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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 05.08.2015

Der Bund, Bern

Kenia

Schweizer Botschafter spricht Klartext

Jacques Pitteloud war fünf Jahre in Kenia. Zum Abschied gab er im TV ein Interview, bei dem er den Diplomatenveston ablegte.

Fünf Jahre war Jacques Pitteloud Schweizer Missionschef in Nairobi. Diesen Sommer übernimmt er die Leitung der Direktion für Ressourcen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern. Im Zusammenhang mit seinem Abgang gab er vor 3 Wochen ein Interview im kenianischen Fernsehen, das nun für Aufsehen sorgt.

Angesprochen auf die politische Lage im ostafrikanischen Land sagte Pitteloud: «Was hier passiert, ist nicht Politik. Es geht nur um ich, ich, ich. Es ist nur ein Kampf um Zugang zu Ressourcen.» Der abtretende Schweizer Botschafter ärgerte sich über die Einstellung der kenianischen Politiker, nur für sich selbst zu schauen. Sie würden den Wohlstand aufessen, den der Mittelstand und der Privatsektor produzierten. Eines Tages aber würden sich diese dagegen wehren, prophezeite Pitteloud. Seiner Ansicht nach kann Kenia nur Fortschritte machen, wenn sich die Leute, die für den Wohlstand verantwortlich sind, auch politisch engagieren.

Viel Potenzial, wenig Ertrag

Pitteloud machte keinen Hehl daraus, dass er enttäuscht sei, wie sich Kenia in seiner Zeit als Schweizer Botschafter in Nairobi politisch entwickelt habe: «Ich bin vor fünf Jahren mit viel Hoffnung gekommen. Nun bin ich traurig, weil es das Land eigentlich besser machen müsste.» Kenia verfügt laut Pitteloud über viel Potenzial, hat eines der besten Bildungssysteme und den besten Dienstleistungssektor in Afrika. «Das ist das aussergewöhnlichste Land, in dem ich gedient habe», sagte er, wehmütig im Hinblick auf seinen Abgang. Er sei überzeugt davon, dass sich die Politik Kenias noch ändern werde.

Glaubt man seinen Aussagen, ist es bis dahin aber noch ein weiter Weg. «Hier sieht man die schlimmsten Kriminellen. Vor jedem Meeting beten sie zu Gott und beleidigen dadurch Gottes Namen.» Um welche Kriminellen es sich genau handelt, wollte der Schweizer Botschafter nicht sagen. Ein wenig konkreter fällt seine Kritik an gewissen kenianischen Politikern aus, ebenfalls ohne Namen zu nennen. Diese würden das Thema Homosexualität nutzen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Sie würden beginnen, über afrikanische Werte und die Bibel zu sprechen. «Bei allem Respekt: Die Bibel ist kein afrikanisches Buch», so Pitteloud. Er schlägt vor, das Thema Homosexualität besser ruhen zu lassen.

Hauptrolle in der Lybien-Krise

Jacques Pitteloud war schon einmal in den Schlagzeilen. 2008 zeigte er sich als damaliger Leiter des sogenannten Politischen Sekretariats im EDA für die abenteuerlichen Befreiungspläne für die Geiseln Max Göldi und Rachid Hamdani in Libyen verantwortlich. Als die libyschen Geheimdienste Wind von der geplanten Rettung erhielten, wurde die schon weit fortgeschrittene Operation abgebrochen. Die Folge war eine politische Krise zwischen der Schweiz und dem nordafrikanischen Land. (DerBund.ch/Newsnet)