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Beitrag vom 19.05.2025

FAZ.NET

Aufbruchsignale und Geldsorgen beim „Davos von Afrika“

Von Sabine Balk

Beim größten Wirtschaftsgipfel des Kontinents zeigen sich Politiker und Unternehmer zuversichtlich, dass sich Afrika wirtschaftlich nach oben kämpfen kann – auch ohne westliche Entwicklungshilfe.

Cyril Ramaphosa fühlt sich sichtlich wohl, als er sich mit Paul Kagame die rhetorischen Bälle zuspielt. „Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“, lautet das einhellige Mantra, während Ramaphosa, Präsidentin von Südafrika und sein Amtskollege aus Ruanda auf der Bühne des Africa CEO Forum nebeneinandersitzen. Dass US-Präsident Donald Trump als eine seiner ersten Amtshandlungen die Entwicklungshilfe einstellte, findet Kagame sogar richtig – obwohl Ruanda eines der größten Empfängerländer westlicher Unterstützung ist: „Afrika muss für sich selbst sorgen.“

Ramaphosa und Kagame sind zwei von mehreren afrikanischen Präsidenten und Regierungschefs, die beim Africa CEO Forum in Abidjan, der größten Metropole der Elfenbeinküste, dabei sind. „Wir bezeichnen es als das Davos Afrikas“, sagt eine Teilnehmerin in Anspielung an das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz. Das Treffen von rund 2800 Teilnehmern aus rund 90 Ländern ist für alle, die in Afrika Geschäfte machen wollen, eine der wichtigsten Netzwerkgelegenheiten, bringt es doch einmal im Jahr so viele politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger aus Afrika zusammen wie sonst nirgends.

Die beiden Präsidenten Südafrikas und Ruandas stellen in Abidjan ihre Amtskollegen mit ihrem Charisma in den Schatten. Kagame konkretisiert aber nicht, wie er die Einschnitte kompensieren will, sobald die Entwicklungshilfe ausfällt: „Wir müssen sehr hart zu uns sein. Ich glaube, wir Afrikaner können mehr tun als bisher und können besser sein.“ Die Präsidenten beschwören immer wieder die Kraft ihres Kontinents: „Afrika kann auf sich selbst vertrauen und ist resilient. Wir können uns nicht davon abhängig machen, was andere sagen.“ Dies bekräftigt Ramaphosa auch im Hinblick auf innerafrikanische Konflikte wie den Krieg in Ostkongo: „Wir können und müssen diese selbst lösen.“

Der Aufbruch und das Anpacken

Die Präsidenten machen zwar deutlich, dass sie sich nicht mehr bevormunden lassen wollen. Die Antwort, ob damit nur der Westen oder auch das seit Jahrzehnten auf dem Kontinent vordringende China gemeint ist, bleiben sie aber schuldig. Viele Länder Afrikas sind nicht nur beim westlich geprägten Internationalen Währungsfonds (IWF) hoch verschuldet, sondern stehen auch bei der Volksrepublik tief in der Kreide. Auch wie die konkrete Umsetzung dieser „afrikanischen Lösungen“ angesichts fehlenden öffentlichen und privaten Geldes aussehen soll, mussten andere auf dem Treffen der afrikanischen Wirtschaft beantworten.

Europäer sind in Abidjan in der Unterzahl, Asiaten kaum zu sehen. Auch deutsche Vertreter – bis auf einzelne Unternehmen wie die Privatbank ODDO BHF und die DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft), eine Tochter der staatlichen KfW Bank – lassen die Chancen dieses großen afrikanischen Netzwerktreffens bisher weitgehend ungenutzt. Dies mag am frankophonen Fokus liegen, Veranstalter ist das französisch-afrikanische Medienhaus Jeune Afrique Media Group mit Sitz in Paris. Allerdings sind auch viele anglophone Länder wie Nigeria oder Ruanda vertreten und alle Veranstaltungen sind auf Englisch zugänglich. Als Ko-Veranstalter ist die Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) mit im Boot. Das Afrika-Bild, das diese Veranstaltung vermittelt, ist ein ganz anderes als das im Westen gängige: Nicht Armut und Mangel stehen im Vordergrund, sondern der Aufbruch und das Anpacken.

Langjährige Kenner der afrikanischen Wirtschaft wie Walid Sheta, Präsident Afrika und Mittlerer Osten des französischen Konzerns Schneider Electric, stellen seit etwa zehn Jahren eine positive Veränderung bei den afrikanischen Politikern fest. „Die Minister sind nun jung und haben oft im Ausland studiert. Sie kennen die Welt und sind modernen Lösungen gegenüber offen“, erklärt Sheta im Gespräch mit F.A.Z. PRO Weltwirtschaft.

„Die Chinesen nehmen nur und geben nichts zurück“

Ein Beispiel aus seiner Praxis sind sogenannte Mikro-Netze für kleinere Ortschaften in ländlichen Gebieten. Früher wollten die Regierungen ihren Bürgern 100 Prozent kostenlosen Strom bieten. „Das hatte aber den Effekt, dass der Strom oft ausgefallen ist oder vielerorts nicht ausgebaut wurde, da es sehr schwer ist, großflächige Länder in alle Winkel mit Stromleitungen zu versorgen“, sagt der Schneider-Electric-Manager. Zudem sei etwas, das nichts kostet, in den Augen der Bürger nicht viel wert, und keiner fühle sich verantwortlich. In dieser Hinsicht nimmt Sheta aber nun ein Umdenken wahr. „Der Effekt macht sich bemerkbar: Es gibt kaum mehr Stromausfälle.“

Ob Strom, Straßen oder Häfen – fehlende Infrastruktur ist noch immer das große Thema in vielen afrikanischen Länder. Warum der Ausbau so schleppend vorangeht, hat diverse Gründe, zum Teil fehlt das Geld, zum Teil mancherorts aber der politische Wille. Nigeria setzt nun ein Beispiel mit der Lagos Free Zone (LFZ), der ersten privaten Freihandelszone des Landes nahe der Millionenstadt Lagos. Auf dem 830 Hektar großen Gelände nahe dem Hafen können Waren zoll- und steuerfrei verkauft werden. „Unser großer Vorteil ist, dass wir mit erstklassiger Infrastruktur ausgestattet und mit dem 90 Hektar großen Tiefseehafen Lekki verbunden sind, der uns Zugang zu regionalen und internationalen Märkten ermöglicht“, erklärt LFZ-Geschäftsführerin Adesuwa Ladoja. Die Freihandelszone wird durch Kapitalbeteiligungen der Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) sowie der in Singapur ansässigen Tolaram-Gruppe finanziert, die die LFZ betreibt.

Beim Thema Infrastruktur in Afrika fällt immer wieder Kritik am Vorgehen Chinas, das zwar viel investiert, aber nicht unbedingt zum Wohl der Länder, sondern aus Eigeninteresse an Rohstoffförderung oder Handelsmöglichkeiten. Massetou Traore, stellvertretende Geschäftsführerin der panafrikanischen NSIA Banque, spricht aus, was viele ihrer Landsleute denken: „Die Chinesen nehmen nur und geben nichts zurück.“ Die NSIA Banque mit Sitz in der Elfenbeinküste richtet sich sowohl an Privatkunden als auch an Unternehmen. Vor allem kleinen und mittleren Betrieben fehle es an finanzieller Unterstützung.

Die Chancen sind da

Dass afrikanische Banken an Bedeutung gewinnen, zeigt sich an ihrer starken Präsenz auf dem CEO Forum. Sie können Lücken schließen, wo sich ausländische Banken zunehmend zurückziehen. Fachleute sehen darin die große Chance, dass die lokalen Institute statt einer kostspieligen Finanzinfrastruktur gleich ein modernes Bankenwesen aufbauen und damit Entwicklungsstufen überspringen. Der Bankensektor wird auch bei kontinentalen Initiativen wie der Afrikanischen Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, kurz AfCFTA) eine wichtige Rolle einnehmen. Das Abkommen, das 2021 in Kraft getreten ist, soll den innerafrikanischen Handel vorantreiben, der bislang nur rund 17 Prozent beträgt. 23 Länder haben ihre Zolltarife angepasst und ihre Grenzen für den Handel geöffnet.

Wie erfolgreich die AfCFTA sein wird, wird sich in der Praxis erweisen müssen. Auf dem Africa CEO Forum war sehr viel Hoffnung auf einen schnellen Erfolg des AfCFTA zu spüren, die auch der Präsident Südafrikas befeuerte. „I smell the money and I want them to smell the coffee“, sagt Ramaphosa, was in etwa bedeutet: Es besteht die Chance zum Geldverdienen – wenn man aufwacht und diese nutzt.