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Beitrag vom 02.11.2018

FAZ

Die Heimkehr des Rebellen aus dem Exil

Wird der Frieden in Südsudan halten?/Von Thilo Thielke

DARESSALAM, 1. November. 380000 Tote seit dem Ausbruch der Kämpfe im Dezember 2013, rund vier Millionen Vertriebene und fünf Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind – der Bürgerkrieg in Südsudan ist einer der blutigsten Konflikte, die derzeit in Afrika toben. Seit Monaten handeln die Kriegsparteien Abkommen aus, die das Morden in dem 13-Millionen-Einwohner-Staat in Ostafrika unterbinden sollen, zuletzt im September. Viel genutzt hat das bislang nicht. Immerhin wagte sich jetzt einer der Hauptverantwortlichen für das Gemetzel zurück in die Heimat. Am Mittwoch traf Rebellenchef Riek Machar in der südsudanesischen Hauptstadt Juba ein, um an den Feierlichkeiten für das jüngste Friedensabkommen teilzunehmen.

Südsudans Präsident Silva Kiir empfing den Rivalen am Flughafen, und Tausende ließen den Rebellenführer später auf den Straßen Jubas hochleben. Unter den Gästen befanden sich Staats- und Regierungschefs aus der Region, etwa Sudans islamistischer Machthaber Omar al Baschir, Äthiopiens neue Präsidentin Sahle-Work Zewde und Ugandas Dauerpräsident Yoweri Museveni. Obwohl Riek Machar demnächst zum Vizepräsidenten Südsudans ernannt werden soll, war seine Rückkehr nicht selbstverständlich. Lange zauderte der Warlord; er fürchtete um sein Leben, sollte er nach fast drei Jahren Bürgerkrieg zurückkehren. Immerhin hält der Leiter der UN-Mission in Südsudan, David Shearer, Machars Heimkehr für ein positives Signal: Das Treffen der Kriegsgegner Kiir und Machar sende eine „starke Botschaft an die Bürger dieses Landes, dass sie entschlossen sind, das Leid zu beenden und einen dauerhaften Frieden zu schaffen“. Wie lange der Warlord, der nach Ausbruch der Kämpfe zunächst nach Kongo und später nach Südafrika und Sudan geflüchtet war, in Südsudan bleibt, ist noch unklar.

Erst 2011 war Südsudan unabhängig geworden – nach einem jahrzehntelangen Krieg mit dem islamisch geprägten Norden des Landes. Bereits diese Kämpfe sollen rund zwei Millionen Tote gefordert haben. Lange hielt der Frieden aber nicht in dem ölreichen Staat. Schon etwas mehr als zwei Jahre nach der Bildung des neuen Staats unter der Führung der „Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung“ kam es zum Bruch zwischen Präsident Silva Kiir und Riek Machar, der schon damals als Vizepräsident amtierte. Am 23. Juli 2013 wurde Machar als Stellvertreter entlassen, kurz darauf kam es zur Rebellion seiner Anhänger. Es ging um Macht und Geld; es brach aber auch ein Stammeskonflikt zwischen den beiden größten Ethnien Südsudans aus. Kiir ist ein Dinka aus dem Bahr el-Ghazal, Machar gehört dem Stamm der Nuer an. Seit Jahrhunderten befehden sich die beiden Volksgruppen immer wieder. Früher ging es um Rinder und Frauen, heute zusätzlich um die Einnahmen aus den Ölquellen.

Schon während des Kriegs gegen die damalige Zentralregierung in Khartum hatte Machar immer wieder die Fronten gewechselt. Zu relativer Berühmtheit brachte es der Polygamist, als er mit der britischen Entwicklungshelferin Emma McCune verheiratet war. McCune starb 1993 bei einem Autounfall in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Seither halten sich die Gerüchte, sie könnte von Machars Rivalen aus dem Weg geräumt worden sein. Als „Emma’s War“ wurden die Gefechte zwischen Machars Leuten und den Getreuen des damaligen Führers der „Sudanesischen Volksbefreiungsarmee“, John Garang, hernach bezeichnet.

Dass das kürzlich in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba unterzeichnete Friedensabkommen längerfristig hält, bezweifeln Beobachter. „Zwar wurde ein neues Friedensabkommen für Südsudan unterzeichnet“, berichtete erst in der vergangenen Woche Jehanne Henry, die Afrika-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, „dennoch verüben Regierungstruppen nach wie vor Verbrechen an Zivilisten.“ Henry spricht von einem neuen Kapitel in der „langen Geschichte von Gewalt und Straflosigkeit“ in einer Region, in der „Hunderttausende von Menschen traumatisiert“ seien. Immer wieder komme es zu Massenvergewaltigungen, Morden und Plünderungen.