Beitrag vom 19.06.2015
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Freiwilligenarbeit in Afrika fördert Wildwuchs an illegalen Einrichtungen
Heutige Fachtagung in Linz zeigt sowohl Potenziale als auch Gefahren auf.
"Das Interesse junger Leute an sozialen Einsätzen in Entwicklungsländern steigt rasant", weiß Christin ter Braak-Forstinger aus Schärding, die Mitbegründerin und Obfrau von Braveaurora, einem Verein zur Unterstützung von gefährdeten Kindern und zur Dorfentwicklung in Afrika. Die Juristin warnt aber auch: "Dieser neue Trend birgt Potenzial, doch ebenso enorme Gefahren." Bei einer erstmals stattfindenden Fachtagung heute im Landeskulturzentrum Linz wird dieses Problem erörtert.
Vor allem der Freiwilligentourismus in Entwicklungsländern stehe, so Christin ter Braak-Forstinger, in der Kritik. "Er kommerzialisiert den Wunsch zu helfen und verkauft Kurzzeiteinsätze als touristisches Produkt an Kunden aus Europa. Dass dieser ,Volunteertourismus‘ mit seriöser Hilfe oft wenig zu tun hat und in vielen Fällen sogar negative Auswirkungen auf die Menschen in den Ländern des globalen Südens mit sich bringt, wird immer offensichtlicher und durch neue Berichte und Studien erhärtet."
Ein jüngst erschienener Beitrag aus Österreich beleuchtet die Schattenseiten dieser neuen Industrie. In "Das Gegenteil von Gut . . . ist gut gemeint" zeigt der Entwicklungsexperte und ehemalige Braveaurora-Projektleiter Daniel Rössler auf, wie die Nachfrage nach Waisenhauseinsätzen in Ghana eine unheilsame Spirale in Gang setzt. Dass in den Dörfern der Savanne im Wildwuchs illegale Einrichtungen entstehen und mit Kindern aus normalen Familien gefüllt werden, sei nicht zuletzt auf die Nachfrage eines Marktes am anderen Ende der Welt zurückzuführen. "Kinder werden durch dieses Geschehen entwurzelt, Familien entzweit und freiwillige Helfer unter Vortäuschung falscher Tatsachen in die Dörfer gelockt."
Alles Gründe für den Verein Braveaurora, die Fachtagung "Wer hilft hier wem? Volunteering in der Entwicklungszusammenarbeit" zu initiieren. Sie versammelt hochkarätige Experten wie Helmuth Hartmeyer von Globales Lernen, den Buchautor Daniel Rössler, ECPAT-Geschäftsführerin Andrea Winkler, den Volontariat-Geschäftsführer Johannes Ruppacher und Braveaurora-Obfrau Christin ter Braak-Forstinger. (ho)