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Beitrag vom 22.03.2017

netzwerkafrika.de

Spannungen in Kamerun

Lange Zeit galt Kamerun als Stabilitätsfaktor in Zentralafrika. Spannungen zwischen der französisch-sprechenden Mehrheit und den zwei englisch-sprechenden Regionen so wie Terrorakte der islamistischen Bewegung Boko Haram, wirtschaftliche Stagnation und Jugendarbeits-losigkeit bedrohen den inneren Frieden des Landes.

ZAHLEN UND FAKTEN

Name: Aus dem Portugiesischem auf Grund der vielen Krabben (Camarôes) im Wouri Fluss.

Land: 1,3mal so groß wie Deutschland;

Hauptstadt: Yaounde; Wirtschaftszentrum: Douala

Bevölkerung: ca. 24 Millionen

Sprachen: Amtssprachen Französisch – Englisch; 230 einheimische Sprachen und Dialekte

Religionen: ca. 25% Katholiken; 25% Protestanten; 20% Muslime und traditionelle Religionen

Wirtschaft: Prokopf-Einkommen 1320 Dollar

KURZE GESCHICHTE

Die Region ist von einer Vielfalt von Ethnien mit unterschiedlichen Gesellschaftsformen besiedelt.

• 1472 Portugiesen landen an der Küste, handeln mit Elfenbein, Zucker und später mit
Sklaven.

• 1884 Generalkonsul Gustav Nachtigal schließt „Schutzverträge“ mit lokalen Herrschern ab
und erklärt Kamerun zur deutschen Kolonie

• 1919 Im Versailler Vertrag wird Kamerun dem Völkerbund unterstellt. Frankreich erhält das
Mandat zur Verwaltung von Vierfünftel, England von einem Fünftel des Landes.

• 1955 Unabhängigkeitskriege gegen Frankreich

• 1960 Unabhängigkeit im französischen Mandatsgebiet

• 1961 Volksabstimmung im britischen Kamerun. Das nördliche Kamerun schließt sich Nigeria
an, das südliche dem Kamerun. Französisch und Englisch werden dort als Amtssprachen
anerkannt.

• 1966 Unter dem ersten Präsidenten Amadou Ahidjo entwickelt sich Kamerun mit französischer
Unterstützung zu einer Diktatur mit einer Einheitspartei.

• 1982 Ministerpräsident Paul Biya Staatsoberhaupt

• 1992 Einführung eines Mehrparteiensystems. Durch Wahlbetrug und Uneinigkeit der
Opposition konnte sich Biya bis jetzt an der Macht halten.

• Seit 2014 Angriffe und Überfälle von Boko Haram

SPANNUNGSFELDER

Frankofone Mehrheit versus Anglofone Minderheit

Beim Anschluss an Kamerun 1961 wurde den englisch-sprechenden Regionen zugesagt, dass sie das britische Rechtssystem und English als Verkehrssprache beibehalten könnten. 1972 wurde das föderale System jedoch stark begrenzt. Seither fühlt sich die englisch-sprachige Minderheit als Bürger zweiter Klasse diskriminiert. Sie haben keinen politischen Einfluss, werden wirtschaftlich benachteiligt und kulturell unterdrückt. Die jüngste Anordnung der Regierung, im Bildungs- und Gerichtswesen nur noch Französisch zu erlauben, führte zu Protesten von Lehrern und Anwälten und zu Demonstrationen und Streiks der Bevölkerung.

Forderungen nach einer Rückkehr zum föderalen System und gar nach Unabhängigkeit werden unterdrückt, Führer der Opposition und der Zivil-gesellschaft verhaftet und Demonstranten erschossen. Die Taktik der Regierung, in den anglofonen Landesteilen zeitweilig das Internet abzuschalten, verärgerte die Bevölkerung noch mehr.
Als versöhnliche Geste wurde die spontane Reaktion des aus Yaoundé stammenden Nationaltorwarts Fabrice Ondao gewertet, der den Sieg Kameruns im Africa Cup 2017 den Menschen der Stadt Bamenda, im englisch-sprechenden Teil, widmete.
Der ewige Präsident

Der heute 84-jährige Präsident, Paul Biya, am längsten amtierender Präsident in Afrika, der sich meistens in seinen Residenzen u.a. in Genf und Baden-Baden aufhält, regiert Kamerun seit 35 Jahren mit eiserner Hand. Die Wirtschaft des eigentlich reichen Landes stagniert, die Jugendarbeitslosigkeit ist extrem hoch und Kritiker des Regimes, Politiker, Künstler und Journalisten, riskieren ihr Leben.

Islamistischer Terror

Die islamistische Terrororganisation Boko Haram ist seit 2014 im Grenzgebiet von Nigeria und Kamerun aktiv und wird gemeinsam von beiden Armeen bekämpft. Zehntausende Flüchtlinge aus Nigeria und der Zentralafrikanischen Republik sind eine große Herausforderung. 85.000 Nigerianer sollen jetzt freiwillig in ihre Heimat zurückkehren.