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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 17.01.2024

faz.net

Milliarden aus Deutschland

Wenn Entwicklungshilfe nichts bringt

Wenn die Elite in einem armen Staat in die eigene Tasche wirtschaftet, kann
ihrem Land keiner helfen. Deutschland könnte von anderen lernen.

Von MANFRED SCHÄFERS, BERLIN

Japan, Südkorea, China – drei Staaten in Fernost zeigen, wie Entwicklung funktioniert. Auch
wenn diese Geschichten im vergangenen Jahrhundert spielen oder zumindest ihren Anfang
nahmen, ist der Blick nach Asien ausgesprochen lehrreich, auch für die hiesige Politik. Ist
doch die Neigung in Berlin besonders ausgeprägt, mit viel Entwicklungsgeld die
Aufholprozesse armer Staaten beschleunigen zu wollen.

Andere Regierungen haben diese Etats kräftig gekürzt. So ist Deutschland zum zweitgrößten
Geber in der Welt aufgestiegen und dürfte dies auf absehbare Zeit bleiben, auch wenn in der
aktuellen Haushaltsnot die Hilfe etwas gekürzt werden soll.

Wie geht Entwicklung? Sieht man von nationalen Besonderheiten ab, stößt man auf
Gemeinsamkeiten, die erklären, warum die drei asiatischen Länder geschafft haben, wovon
andere weiter nur träumen: Sie stehen heute für Jahrzehnte hohen Wachstums, moderne
Technik und einen sich ausbreitenden Wohlstand. Wer will, der findet letztlich sogar eine Erklärung, warum in der Volksrrepublik China die wirtschaftliche Dynamik neuerdings schwindet und die ökonomischen Schwierigkeiten größer werden.

Wachstum mit Schweiß und Tränen

Zurück zur Ausgangsfrage, wie der Wachstumsprozess in Gang gessetzt wird. Am Anfang stehen buchstäblich Schweiß und Tränen. Viel Arbeit, am Anfang fast immer extrem schlecht bezahlt. Davon profitieren andere - jene, die ein bisschen Geld zusammengekratzt und investiert haben. Sie fahren überdurchschnittliche Gewinne ein, sie expandieren. Zugleich werden ausländische Unternehmen angelockt, die ebenfalls günstig produzieren wollen, selbst oder mit Hilfe von Subunternehmen. Man denke an Foxconn, der Zulieferer fertigt Elektronikteile für namhafte Hersteller, nicht zuletzt baut er Apples teure Handys zusammen.

Die Kommunisten in Peking haben sich für einen brutalen Kapitalismus entschieden, möglichst schnell den Rückstand zu Amerika und anderen wirtschaftlich starken Ländern aufzuholen - in dem Wissen, dass China nur so politisch und militärisch auf Augenhöhe gelangen kann. Entwicklungshilfe nahmen sie zwar an, aber das war nicht entscheidend.

Auch nicht für den Aufstieg von Südkorea oder Japan. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, fließen privates Geld, technisches Wissen, Managementkompetenzen in ein Land. Hinzu kommt ein großer Bildungshunger in den drei Ländern. Eltern üben Verzicht, damit aus den Kindern mehr werden kann. Diese drei Musterfälle zeigen: Die Einbindung in die internationale Arbeitsteilung befördert die eigene Entwicklung, auch wenn so mancher im Westen etwas anderes befürchtet. Wer sich hingegen abschottet, bleibt arm. So hat Indien viel Zeit und potentiellen Wohlstand verloren, weil sich die Regierung in Neu Delhi lange an der Sowjetunion orientiert hat. Immer noch macht sie den Warenaustausch über die Grenze und ausländische Investitionen kompliziert und teuer.