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Beitrag vom 15.01.2021

Achgut.com

Afrika-ABC in Zitaten: Asyl (4)

von Volker Seitz

Die Kamerunerin Imbolo Mbue schreibt in ihrem Roman „Das geträumte Land“, Kiwi 2018: „Bubakar, hatte Winston gesagt, sei nicht nur ein hervorragender, auf Einwanderungsrecht spezialisierter Anwalt mit zahlreichen afrikanischen Mandanten in allen Teilen des Landes, sondern auch ein Experte darin, jeden Mandanten mit der passenden und ihm Asyl garantierenden Verfolgungsgeschichte auszustatten.“ ... „Ich habe erst im letzten Monat Asyl für die Tochter des Premierministers von irgendeinem Land in Ostafrika durchgeboxt.“ (S. 27)

„Dieser Paysan hat bei uns zu Hause noch nie eine Wahlkabine von innen gesehen, sagt jetzt aber, dass er ein Mitglied der Social Democratic Front gewesen ist. Der legt denen Beweise vor, wie seine Freunde geschlagen und monatelang eingesperrt worden sind und dass man das auch mit ihm macht, wenn er nach Kamerun zurückkehrt. Jeder, der hier ins Land kommt, kann sich über das Leben in seinem Heimatland ausdenken, was er will.“ (S. 255)

„Außerdem kam ich schnell dahinter, dass man alles nicht Überprüfbare einfach erfinden konnte, indem man sich an die Vorstellung hielt, die wir meistens von den Armen in fernen Ländern haben... Wenn man darüber nachdenkt, sind die Geschichten im Grunde alle gleich. Wir tauschen einfach nur die Namen der Länder aus. Manchmal auch die Religion, aber ansonsten gibt es kaum Unterschiede.“ (Der äthiopisch-amerikanische Schriftsteller Dinaw Mengestu in seinem Roman: „Die Melodie der Luft“, List 2012, S. 35)

„Ich nahm mir viel Zeit, um [in den Asylanträgen] die Grammatikfehler zu korrigieren, und anschließend verlieh ich den Berichten Farbe. Ich fügte erfundene Gefängnisstrafen ein. Machte Drohungen brutaler. Einem Mann, dem man in Wahrheit nur das Schlafzimmerfenster eingeworfen hatte, wurde in meiner Version gleich das ganze Haus niedergebrannt.“ (Dinaw Mengestu, wie oben, S. 142)

„Was auch immer sie in ihren Asylanträgen über Verhaftungen und Folter geschrieben hatten, viele von ihnen waren nur hier, weil es in Amerika bessere berufliche Perspektiven gab und ihre Träume sich leichter verwirklichen ließen. Und wer konnte ihnen das verübeln?“ (Dinaw Mengestu, wie oben, S. 217)

Die Nigerianerin Chika Unigwe schreibt in ihrem Roman „Schwarze Schwestern“, Klett-Cotta Tropen 2010, über die Vorgehensweise bei der Ausländerbehörde in Belgien, die über Asyl entscheidet: „Ich bestelle dir ein Taxi, das wird dich im Zentrum absetzen. Sage denen, dass du aus Liberia kommst [sie kommt aus Nigeria]. Hörst du? Behaupte, dein Vater war ein Mandigo-Stammesführer und die Soldaten von Charles Taylor haben euch nachts überfallen und deine ganze Familie getötet: Vater, Mutter, Brüder und Schwestern. Du bist ihnen entkommen, weil du dich im Küchenschrank versteckt hast. Du hast dich erst wieder heraus getraut, nachdem alles vorbei war und die Soldaten weg waren. Erzähle ihnen, du hättest gehört, wie die Soldaten schrien, dass noch einer aus der Familie fehle und dass sie den Auftrag hatten, alle umzubringen. Und dass sie deshalb wiederkommen. Mache ein trauriges Gesicht. Heule. Jammere. Raufe dir die Haare. Die Weißen lieben solche Geschichten. Sie hören es gern, wenn wir erzählen, wie wir uns gegenseitig umbringen und uns in unseren absurden Kriegen die Köpfe abhacken. Je makabrer die Geschichte, desto besser.“ (S. 115)