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Beitrag vom 07.06.2018

KfW Development Research

Landerwerb

Großflächiger Landerwerb im Globalen Süden: Chancen und Herausforderungen

Autoren: Dr. Kerstin Nolte(GIGA)und Dr. Sebastian Prediger
Redaktion: Dr. Julia Sattelberger

Bevölkerungswachstum, Klimawandel, zunehmende Bodendegradation sowie wachsender Bedarf an Energiepflanzen und die Suche nach lukrativen Investitionsmöglichkeiten führen seit Jahren zu einer wachsenden Nachfrage nach Agrarflächen im Globalen Süden. Manche betrachten die langfristige Pacht oder den Kauf großer agrarisch nutzbarer Flächen durch nationale und internationale Investoren („großflächiger Landerwerb“) als Entwicklungschance für die betroffenen Länder. Kritiker hingegen sprechen von „Landraub“ und der Gefährdung kleinbäuerlicher Existenzen. Das vorliegende Papier gibt einen Überblick über das Ausmaß von Landerwerb und den möglichen Auswirkungen für die Zielregionen.

Afrika ist wichtigste Zielregion

Trotz der medialen Aufmerksamkeit und dem wachsenden Forschungsinteresse bleibt das Ausmaß von großflächigem Landerwerb im Globalen Süden aufgrund lückenhafter Daten und mangelnder Transparenz unbekannt. Konservative Schätzwerte liefert die Land Matrix Initiative, die den Landerwerb ausländischer und inländischer Investoren dokumentiert. Demgemäß wurden seit dem Jahr 2000 mehr als 1500 Agrarprojekte mit einer Fläche von über 38 Mio. Hektar in Ländern mittleren und niedrigen Einkommens registriert. Dies entspricht etwa 2,7% der weltweit landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Afrika ist mit ca. 40% aller Projekte die wichtigste Zielregion. Viele Projekte zielen direkt oder indirekt auf die Nahrungsproduktion ab (gut 60% der Fläche).
Die Herkunft der Investoren lässt sich häufig aufgrund komplexer Firmenverflechtungen nicht eindeutig bestimmen. Aktuelle Daten legen aber nahe, dass die wichtigsten Herkunftsregionen von Investoren Westeuropa und Südostasien sind. Mehr als ein Drittel aller Projekte wird von Investoren aus nur fünf Ländern finanziert (Malaysia, USA, Großbritannien, Singapur und Saudi Arabien).

Auswirkungen

In der Debatte um mögliche Konsequenzen großflächigen Landerwerbs für die Zielregionen, werden insbesondere die folgenden Chancen und Risiken diskutiert:

Ertragssteigerungen: Investoren bringen Kapital und Knowhow mit, was zu steigenden Ernteerträgen und sinkenden Nahrungspreisen (sofern Nahrungsmittel produziert werden und für lokale Märkte bestimmt sind) in den Zielregionen führen kann. Belastbare Studien zu möglichen Preiseffekten gibt es bislang nicht.

Zugang zu Land: Ein erheblicher Nachteil besteht darin, dass lokale Landnutzer den Zugang zu Land und damit ihre Lebensgrundlage verlieren. Tatsächlich zielen viele Projekte auf bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen ab. Dies führt vielerorts zu einem steigenden Landnutzungswettbewerb, oft zu Lasten jener ohne verbriefte Landtitel.

Know-how-Transfer: Ein Wissens-und Technologietransfer könnte die Produktivität lokaler Betriebe und die Einkommen ihrer Besitzer steigern. Die empirische Evidenz zu möglichen Spillovereffekten ist aber uneindeutig. Manche Studien finden positive Effekte, andere nicht. Ein wichtiger Faktor hierfür scheint das Geschäftsmodell des Investors zu sein - positive Spillovereffekte treten eher ein, wenn Formen des Vertragsanbaus genutzt werden. Außerdem zeigt sich, dass nur die größeren unter den Kleinbauern profitieren, während die kleinsten und andere vulnerable Gruppen oft außen vor bleiben.

Beschäftigung: Große Hoffnung wird auch in die Schaffung neuer Jobs auf den Großfarmen gelegt. Signifikant positive Beschäftigungseffekte sind bisher aber kaum durch Studien belegt. Ein Grund dürfte darin liegen, dass viele Investoren auf eine hoch-mechanisierte (und beschäftigungsarme) Produktion setzen.

Umweltauswirkungen: Bislang gibt es kaum belastbare Studien, die die Umweltkonsequenzen großflächigen Landerwerbs untersuchen. Kritiker befürchten eine zunehmende Abholzung und Bodendegradation, einen Rückgang der Biodiversität und der Wasserressourcen sowie Wasser-Kontamination aufgrund von Monokulturen und einem stärkeren Gebrauch chemischer Düngemittel.

Mehr Transparenz nötig

Da sich noch viele Investitionsprojekte in der Implementierungsphase befinden, werden sich deren Auswirkungen erst in den nächsten Jahren in vollem Umfang bewerten lassen. Berichte über kompensationslose Enteignungen, schwelende Landkonflikte und negative Umweltwirkungen im Zuge mancher Projekte unterstreichen bereits jetzt die Notwendigkeit, mehr Transparenz zu schaffen und entsprechende Initiativen umzusetzen. Zentral ist hier u.a. die Umsetzung der „Freiwilligen Leitlinie für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden-und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern im Rahmen der nationalen Ernährungssicherung“. Intransparenz bleibt ansonsten ein wesentliches Hindernis für die Entwicklung geeigneter Politikmaßnahmen zum Schutze jener, die durch Landerwerb negativ betroffen sind.
Für die Welternährungssicherung sind Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft und eine gerechtere Verteilung der Erträge unerlässlich. Ob der großflächige Erwerb von Land dazu einen Beitrag leisten wird, kann anhand des aktuellen Forschungsstandes noch nicht zufriedenstellend beurteilt werden. Auch in absehbarer Zukunft werden es vermutlich vielerorts die Kleinbauern sein, die einen großen Teil der Nahrungsmittel in ärmeren Ländern produzieren. Sie zu unterstützen ist und bleibt eine zentrale Aufgabe der internationalen EZ.