Beitrag vom 08.04.2017
NZZ
Gigantismus in Afrika
Sie wollen imponieren und werden belächelt
von David Signer, Dakar
Afrikas Herrscher haben einen Hang zum Heroismus. Zum Beispiel Senegal: 27 Millionen kostete ein Monument, das von einer nordkoreanischen Firma gebaut wurde. Wer soll damit beeindruckt werden?
Ein neues Wahrzeichen schmückt seit 2010 die senegalesische Hauptstadt Dakar: das «Monument der afrikanischen Renaissance». Mit seinen 49 Metern ist es höher als die Freiheitsstatue und das grösste Denkmal Afrikas. Es zeigt eine Frau und einen Mann mit einem Kind auf dem Arm. Die Statue ist hohl: Man kann in einem Lift in den Kopf des Mannes fahren und durch seine Augen auf die Stadt herunterblicken. Der Stil ist heroisch, um nicht zu sagen totalitär. Das Monument wurde von einer nordkoreanischen Firma gebaut. Idee und Auftrag stammten jedoch vom damaligen Präsidenten Wade. Das Riesenwerk sollte den afrikanischen Aufbruch symbolisieren. Es regte sich allerdings von Anfang an Widerstand, vor allem wegen der Kosten von 27 Millionen Franken.
Die Absicht ist klar: Mit dem gigantischen Werk wollte Wade sich und dem Kontinent Respekt verschaffen. Nach Jahrhunderten von Ausbeutung und Demütigung durch Sklaverei und Kolonialismus wollte er ein imposantes Symbol des starken Afrikas errichten, an dem in Zukunft kein Weg mehr vorbeiführen würde. Den Hang zu solchem Gigantismus sieht man vielerorts in Afrika. In der ivoirischen Hauptstadt Yamoussoukro steht eine Kopie des Petersdoms, die sogar ein bisschen grösser als das römische Original und voll klimatisiert ist. Über 150 Millionen Franken hat der Abklatsch gekostet.
Das Tragische an solchen Superlativen ist allerdings, dass diejenigen, die man damit beeindrucken will – Weisse, frühere Kolonialmächte, arrogante Rassisten, die für Afrika nur Verachtung und Spott übrig haben – angesichts solcher Monumentalbauten wohl kaum vor Ehrfurcht erstarren. Im Gegenteil: Sie werden in ihrer Ansicht bestätigt, dass Afrika bestenfalls wichtigtuerische Kopien und megalomanen Kitsch hervorbringt. Das Monument in Dakar ist in den Augen der meisten Westler nichts als lächerlich. Dabei braucht Senegal gar keine Pompdenkmäler, um solche Vorurteile zu widerlegen. Seine wunderbaren Musiker wie Youssou N'Dour oder Baaba Maal berühren Menschen rund um die Welt. Würde hat nichts mit Metern und Millionen zu tun.