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Beitrag vom 10.03.2017

NZZ

Südafrika

Nützlicher Sprachwirrwarr

von Christian Putsch, Kapstadt

Südafrika hat die stolze Zahl von elf Amtssprachen. Dieser Wirrwarr hat auch seine Vorteile – nämlich wenn man nicht verstanden werden will.

Die Kraft der Sprache beschrieb einst der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela treffend. Wer mit einem Mann in einer ihm verständlichen Sprache kommuniziere, der richte sich an seinen Kopf. «Wenn du mit ihm aber in seiner Muttersprache sprichst, dann erreichst du das Herz.»

Im Falle Südafrikas ist freilich schon die offizielle Korrespondenz nicht ganz einfach. Die Nation verfügt über die stolze Zahl von 11 Amtssprachen, weltweit nur von Indien (23) und Simbabwe (16) übertroffen. Prinzipiell sind die Sprachen Südafrikas gleichberechtigt. Gegen einen Strafzettel sollte man also möglichst auf Venda Einspruch einlegen. Dieses Idiom wird nur von jedem fünfzigsten Südafrikaner und wenigen Beamten gesprochen. Entsprechend gross ist die Chance auf eine Einstellung des Verfahrens.

Den Sprachwirrwarr nutzte nun auch eine Regierungssprecherin aus. In einem Interview mit einem englischsprachigen Radiosender antwortete Lumka Oliphant konsequent auf Zulu. Das ist immerhin die Muttersprache jedes vierten Bürgers. Aber da der Moderator lauter unliebsame Fragen stellte, wird in Südafrika nicht zu Unrecht vermutet, dass Oliphant nur begrenzt an verständlichen Antworten interessiert war. Das zuständige Ministerium hatte einen verfassungswidrigen Vertrag für Auszahlungen an 16 Millionen Sozialhilfeempfänger abgeschlossen. Für April muss ein neues System her, für das es bis jetzt keine Pläne gibt. Der Moderator, obwohl selber ein Zulu, brach das Interview schliesslich ab. Der Sender teilte später mit, man hätte Oliphant durchaus einen Übersetzer zur Verfügung gestellt, wenn sie das angemeldet hätte.

Dass Oliphant des Englischen sehr wohl mächtig ist, bewies sie nicht nur in früheren Interviews, sondern kürzlich auch via Facebook. Dort drohte sie Kritikern, die einem Regierungsmitglied Alkoholkonsum unterstellt hatten, sie sei durchaus in der Lage, derartige Gespräche auch «auf der Strasse» auszutragen. Die kampflustige Dame arbeitet ganz offensichtlich an der Einführung einer zwölften, nonverbalen Amtssprache.