Beitrag vom 24.03.2017
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Simbabwe
Grace Mugabe soll die Nachfolge ihres Mannes antreten
Christopher Torchia, AP
Wirtschaftlich ist Simbabwe schon lange am Boden. Dazu kommt die politische Unsicherheit angesichts der Frage, wie es nach dem Tod des seit 37 Jahren regierenden Autokraten Robert Mugabe weitergeht.
Bevor sie First Lady von Simbabwe wurde, war sie Sekretärin im Vorzimmer von Robert Mugabe. Jahrzehnte später wird Grace Mugabe zunehmend als mögliche Nachfolgerin ihres 93-jährigen Ehemanns im Präsidentenamt gehandelt. Das mächtige Paar hat über Jahrzehnte die Geschicke des Landes im südlichen Afrika bestimmt und es nach Ansicht vieler ruiniert. Für politische Verunsicherung sorgt nun auch der mögliche Führungswechsel: Viele Menschen in Simbabwe kennen keinen anderen Präsidenten.
Der 51-jährigen Grace Mugabe werden schon seit einiger Zeit Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt. Zuletzt hat sich an der Seite ihres gebrechlichen Mannes zunehmend in Szene gesetzt, sehr zum Missfallen ihrer Rivalen in der Regierungspartei ZANU-PF. Unter anderem wurde sie mit den Worten zitiert, ihr Mann solle notfalls «als Leiche» kandidieren, wenn er vor der Wahl im nächsten Jahr sterbe. Als er vor kurzem bei einer Zeremonie einen Baum pflanzen sollte, half sie ihm mit der Schaufel.
So nah wie Grace Mugabe ist keiner in Simbabwe dem greisen Autokraten. Und nach öffentlichen Erklärungen zu urteilen, sind sich beide einig, wer die Macht im Land übernehmen soll.
Doch im Moment präsentiert sich Grace Mugabe vor allem als liebende Ehefrau. «Ich lebe mit ihm, koche für ihn, teile den Tisch mit ihm und diskutiere viele Angelegenheiten als Familie», sagte sie vor Tausenden Gratulanten bei einer Geburtstagsfeier für den Präsidenten im Februar. «Mit anderen Worten, wir haben so viele vertraute Diskussionen miteinander wie viele normale verheiratete Paare.» Einmal beschied sie ihrem gut 40 Jahre älteren Mann, es sei an der Zeit sei, seine Rede zu beenden. Robert Mugabe sagte daraufhin lachend, so würde sie ihn zuhause auch behandeln.
Viele zweifeln eine reibungslose Machtübergabe an
An der Seite des Präsidenten bot Grace Mugabe immer viel Angriffsfläche. So geriet sie wegen extravaganter Shoppingausflüge und eines fragwürdigen Doktortitels in die Kritik. Gleichzeitig erarbeitete sie sich mit Wohltätigkeitsarbeit und Auftritten bei zahlreichen Veranstaltungen ein ernstzunehmendes, wenn auch polarisierendes politisches Profil. Sie wurde als Prostituierte oder durchtriebene Lady Macbeth beschimpft, teilte aber auch selbst gegen ihre Gegner aus.
Der simbabwischen Verfassung zufolge rückt der ältere der zwei Vizepräsidenten ins Amt nach, wenn der Staatschef stirbt, zurücktritt oder abgesetzt wird. Doch angesichts der Fehden von Grace Mugabe mit Teilen der Regierungspartei ZANU-PF zweifeln viele in Simbabwe, dass ein Führungswechsel tatsächlich verfassungskonform ablaufen würde.
«Sie mischt mit», sagt der Washingtoner Anwalt Tom McDonald, von 1997 bis 2001 US-Botschafter in Simbabwe. Zurzeit hätten beide Partner Vorteile durch die Verbindung: Der gebrechliche Robert Mugabe profitiert von der Vitalität seiner Frau, während sie in seiner Präsidentschaftsaura an politischer Statur gewinnt.
Die Mugabes geben Europa die Schuld für die Misere im Land
Mugabe war einer der Anführer im Kampf gegen die Herrschaft der weissen Minderheit im britischen Rhodesien, das mit der Unabhängigkeit 1980 Simbabwe wurde. Mit der Enteignung weisser Farmer zog er die Kritik des Westens auf sich; gegen den Präsidenten, seine Frau und andere Mitglieder des Regimes wurden Sanktionen erlassen.
Bei seiner Geburtstagsfeier am 25. Februar war es Grace Mugabe, die Europa und die USA kritisierte, während ihr Mann über Sterblichkeit sinnierte. «Unsere einstigen Kolonisatoren kämpfen mit Zähnen und Klauen», um Programme zur Förderung der schwarzen Bevölkerung zu sabotieren, betonte Grace Mugabe, Vorsitzende der Frauenliga der Regierungspartei. Kritiker weisen solche Vorwürfe zurück und machen für die Probleme des Landes Misswirtschaft und Unterdrückung unter dem langjährigen Machthaber verantwortlich.
«Zurzeit ist sie am mächtigsten, mächtiger als Mugabe», sagt der Student Innocent Lijomeka über Grace. «Was aus ihr wird, wenn Mugabe nicht mehr ist, das ist eine andere Frage.» Marian Mutsindikwu, die auf der Strasse Guthaben für Mobiltelefone verkauft, hat nach eigenen Angaben kein Problem mit Grace Mugabe: «Die First Lady erscheint wohltätig», sagt sie. «Doch das grösste Geschenk, das sie uns machen kann, ist dem alten Mann zu raten, dass er sich ausruht.»