projektziele unmöglich.

Auch dem "letzten” Entwicklungshelfer wird vor Ort bald klar, dass sich aufgrund der sozio-kulturellen Unterschiede Projekte in der Regel nur so lange halten, wie Experten - aus Geberländen wie einheimische - vor Ort sind und die finanzielle Unterstützung gesichert ist. Sowohl regelmäßig zu erstellende Projektberichte an die Zentralen der Entwicklungshilfeorganisationen wie auch unabhängige Projektgutachten lassen allein aus Selbsterhaltungsgründen objektiv existierende, negative Zustände von Projektverläufen nicht zu, sind also faktisch Arbeitserhaltungsmaßnahmen für die Interessenvertreter sowohl der Geber- als auch der Nehmerländer.

Ansätze wie "Hilfe zur Selbsthilfe” oder "Angepasste Entwicklungshilfe” mögen gut gemeinte Strategien sein, werden aber durch die weltweit operierende Entwicklungshilfeindustrie überrollt. Diese Politik ist nicht selten ein strategisches, wirtschaftliches und Ressourcen suchendes Interessenwerkzeug der mächtigen Staaten dieser Welt.

Eine ganz andere, alles überlagernde Tatsache kommt hinzu, nämlich das protektionistische Handelssystem der Industriestaaten, beispielweise das der Agrarwirtschaft. Subventionierte Agrarprodukte in großem Stil zu Dumpingpreisen in die Armutsländer zu exportieren, die dann die dortigen landwirtschaftlichen Familienbetriebe in den Ruin treiben, ist eine menschenverachtende Handelspolitik. Es sind faktisch "Steilvorlagen” für die dann erneut anrückenden Agrarexperten der wirtschaftlichen - partnerschaftlichen (?) - Zusammenarbeit.

Fazit: Die Entwicklungshilfe - sowohl die staatliche als auch die der meisten NRO's -
hat ihre Legitimation verloren. Sie muss völlig neu definiert werden. Sehr wohl stehen die materiell reichen Länder in der Pflicht, in Katastrophenfällen humanitäre Hilfe zu leisten.