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Pour une autre politique de développement!

Beitrag vom 15.08.2024

CICERO.de

Abschaffung des Entwicklungsministeriums

-Die Entwicklungshilfe gehört ins Auswärtige Amt

Die FDP will das Entwicklungsministerium abschaffen und ins Auswärtige Amt eingliedern. Eine Forderung, die Praktiker mit Erfahrung in Entwicklungsländern schon lange stellen. Im Sinne deutscher Interessen und einer echten Hilfe zur Selbsthilfe.

VON VOLKER SEITZ

Die FDP will offenbar das Entwicklungsministerium (BMZ) abschaffen und ins Auswärtige Amt eingliedern. Das geht aus einem internen Papier der Fraktion hervor, das dieser Tage bekannt wurde. Dies ist eine Forderung, die Praktiker mit Erfahrung in Entwicklungsländern seit Jahren stellen. Aber erst jetzt – nach den vielen bekannt gewordenen Fehlleistungen – wird in der Öffentlichkeit diskutiert, dass Entwicklungshilfe oft ohne jeglichen Bezug zu deutschen Interessen geleistet wird. Dabei meine ich nicht nur die Radwege in Peru. Viele wenig begüterte Wähler in Deutschland, zum Beispiel im flutversehrten Ahrtal, betrachten die oft beliebige Auslandshilfe als Extravaganz.

Da wir vor einem Scherbenhaufen gut gemeinter, aber gescheiterter Projekte stehen, muss die Frage nach Sinn und Wirksamkeit der Hilfe häufiger und kritischer gestellt werden. Seit 60 Jahren wird nicht so geholfen, dass die Helfer möglichst bald wieder abziehen können. Es widerspricht dem Sinn der subsidiären Hilfe, jemandem etwas zu geben, was er selbst erarbeiten könnte. So werden die Menschen zur Untüchtigkeit „erzogen“. Der derzeitige gigantische Entwicklungshilfeapparat ist weit von der Wirklichkeit entfernt. Zahlreiche in Bonn oder Berlin verfasste Strategiepapiere zeugen von Unwissenheit. Trotzdem wird die Fehleranalyse weiter aufgeschoben. Vieles mag in der Theorie sinnvoll sein, weckt aber in der Praxis falsche Erwartungen.

Längst fälliger Schritt

Die Mittel (derzeit etwas gekürzt auf 11,22 Milliarden Euro) sind zu einem Zwangskorsett geworden, weil sie ausgegeben werden müssen. Wenn wir diesem Zwang weiter ausgesetzt sind, gehen wir nach dem Kartoffel-Theorem vor: „Was auf den Tisch kommt, wird gegessen.“ Während bei uns die Infrastruktur verfällt.

Die Eingliederung des BMZ in das Auswärtige Amt ist ein längst fälliger Schritt. Denn wir brauchen eine gesamtpolitische Zielsetzung, die sich auf diese Weise effizienter erreichen lässt. Die Kompetenz der Experten muss an die Botschaften verlegt werden. Alle Außenbeziehungen sind Materie des Auswärtigen Amtes. Entscheidungen über Erfolg versprechende Programme für die Ärmsten müssen dort getroffen werden. Alle Aktivitäten der deutschen Bundesregierung im Ausland – gerade auch diejenigen der Entwicklungszusammenarbeit – sollten sich einfügen in die oftmals komplexen Gesamtbeziehungen Deutschlands zu dem betreffenden Land.

Einheitlich, selbstbewusst, sachkundig

Deswegen macht es Sinn, den Sachverstand des BMZ mit dem der Auslandsvertretungen zusammenzuführen. Die Entwicklungspolitik braucht eine einheitliche, selbstbewusste und sachkundige Vertretung unter Leitung des Botschafters vor Ort. Das würde den Einfluss Deutschlands auf die entwicklungspolitischen Entscheidungen des Gastlandes stärken. Die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit mit den außenpolitischen und wirtschaftlichen Interessen zu verbinden, ist im Interesse des Ganzen sehr sinnvoll.

Deshalb haben europäische Staaten die Trennung in zwei unterschiedliche Ministerien beendet. Die französische Regierung hat diesen Schritt bereits 1998 vollzogen und damit eine bessere Koordination zwischen Außen – und Entwicklungspolitik statt des unsäglichen Zuständigkeitsdenkens geschaffen.

Deutsche Hilfegeber konkurrieren untereinander

Heute ist es leider so, dass fast alle Ministerien, Bundesländer und manchmal sogar Städte eine Auslandskomponente haben, über die die Botschaften nicht einmal unterrichtet werden. Die Hilfegeber scheinen sich nicht zu ergänzen, sondern machen den Eindruck, miteinander zu konkurrieren. Unser Interesse sollte aber die effektive und korrekte Verwendung der Steuermittel im Sinne der Gesamtbevölkerung des Gastlandes und die Umsetzung der versprochenen Reformen sein.

Botschaften mit dem zusätzlichen Sachverstand der BMZ-Experten könnten das erheblich leichter durchsetzen. Eine Integration des BMZ in das Auswärtige Amt würde viel Reibungsverluste und Steuerzahlergeld sparen. Hilfe in der bekannten Form mindert oder behindert die Leistungs- und Reformbereitschaft und erschwert es reformwilligen Politikern, Leistungen zu verlangen und Veränderungen herbeizuführen.

Ich bin nicht gegen Hilfe, aber erst dann, wenn die Eigeninitiative an ihre Grenzen stößt. Die Welt geht nicht unter, wenn wir nicht weiter aus moralischen Gründen ungeprüft mit Milliarden um uns werfen. Kritische Afrikaner nehmen das Sendungsbewusstsein und den Moralismus längst nicht mehr ernst. Sie sagen mir, dass es den Deutschen vor allem darum zu gehen scheint, beliebt zu sein.

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Volker Seitz ist Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv (11. Auflage).