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Beitrag vom 28.07.2015

NZZ

Obamas Afrikareise

Der afrikanischen Elite ins Gewissen geredet

Zum Abschluss seiner Ostafrika-Reise hat Barack Obama den Staatschefs des Kontinents ins Gewissen geredet. Ohne Demokratie und Rechtsstaat habe die Jugend keine Perspektive.

von Markus M. Haefliger, Nairobi

Barack Obama hat am Dienstag seine fünftägige Reise nach Kenya und Äthiopien beendet und ist von Addis Abeba aus in die Heimat aufgebrochen. Zuvor sprach er als erster amerikanischer Präsident vor der Versammlung der Afrikanischen Union (AU), einem losen Bund von 53 Mitgliedstaaten. Obama fand anerkennende Worte für den wirtschaftlichen Wandel Afrikas, aber dies war bloss der rhetorische Hintergrund für kritische Ermahnungen an die afrikanischen Eliten.

Anwalt der Jugend

Die Bemühungen der Regierungen um Modernisierung und Entwicklung seien ungenügend, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, sagte Obama. Er wies mit Nachdruck auf die Notwendigkeit hin, Millionen von Jugendlichen Arbeit und ein Auskommen zu bieten. Die Bevölkerung des Kontinents verdoppelt sich in den nächsten zwei Jahrzehnten auf zwei Milliarden, die Wirtschaft wächst jedoch zu ungleichmässig und entwickelt zu wenig Eigendynamik für die notwendigen Produktivitätssteigerungen. Die Zeit eile, sagte Obama; die Weichen, die nun gestellt würden, seien entscheidend.

Der amerikanische Präsident Barack Obama weilt zu einem viertägigen Arbeitsbesuch in Afrika. Zunächst hat er Kenya besucht, das Land seines Vaters, anschliessend das Nachbarland Äthiopien. 

Laut Obama sollen die demokratischen Institutionen gestärkt und die Korruption entschiedener bekämpft werden. Der Präsident richtete ein besonderes Augenmerk auf die Unsitte afrikanischer Staatschefs, Amtszeitbeschränkungen auszuhebeln, und sparte dabei nicht mit Sarkasmus. Er verstehe das nicht, frotzelte er in der Rede vor der AU, er möge seinen Job gern und hätte gute Chancen, wiedergewählt zu werden. Trotzdem dürfe er nächstes Jahr nicht noch einmal antreten. «Gesetz ist Gesetz», sagte Obama zum tosenden Applaus zahlreicher, meist junger Gäste. Die Adressaten der Kritik, wie Burundis Präsident Nkurunziza, waren freilich gar nicht im Saal.

Auffallend war, dass Obama Burundi erwähnte, nicht aber Rwanda und Uganda. Deren Staatschefs halten von Amtszeitbeschränkungen ebenfalls nichts, zählen aber zu Amerikas Verbündeten. Äthiopische Menschenrechtsgruppen äusserten sich enttäuscht. Äthiopien gilt im Kampf gegen die somalische Terrormiliz al-Shabab als Washingtons treuester Kantonist, aber die Regierung duldet keine Kritik. Kurz vor Obamas Ankunft hatte Ministerpräsident Desalegn die Freilassung von fünf Bloggern angeordnet; andere Regimekritiker sitzen weiterhin lange Freiheitsstrafen ab.

Bescheidenheit als Tugend

Obamas vierte Afrikareise seit der Wahl zum Präsidenten war besonders, weil er erstmals mit der Bürde des Amts Kenya besuchte, das Heimatland seines Vaters. Er setzte seine Wurzeln geschickt für eine Charmeoffensive ein, in Kenya sowieso, aber auch in Äthiopien. Eine neue Afrikastrategie, vergleichbar mit denjenigen seiner Vorgänger, brachte Obama nicht mit. Clinton hatte ein Paket von Handelspräferenzen geschaffen, George W. Bushs Renommee ist in Afrika noch immer besser als irgendwo sonst, weil er Initiativen zur Bekämpfung von Aids und Malaria startete.

Die Obama-Administration setzt Programme der Vorgänger fort oder boxt sie durch den Kongress. Obamas eigene Initiative zur Elektrifizierung des Kontinents kommt nur langsam voran, was aber in der Natur der Sache liegt. Die Rolle Amerikas sieht er darin, Initialzündungen zu geben und so privates Kapital zu mobilisieren: Eigeninitiative statt Abhängigkeit.

Harte Worte eines Freundes

Der amerikanische Präsident legt den Finger auf die Wunden der afrikanischen Politik. Militärische Massnahmen gegen den Islamismus reichen nämlich nicht.

Deutliche Worte zur Korruption

In der Heimat seines Vaters sind Barack Obama die Herzen von Kenyanern zugeflogen. Zum Abschluss seiner Arbeitsvisite sparte der Gast nicht mit Lob und Kritik.